Sündenzeit
kam zu ihr gelaufen. „Hilfe!“, schrie er und half Caer, die noch immer das Messer hielt, sich auf den Bordstein zu setzen.
„Mein Gott! Das war sicher für mich bestimmt. Sie haben mir das Leben gerettet! Hilfe!“, schrie er erneut. „Sie bluten … Sie können verbluten. Wir müssen Sie ins Krankenhaus bringen!“
Das Messer war rot gefärbt, doch Caer spürte bereits, wie die Schmerzen schwächer wurden. Die Wunde schloss sich schnell.
„Es ist alles unter Kontrolle, ich muss nicht ins Krankenhaus.“
„Sind Sie verrückt? Sie haben eine Stichwunde im Rücken. Hilfe!! Wir brauchen Hilfe!“
„Es ist schon in Ordnung“, beruhigte Caer ihn.
Doch Zach hatte wohl nach ihr gesucht und war nach draußen gekommen, wo er Joreys Rufe gehört hatte. Mit ihm strömten nun bereits die anderen Gäste aus dem Pub. Caer fluchte leise. Wer auch immer sie angegriffen hatte, war inzwischen verschwunden oder hatte sich unter die Leute gemischt.
Zach kam als Erster bei ihnen an. Jorey überschlug sich fast, als er zu erklären versuchte, was geschehen war. Caer hörte kaum, was er sagte. Zach war da. Er kniete vor ihr, seine Augen voller Angst und Sorge. Dann hörte sie das Heulen der Sirene. Jemand hatte den Notarzt gerufen.
„Caer“, flüsterte Zach, in seiner Stimme ein Anflug von Panik.
„Was zum Teufel ist denn passiert?“ Es war Morrissey, der sich über dem Getöse Gehör verschaffen wollte. Dann kamen die Sanitäter. Sie bestanden darauf, sie auf die Trage zu legen und ins Krankenhaus zu bringen. Aidan und Jeremy Flynn waren nun ebenfalls da. Dann schoben sich Sean und der Rest des Haushalts zu ihr vor.
„Ich fahre mit der Ambulanz mit“, sagte Zach zu seinen Brüdern. Die nickten, und plötzlich überkam Caer eine merkwürdige Traurigkeit. Sie gehörten zu einer Familie, standen sich nahe. Brüder. Wenn einer von ihnen etwas brauchte, waren die anderen zur Stelle. Allein der Gedanke erfüllte sie mit einer schmerzlichen Sehnsucht.
Sie wollte geliebt werden. Wollte dieses Zugehörigkeitsgefühl spüren, die Familienbande. Das Wissen, dass es jemanden gab, der für einen Himmel und Hölle in Bewegung setzen würde.
„Ich brauche keine Ambulanz“, sagte sie und hielt sich an Zach fest. „Wirklich nicht.“
Doch es half nichts. Caer wurde ins Krankenhaus gebracht.
Sie ließen ihn nicht mit Caer ins Behandlungszimmer, Zach sah das ein. Deshalb wanderte er im Wartezimmer auf und ab und versuchte nachzudenken. Er hatte Angst um Jorey gehabt, mit Recht, wie er jetzt wusste. Caer hatte sich in den Weg gestellt, deshalb hatte das Messer sie getroffen. Das Messer. Jemand musste das Messer untersuchen. Ach, es war alles in Ordnung, die Polizisten waren ja noch da, und seine Brüder ebenfalls.
Ein Schauer überlief ihn. Gerade waren sie auf einer Beerdigung gewesen. Es hätte nicht viel gefehlt, dann wäre noch jemand von ihnen umgekommen.
„Mr Flynn?“
Er wirbelte herum, als die Notdienstschwester ihn ansprach. „Sie können jetzt hineingehen. Miss Cavannaugh ist bereit, mit Ihnen zu sprechen.“
„Wie geht es ihr denn? Wird sie wieder gesund?“
„Es wird schnell zuheilen, das war wirklich nur ein kleiner Schnitt“, versicherte ihm die Schwester.
„Keine inneren Verletzungen? Sind Sie sicher?“, fragte Zach besorgt nach.
„Es geht ihr gut. Sie denkt, dass das Messer von der BH-Verstärkung aufgehalten wurde. Wahrscheinlich hat sie recht. Nun gehen Sie schon rein und reden mit ihr.“
Zach ging in die Untersuchungskabine. Caer ruhte auf der Liege, die Augen geschlossen, ihre Porzellanhaut noch bleicher als sonst, von ihrem pechschwarzen Haar umrahmt. Nervös setzte er sich an ihre Seite und nahm ihre Hand.
Sofort öffnete sie die Augen und lächelte ihn an. „Jorey geht es doch gut, oder?“, fragte sie besorgt. „Ich meine, es ist nichts mehr passiert? Haben sie den Täter gefasst?“
„Machst du Witze? Da draußen waren um die hundert Leute. Aber was ist mit dir, Caer? Wie zum Teufel kann es dir gut gehen? Du musst ja das größte Glück der Welt gehabt haben. Trotzdem solltest du dich nicht vor fliegende Messer werfen.“
„Das habe ich auch nicht getan. Zach, mir geht es wirklich gut.“
„Da bin ich froh. Aber du musst noch über Nacht hierbleiben. Wenn morgen früh alles in Ordnung ist, kannst du nach Hause kommen.“
„Aber mir geht es gut.“
„So was heißt: unter Beobachtung stellen. Und deshalb bleibst du über Nacht.“
„Es passiert aber so viel im Moment
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