Sündenzeit
sehr gern, vor allem Rowenna fand sie sehr charmant. Doch Zach hielt Abstand zu ihr. Er schien immer noch verärgert zu sein.
Ich hätte es nicht anders erwarten dürfen, sagte sie sich.
Sie hatte ihm die Wahrheit gesagt, doch er glaubte ihr nicht.
Vielleicht wollte er ihr nicht glauben, vielleicht konnte er es nicht. Was hatte sie sich dabei gedacht, alles einfach so hinauszuposaunen? Sie hätte ihm irgendetwas erzählen sollen. Genug Zeit, sich etwas Überzeugendes auszudenken, hatte sie ja gehabt. Weshalb hatte sie das nicht getan?
Sie konnte es sich nicht erklären.
Nach der Beerdigung versammelten sich alle in einem großen Pub, den die O’Rileys für diesen Abend gemietet hatten. Es waren mindestens zweihundert Trauergäste anwesend. Caer befand sich ständig in der Gesellschaft eines Mitglieds der Familie, von Cal und Marni oder Tom und Clara. Man gab ihr das Gefühl, zum engen Kreis zu gehören.
Es gab reichlich zu essen und zu trinken, und Bridey wurde von allen wertgeschätzt. Doch wie es bei den Menschen so ist, sie mussten natürlich auch über die neuesten Vorkommnisse reden.
An diesem Morgen hatte in der Zeitung etwas über das Verschwinden Gary Swipes’ gestanden. Im Artikel wurde erwähnt, dass er ein gut ausgebildeter Polizist war, körperlich fit und bestens in der Lage, sich selbst zu verteidigen. Die Menge Blut, die man gefunden hatte, deute darauf hin, dass er ermordet worden war.
Man ging auch wieder auf Eddies Fall ein. Das Verschwinden des einen brachte den Reporter auf die Idee, einen Zusammenhang zum anderen Vermissten zu sehen.
Detective Morrissey war unter den Trauergästen, zusammen mit ein paar Polizisten, die gerade keinen Dienst hatten. Sean und Bridey waren wichtige Bezugspunkte der Gemeinschaft. Viele der hiesigen Geschäftsleute nahmen außerdem an der Feier teil. Inklusive Jorey, der sich ständig neben Caer stellte.
Irgendwann bemerkte Caer, dass Zach sie beide beobachtete und die Stirn runzelte. Sie entschuldigte sich kurz und ging zu ihm hinüber. „Stimmt was nicht?“
Er sah sie einen Moment an, dann wurde sein Gesichtsausdruck weicher. Er schüttelte den Kopf. „Nein. Ich mache mir nur Sorgen um Jorey. Er hat sich auf meinen Wunsch bei Morrissey gemeldet. Aber er ist später noch mal auf dem Revier erschienen, um sich die Aufnahmen der Überwachungskamera anzusehen. Deshalb fürchte ich, er könnte zur Zielscheibe werden.“
Sean rief Zach zu sich herüber, damit er einen alten Freund begrüßte, und Caer wollte zu Jorey zurückgehen. Aber sie sah ihn nicht mehr. Vielleicht von Zachs Bemerkung beunruhigt schob sie sich durch den Pulk von Leuten, um nach ihm zu suchen. Doch er blieb verschwunden.
Caer verließ das Lokal und ging die Eingangstreppe hinunter. Tagsüber war es warm gewesen, doch jetzt, nachdem die Sonne untergegangen war, sanken die Temperaturen rapide. Sie schlang zitternd die Arme um ihren Oberkörper. Die Schwächen des Fleisches.
„Jorey?“, rief sie. Nichts. Sie rief etwas lauter nach ihm.
Dann entdeckte sie ihn ein ganzes Stück entfernt, als er auf dem Fußweg unter ihr gerade vom Licht einer Laterne erfasst wurde. Er hatte die Hände in die Taschen seines Jacketts vergraben und war offensichtlich schon auf dem Heimweg.
Caer wollte schon wieder umkehren, als ihr Blick auf die Krähen fiel.
Sie hatten sich auf dem Dach des Restaurants niedergelassen, hockten auf den nahe stehenden Geländern und sogar auf den Dächern der Autos auf dem Parkplatz nebenan.
„Jorey!“, rief sie noch einmal, als sie eine plötzliche Unruhe überfiel. Sie eilte auf den Fußweg hinunter, um ihm zu folgen. Caer hatte das Gefühl, als hätte sie hinter ihm einen Schatten bemerkt … Sie begann zu rennen. Mit einem Mal wusste sie, dass sie Jorey unbedingt einholen musste.
Als sie nur noch ein paar Meter von ihm entfernt war, drehte er sich um, weil er ihre Schritte gehört hatte. Sie rannte auf ihn zu. „Jorey!“
Und da spürte sie den Schmerz.
Sie wankte, überwältigt von einem scharfen Stechen in ihrem Rücken, gefolgt von einer merkwürdigen Taubheit.
Sie kannte diesen Schmerz von früher, aber …
Diesmal war es anders. Diesmal …
Etwas steckte in ihrem Rücken. Ein Messer.
Oh ja, ihr war sofort klar, worum es sich handelte!
Sie wusste, dass sie die Waffe schnell entfernen musste. Mühsam griff sie hinter sich und schaffte es, den Griff zu umfassen und kräftig daran zu ziehen.
Jorey, der zuerst wie erstarrt vor Entsetzen zugesehen hatte,
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