Suendenpakt
Hurrarufe und Schreie sind kaum voneinander zu unterscheiden, und die Stimmung im Gerichtssaal droht gewalttätig zu werden.
Aber all das bedeutet Dante nichts. Er springt aus seinem Stuhl auf, zieht uns mit sich nach oben, als er seine riesigen Fäuste in die Luft reißt, den Kopf nach hinten wirft und losbrüllt. Dante umarmt uns, dann werden wir von einer feuchten, heißen Masse aus Körpern eingezwängt, die auf und ab hüpft, und einen Sprechchor anstimmt.
»Halleyville! Halleyville! Halleyville!«
Als Kate und ich uns so weit herauswinden, dass wir den Rest des Gerichtssaals überblicken, ist er so leer wie der Times Square drei Stunden nach Silvester. Kate und ich springen durch eine Phalanx von Polizisten, die Dante in ihre Mitte genommen haben. Gemeinsam schieben sie uns zu einer Seitentür nach draußen, als ich Alan Shales, Spielbergs Drehbuchautoren, erblicke.
In diesem Moment bilden Dante, Shales und ich so etwas wie eine Einheit. Dante ist frei, um wieder Basketball zu spielen, mir steht nach meinem verschwendeten Jahrzehnt eine Karriere bevor, und Shale muss sein Drehbuch schreiben. Wäre Dante verurteilt worden, hätte es keinen Film gegeben. Doch plötzlich haben alle drei eine Zukunft.
106
Kate
Nachbarn und Freunde kommen eine Stunde nach dem Urteilsspruch fröhlich mit Essen und Trinken zu Marie nach Hause, aber die offizielle Feier beginnt erst, als Dante mit einer schäumenden Flasche Sekt in der einen und einer Schere in der anderen Hand das Wirrwarr aus Polizeiabsperrband durchschneidet, mit dem sein Zimmer fast ein Jahr lang verschlossen war. Als er die letzten klebrigen Teile abgerissen hat, ziehen er und seine Kumpel wie eine Befreiungsarmee ein.
»Die ist für meinen Bruder Dunleavy.« Dante setzt Tom die schwarzblaue Kappe von dessen altem Team auf, den Minnesota T-Wolfes.
Dann wirft er die anderen achtundzwanzig Kappen - die rote von den Miami Heat ist immer noch irgendwo in Riverhead in einer Plastiktüte - seiner Mannschaft zu, und die ganze Feier über schweben diese nagelneuen, bunten Dinger unbeschwert über der ausgelassenen Menge.
Was mich betrifft, habe ich seit dem Urteilsspruch keine zehn Minuten mehr trockenen Auges verbracht. Ich brauche nur Marie zu sehen, die ihr Gesicht zu ihrem Enkel hebt, oder Tom und Jeff, die ihre Arme umeinander legen, oder die Erleichterung auf Clarence’ erschöpftem Gesicht, nachdem auch seine Tränen geflossen sind. Nach einer Weile mache ich mir nicht mehr die Mühe, meine abzuwischen.
Macklin haut auf den Küchentisch. »Ruhe im Gericht!«, ruft er. »Ich habe gesagt, Ruhe im Gericht!« Im Zimmer wird gepfiffen, gebuht und gestampft.
»Erkennt das hier jemand wieder?«, fragt er mit ein paar Gläsern zu viel und schwenkt einen Holzstock. »Sagen wir mal so, dieser hibbelige Rothstein muss sich was anderes suchen, um seine arme Bank zu malträtieren. Ich wollte den Gerichtssaal nämlich nicht ohne ein Andenken verlassen.
Verdammt, Dante, ich bin so stolz auf dich«, sagt er, zu Tom gewandt. »Ich weiß nicht, wie du das ausgehalten hast, aber wenn ich mir deine Großmutter anschaue, bin ich nicht überrascht. Ich hoffe, du kannst eines Tages auf diesen Scheiß zurückblicken und hast das Gefühl, etwas mitgenommen zu haben. Egal, was. Und jetzt möchte ich was von der brillanten und wunderbaren Kate Costello hören.«
Als sich alle im Zimmer nach mir umdrehen und jubeln, öffne ich meinen Mund, gespannt darauf, was herauskommen wird.
»Auf Dante!« Ich hebe mein Sektglas. »Und auf deine längst fällige Freiheit! Und auf Marie! Und Ihre längst fällige Freiheit! Ich bin so erleichtert, dass Tom und ich euch nicht enttäuscht haben.« Dante und Marie schließen mich in ihre Arme, und wieder kann ich mich nicht mehr halten.
»Was meine Partnerin versucht hat zu sagen, Dante«, nimmt Tom meine Worte wie einen fallen gelassenen Stafettenstab auf, »wir werden dir morgen früh unsere Rechnung schicken.«
Die gefühlsbeladenen Trinksprüche und die Feier nehmen kein Ende. Ich stelle mich zu Macklin und Marie, während Tom in den Garten geht, wo zu Outkast, Nelly, James Brown und Marvin Gaye getanzt wird. Eine halbe Stunde später fährt ein Donner durch den fröhlichen Lärm, und die Regenwolken, die sich den Nachmittag über vollgesogen haben, öffnen sich.
Der heftige Guss lässt die Hälfte der Nachbarschaft
Schutz in Maries fünfundfünfzig Quadratmeter großem Wohnwagen suchen. Kurz darauf tippt mir Tom, die Stirn in
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