Suendenpakt
Sorgenfalten gelegt, auf die Schulter.
»Es geht um Sean. Scheinbar hat seine Freundin gerade mit ihm Schluss gemacht. Ich wusste nicht, dass er eine hatte, aber ich denke, das muss er wohl, weil er lauter verrücktes Zeug quatscht.«
»Du willst los, um mit ihm zu reden?«
»Genau.«
»Na, dann grüß ihn von mir.«
»Werde ich. Und wenn ich zurückkomme, habe ich eine Überraschung.«
»Ich weiß nicht, ob ich im Moment noch weitere Überraschungen vertrage.«
»Meine ist aber richtig gut. Versprochen.« Er deutet auf Mack und Marie. »Habe ich Halluzinationen, oder halten die beiden Händchen?«
107
Loco
Als der Wunderknabe hinten um diesen versifften, kleinen Wohnwagen herumkommt und über den matschigen Hof geht, sieht er so anders aus, dass mir wie das Quecksilber in einem Röhrchen ein Schauer den Rücken hochkriecht.
Ich erkenne ihn kaum wieder. Er erreicht Costellos Wagen, in dem ich auf seinen Wunsch hin seit einer Dreiviertelstunde auf ihn warte, und auf einmal habe ich das Gefühl, dass auch er mich nicht wiedererkennen wird. Oder wenn er es tut, werden wir uns nur als Bekannte begegnen, als wären die vergangenen acht Jahre wie ausgelöscht.
Der Wunderknabe ist so ein gerissenes Arschloch. Wahrscheinlich hatte er von Anfang an alles geplant. Ich meine nicht erst ab diesem Nachmittag oder schon letzten Sommer, sondern von Anfang an, vor acht Jahren, als er um drei Uhr morgens auf die Village Police Station kam, um mich mit einer Kaution freizukaufen. Die Polizei hatte mich am Strand erwischt, als ich Gras verkauft hatte. Ich weiß nicht, wie er den Polizeichef überreden konnte, die ganze Sache fallen zu lassen, so dass nicht einmal meine Leute etwas davon mitbekamen. Aber wenn ich jetzt darüber nachdenke, wette ich, dass er mich bei der Polizei verpfiffen hatte, um mir hinterher den Arsch zu retten und mich mein Leben lang in ewiger Dankbarkeit von ihm abhängig zu machen.
Eine Woche später nahm er mich ins Restaurant mit und bestellte eine dreihundert Dollar teure Flasche Wein, die er kaum anrührte. Mir allerdings schenkte er fleißig nach, und auf der Heimfahrt, als ich kaum noch gerade sitzen konnte,
machte er mir ein »bescheidenes, kleines Angebot«, wie er es nannte. Ich sollte die Kinder von der Highschool den Amateuren überlassen und lieber ihm helfen, den gesamten Drogenhandel in den Hamptons zu übernehmen. »Für diese Ärsche ist das nur Spielgeld«, sagte er. »Abgesehen davon haben wir unser ganzes Leben lang die reichen Leute nur angeguckt. Es wird Zeit, dem Verein beizutreten.«
Ich war damals erst siebzehn und im letzten Jahr auf der Highschool. Was wusste ich schon? Aber der Wunderknabe wusste genau, was er wollte, und während er das Denken und ich die Knochenarbeit übernahm, dauerte es nicht lange, bis wir säckeweise Geld scheffelten.
Der Wunderknabe war auch in dieser Hinsicht schlau. Hat gesagt, die Polizei würde uns gleich am Wickel haben, wenn wir anfangen, mit dem Geld um uns zu werfen. Also leben wir seit acht Jahren wie die Mönche, und bis auf die vielen Bankkonten, die er in Antigua und Barbados eröffnet hat, hat sich in unserem Leben nichts geändert.
Seitdem geht es nur darum, das zu sichern, was wir übernommen haben, das, was Wunderknabe »unseren Vertrieb« nennt.
Auch das war kein Problem. Skrupellosigkeit ist, neben einer gerissenen Denkweise, eins der Markenzeichen des Wunderknaben. Wie ich vermute, habe ich in der Hinsicht auch einiges auf dem Kasten. Aber ich sage euch, man kann unmöglich wissen, was WK denkt. Das war schon immer so.
Es gießt wie aus Eimern, aber WK spaziert gemütlich durch den Regen, als wäre es genau das, was er braucht, um sich reinzuwaschen. Vielleicht ist das wirklich der Grund. Ich weiß besser als jeder andere, zu was er in der Lage ist und womit er leben kann. Ich stand neben ihm, als er Feifer,
Walco und Rochie, die bis zuletzt nach ihren Müttern geschrien haben, eine Kugel in den Schädel jagte.
Und warum? Weil sie Crack im Wert von tausend Dollar geklaut hatten. Sich nur einmal als kleine Händler betätigt hatten. Mehr nicht. Außerdem war’s mehr ein Streich als ein Diebstahl, weil Feif und Rochie am nächsten Tag mit dem Geld samt Zinsen vorbeikamen.
Aber WK ließ mich das Geld nicht nehmen. Er sagte, wir müssten durchgreifen und ein Exempel statuieren. Eine durchgeknallte, aber auch gerissene Strategie, weil er bis nach diesem Streit auf Smittys Grundstück wartete, wo Walker seine Waffe an Feifers
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