Sündhafte Begierde der Verdammnis II
Klosterbruder trat hinter den rustikalen Sekretär, entzündete drei Kerzen auf einem goldenen Kandelaber, nahm ihn an sich und zog geschwind ein Buch aus dem sich dahinter befindlichen Regal. Abrupt öffnete sich eine Tür in der Wand.
Ein Geheimgang!, schoss es Valentin durch den Kopf.
Wortlos machte Kaspar eine Handbewegung, um zu signalisieren, dass er ihm folgen sollte. Als er dem Mönch nachging, fiel sein Blick unbeabsichtigt auf dessen Glatze, die von einem kleinen Haarkranz umgeben war. Im fahlen Licht hatte sich ein Glanz darauf gebildet.
Ihr Weg führte sie über eine steile Turmtreppe nach unten. Valentin musste achtgeben, nicht zu fallen und stützte sich mit der Handinnenfläche an der abbröckelnden Steinmauer ab.
Der Abstieg nahm mehrere Minuten in Anspruch. In einem tristen Kellerverließ angekommen, lief er Kaspar einen engen Gang nach, ehe dieser schließlich eine alte Eisentür öffnete und vor ihm in einen Raum trat. Verunsichert folgte er ihm.
Zu Valentins Erstaunen befanden sie sich in einer kleinen Bibliothek, in dessen Mitte sich ein Tisch, darauf eine schlecht schimmernde Leselampe und davor ein Stuhl befanden. Es roch nach alten Büchern. Er bemerkte aber auch, dass seitlich zwischen den zahlreichen Folianten eine Tür in einen weiteren Raum führte.
„Was befindet sich dahinter?“ Er brannte vor Neugierde und hatte für einen Augenblick alle Vorsicht vergessen.
„Gleich!“, äußerte sich der Mönch in einer herablassenden Art.
„Was heißt gleich?“, erkundigte sich Valentin und schritt vertieft an den Bücherregalen entlang. Versonnen strich er mit den Fingerkuppen über einige der Bände. Vor einem Wandbrett, über dem ein ledernes Schild mit schwarz eingefasster Schrift hing, blieb er stehen und las: „Dracula – die bis ins alte Ägypten zurückreichende Chronik.“
Interessiert und verblüfft zugleich über das, was er hier vorfand, griff er nach dem ersten Wälzer, der mit einem dunkelbraunen Ledereinband versehen war. „Tagebuch I“ stand darauf.
Nachdenklich ging er zum Tisch und legte das Buch hin. Doch zum Hinsetzen kam er nicht, da der Mönch dazwischenfunkte.
„Kommen Sie, ich zeige Ihnen das bestgehütete Geheimnis der Welt, das in unserer Abtei von der Menschheit streng abgeschirmt wird.“
Valentin wurde hellhörig. Das seltsame Geschwätz von Priester Schwarz trat in seine Gedanken zurück.
„Was meinen Sie damit? Befindet sich das Geheimnis etwa hinter der Tür?“
Der Mönch nickte nervös. „Ja, so ungefähr. Es gibt aber zahlreiche Sicherheitsvorkehrungen.“
„Sicherheitsvorkehrungen?“, wiederholte Valentin erstaunt und dachte erneut an die Worte des alten Priesters, der von Fallen gesprochen hatte. Es wurde immer besser. Verwundert über die Aussage Kaspars folgte er diesem, der in der Zwischenzeit in den nächsten Raum gegangen war. Das Buch am Tisch ließ er zurück.
Als Valentin den Bereich ebenfalls betreten hatte, verstummte er für Sekunden. Erst nach einer Weile flüsterte er mehr zu sich selbst: „Der absolute Wahnsinn.“
„Nicht wahr?“, fügte der Ordensbruder an und trat einen Schritt näher.
Valentin bejahte und sah sich völlig erstaunt um. In den Regalen an den Wänden befanden sich Kanopen aus dem alten Ägypten, deren Deckel Götternamen symbolisierten. Gleich daneben stand ein gläserner Sarg, in dem eine einbalsamierte Mumie lag. Sie sah aus, als würde sie schlafen, auch wenn ihre Haut bereits schwarz und ledern wirkte.
„Warum zeigen Sie mir das?“, fragte Valentin misstrauisch. Er war fasziniert und erschrocken zugleich und wusste nicht, was das hier sollte.
„Die Von Werlenbergs sind ein uraltes Geschlecht, das in Ägypten seinen Anfang nahm. Irgendwann haben sie ihren ägyptischen Namen abgelegt ... Sie sollten das wissen, schließlich ...“ Kaspar geriet ins Stocken. Auf seiner Stirn hatten sich kleine Schweißperlen gebildet und seine großen Augäpfel wanderten fluchtartig nach links.
Valentin folgte seinem Blick und entdeckte eine finstere Mauernische.
„Was ist dort?“, erkundigte er sich, ohne auf die Bemerkung Kaspars einzugehen. Zu viele Gerüchte rankten sich mittlerweile um Bastian, dass er es leid war, ständig nachzufragen.
„Sehen Sie selbst nach, dann wissen Sie es“, entgegnete dieser ruppig.
Valentin ignorierte seine Worte ein weiteres Mal, stattdessen entgegnete er: „Und das mit den Fallen stimmt wirklich?“
Der Klosterbruder starrte ihn erschüttert an. „Natürlich!
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