Sündenzeit
sie nicht danach gefragt?“, wollte Aidan wissen.
„Sicher doch.“
„Und was meint sie?“, fragte Jeremy.
„Sie hat die Unschuldige gespielt und geschworen, dass sie lediglich auf Sean aufpasst“, erwiderte Zach.
„So wie eine gute Krankenpflegerin das auch tun sollte“, bemerkte Jeremy.
„Nun, du hast sie in Irland kennengelernt. Hast du Freunde von ihr getroffen?“, erkundigte sich Aidan. „Wie lange wart ihr dort zusammen?“
„Nicht lange.“
„Vielleicht solltest du ihr einfach vertrauen. Es könnte doch alles so sein, wie sie behauptet“, schlug Aidan vor.
„Ach ja?“, sagte Zach trocken. „Gestern hat sie erzählt, sie wäre eine Banshee.“
Zu seiner Überraschung lachte keiner seiner Brüder. Sie starrten ihn nur an.
„Ich habe mich ein bisschen informiert“, sagte Jeremy. „So wie du mir aufgetragen hast. Die Legenden sind faszinierend. Angeblich handelt es sich dabei um schöne Frauen, die … rekrutiert wurden, nachdem sie gestorben sind. Sie sollen den Menschen auf dem Weg von einer Welt in die nächste beistehen und die Toten beklagen. Es gibt sogar Banshee-Gesetze. Eine Banshee kann im Körper eines Menschen auftreten. Sie sollen es sogar sehr genießen, wenn sie das tun. Sie erfreuen sich wieder an den Sinnlichkeiten des Lebens. Aber sie dürfen nicht bleiben. Jedenfalls nicht, solange es niemanden gibt, der ihren Platz einnimmt. Es muss jemand mit einem guten Herzen sein. Wenn sie den Sinn für Ehre und Gerechtigkeit verliert und jemanden Böses wählt, könnte sie für alle Ewigkeit verdammt werden.“
„Du meinst also ernsthaft, Caer Cavannaugh könnte eine Banshee sein?“, fragte Zach ungläubig.
„Natürlich nicht“, entgegnete Jeremy.
„Was denn?“
„Nichts. Ich habe dir lediglich die Informationen gegeben, die du haben wolltest.“
„Ich denke, wir sollten uns mal die Insel ansehen“, meldete sich Aidan wieder.
„Im Moment sind die Cops draußen“, sagte Zach.
„Wir sollten trotzdem mal rüberfahren. Und zwar so schnell wie möglich, damit wir bis abends wieder zurück sind. Sean hat heute Abend eine alte irische Totenwache im Haus organisiert. Wir sollten alle dabei sein, um Bridey die letzte Ehre zu erweisen.“
„Du hast recht“, sagte Zach. „Lasst uns ein Boot nehmen und rausfahren.“
Es war ein eiskalter, harter Wintertag. Vielleicht sehr passend.
Auf dem Kai fanden sie immer noch überall Schwärme von schwarzen Vögeln. Sie hockten auf Dächern, Sockeln und Geländern, mit aufgeplusterten Federn gegen den kalten Wind geschützt. Zach bemerkte, dass inzwischen überall Schilder hingen, die die Weihnachts-Flottille ankündigten. Die sollte in vier Tagen stattfinden.
Er fragte sich, ob Sean mitmachen würde. Doch das war sicher keine Frage. Es war für Sean eine Ehrensache, daran teilzunehmen, und sei es nur im Andenken an Bridey.
Draußen auf dem Wasser herrschte ziemlicher Seegang. Aber sie hatten eins der größeren Schiffe ausgewählt und wollten mit dem Beiboot zur Insel gelangen. Also konnten sie sich abwechselnd in der Kabine aufwärmen.
Morrissey hatte nicht zu viel versprochen. Eine ganze Armee von Polizisten durchsuchte noch immer die Insel. Einige waren in der Nähe von Banshee Rock am Graben.
Zu dritt begannen sie sich ebenfalls auf Cow Cay umzusehen. Aber jetzt, wo so viele andere dort herumliefen, konnte man nicht mehr viel finden. Zach beobachtete Aidan, der vor dem Fels stand und einfach nur daraufstarrte.
„Siehst du irgendwas?“, erkundigte er sich bei seinem Bruder.
„Nein“, gestand Aidan. „Aber es ist immer gut, wenn man sich den Ort im Ganzen ansieht, ihn sich einprägt und in Gedanken einordnet. Später erinnert man sich vielleicht daran und kann Informationen plötzlich im richtigen Zusammenhang sehen.“
Kurz darauf stieß Jeremy zu ihnen. „Was machen wir denn hier?“
„Uns die Insel einprägen“, sagte Zach.
„Oh, gut. Ich dachte, wir stehen einfach nur herum.“
Schließlich brachen sie wieder auf und gingen an Bord ihres Schiffes.
Zach musste aus welchem Grund auch immer daran denken, was Aidan gesagt hatte. Sicher hatte er recht. Sich einen Ort einprägen, sich zu merken, wie er am heutigen Tag aussah, schien kein schlechter Ansatz. Mit Eile kam er nirgendwohin.
Als sie das Haus der O’Rileys erreichten, war bereits alles für die Totenwache vorbereitet.
Bridey lag in einem wunderschönen mit Blumen und einem Kreuz geschmückten Sarg im Foyer aufgebahrt.
Zach wollte in sein
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