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Suendenpakt

Titel: Suendenpakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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schnappenden Scheibenwischern kaum mehr erkennen kann. Wenn es ginge, würde ich an die Seite fahren und warten, bis der Regen nachlässt.
    »Was machen wir also mit Raiborne?«, fragt Sean, ohne mich anzusehen, so wie die Leute ihren Blick von Wiedergeborenen abwenden.
    »Ihn begraben«, antworte ich. »Auf diesem alten Nigger-Friedhof oben auf dem Hügel. Ich denke, da passt er ganz gut hin.«
    Die asphaltierte Straße wird zu einem Feldweg. Ich kenne ihn gut, erkenne sogar die halb zugewucherte Öffnung zwischen den Sträuchern und dem Überbleibsel eines Schildes, das auf die Himmlische Begräbnisstätte der Baptistengemeinde hinweist.
    Ich fahre durch die Öffnung, wo die Zweige gegen die Autoscheiben peitschen, und eine matschige Auffahrt entlang. Der Boden ist zerfurcht und weich, weswegen ich wirklich langsam fahre und die schlimmsten Stellen meide, bis ich schließlich am höchsten Punkt angelangt bin, eine Lichtung mit einem Dutzend bescheidener Grabsteine und Gedenktafeln aus Kalkstein.
    Ich halte neben einer verrotteten Bank und nicke Sean zu. Widerwillig setzen wir uns dem Regen aus. Im Matsch, der an unseren Schuhen saugt, gehen wir nach hinten zum Kofferraum. Schwere Tropfen landen mit einem Pling auf dem Dach und der Motorhaube. Sean drückt auf das Chromschloss
und tritt zur Seite, als die abgeblätterte blaue Haube nach oben springt - aber natürlich befinden sich im Kofferraum nur Kates alte Ersatzteile und einige Gartenwerkzeuge, mit denen sie Macklin im Garten hilft.
    »Was soll der Scheiß?«, fragt Sean, der sich zu mir dreht und rasch meine Arme packt.
    Doch ich drücke ihm bereits meine Waffe in die Seite. Er blickt mich mit dem gleichen schockierten Gesichtsausdruck an, den der Leichenbestatter Feif, Walco und Rochie abwaschen musste. Dann erschieße ich ihn.
    Das muss ich Sean lassen, er schreit nicht nach seiner Mutter wie diese anderen Jungs. So wie er nach mir greift und fragt »Tom? Was machst du da, Tom?«, muss er glauben, ich wäre seine Mutter.
    Ich schieße noch dreimal. Die Mündung meiner Waffe drückt so fest gegen seinen Oberkörper, dass sie wie ein Schalldämpfer aus Fleisch und Blut wirkt und der Lärm der Schüsse kaum bis zu den triefend nassen Büschen reicht. Das bringt ihn zum Schweigen, aber seine Augen sind noch weit aufgerissen. Ich habe den Eindruck, er schaut mich immer noch an, bis ich eine kleine Schaufel aus dem Kofferraum hole und ein flaches Grab aushebe. Dann fange ich an, Erde über sein Gesicht zu werfen. Die Waffe vergrabe ich an einer anderen Stelle, bevor ich mich wieder in den Wagen setze.
    Ich liebe es, einfach so in einem Auto zu sitzen, wenn die Regentropfen einen Stepptanz auf dem Dach hinlegen. Genau das tue ich eine Zeitlang und sehe zu, wie der Regen die Scheibe vom Dreck befreit, so wie ich mich von Sean befreit habe. Und wisst ihr was? Ich habe immer noch das Gefühl, etwas wiedergutgemacht zu haben.

110
    Kate
    Bei dem Gedränge in Maries winzigem Wohnzimmer habe ich das Gefühl, im Meer zu schwimmen. Man landet dort, wohin einen die Wellen tragen. Gerade noch habe ich dem gut aussehenden George Clooney gelauscht, der über das amerikanische Strafrechtssystem schwadroniert, jetzt lässt sich Toms Bruder Jeff darüber aus, dass er sich Sorgen um Sean macht.
    »Seit Prozessbeginn war er nicht mehr er selbst«, erzählt Jeff. »Er war ängstlich oder deprimiert oder so was. Aber von einem Mädchen hat er kein Wort gesagt.«
    »Es ist ein schwieriges Alter«, versuche ich ihn zu beruhigen, aber noch bevor ich einen eventuellen Erfolg verbuchen kann, werde ich wie von einem Sog in eine Ecke neben Lucinda Walker, Michael Walkers Mutter, gezogen. Es ist furchtbar, auf dieser fröhlichen Feier neben der Mutter eines ermordeten Sohnes zu stehen, aber Lucinda ergreift meine Hand.
    »Gott schütze Sie, Miss Costello«, sagt sie. »Sie haben ein weiteres unschuldiges Leben vor der Zerstörung gerettet. Ich habe nie geglaubt, dass Dante meinen Sohn oder diese anderen Jungs umgebracht hat. Vielleicht wird sich die Polizei jetzt darauf konzentrieren, die echten Mörder zu suchen.«
    Während Lucinda über Dante und Marie redet, kommt Tom durch den Vordereingang zurück. Als er mich quer durchs Zimmer anlächelt, habe ich das Gefühl, dass ihm mein Herz entgegenfliegt. Mir wird ganz anders, wenn
ich darüber nachdenke, wie nahe ich daran war, ihm eine zweite Chance zu verwehren. Wenn dieser Fall nicht gewesen wäre, hätte ich vielleicht nie wieder mit ihm

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