Sündhafte Begierde der Verdammnis II
Wohnzimmer. Behaglich setzte er sich auf das Sofa und machte den Fernseher an. Auch wenn seine Gedanken ganz woanders waren, brauchte er jetzt einen Ton um sich herum. Die Stille machte ihn sonst wahnsinnig. Wahllos zappte er zwischen den Sendern hin und her, bis er sich schließlich für einen Nachrichtenkanal entschied. Die Worte des Moderators ließen ihn ungewollt aufhorchen. Es ging um einen bestialischen Mord, der sich nach dem Konzert vor zwei Tagen im Vogelweidpark in Wien ereignet hatte. Einem jungen Mann war die Kehle durchtrennt worden. Eine Obduktion über die grausame Tat sollte mehr Aufschluss darüber bringen.
Das Konzert.
Sofort ging Valentin alles noch mal im Kopf durch: die wunderbaren Gefühle, die er damit in Verbundenheit brachte, und das Glück, den inneren Frieden, den er erlebt hatte.
Seine Seele, stellte er bedrückend fest, befand sich nur im Gleichgewicht, wenn er mit Bastian zusammen war. Eigentlich war es ihm noch nie so gut gegangen. Er hatte angefangen zu leben. Seit dem Konzert- und Clubbesuch wusste er nur zu gut um die Bedeutung dieses Wortes, das er früher vollkommen außer Acht gelassen hatte. Nun hasste er sein langweiliges Leben sogar. Aber nur, wie er es lebte. Seinen Beruf als Priester mochte er nach wie vor. Er hatte bloß ein Problem damit, wie die katholische Kirche ihm vorschrieb, zu leben.
Valentin wurde nervös. Augenblicklich drehte sich sein Magen um. Innerlich aufgewühlt, machte er den Fernseher aus. Er musste hier raus, und zwar gleich, brauchte nach dem Leichenfund dringend frische Luft.
Der Brief von Pfarrer Schwarz fiel ihm ein. Der Vorgänger von Priester Eduard hatte ihm im Krankenhaus geschrieben, mit der Bitte, ihm einen Besuch abzustatten.
Es dulde keinen Aufschub, hatte auf dem Papier gestanden. Bis zu diesem Tag hatte er es vor sich hergeschoben, den alten Mann im klösterlichen Pflegeheim zu besuchen. Er fand, dass der richtige Zeitpunkt nun gekommen war, um dem Wahnsinn für einen halben Tag zu entfliehen, und stand auf. Sollte Angela sich um die Polizei kümmern!
Ein missfälliger Blick fiel beim Verlassen des Wohnzimmers auf die Glaskugel, die ihm Rose-Ann geschenkt hatte. Mit einem Mal störte sie ihn. Genervt ging er zu dem Teil und betrachtete es kurz. Dann drehte er sich um und bewegte sich zur Tür hinaus.
Auf dem Flur hielt er flüchtig inne. Auf Augenhöhe zu ihm befand sich ein Schlüssel, der auf einem Holzhaken hing. Es war der Autoschlüssel von Pfarrer Eduard, der sich zu seinem Unverständnis nach wie vor auf Kur befand. Sollte er sich dessen Auto leihen und damit zum Kloster fahren?
Er hatte im Moment keine Lust, erneut stundenlang mit dem Zug durch die Gegend zu rattern. Außerdem fehlte ihm die nötige Zeit.
Eduard würde es ihm mit Sicherheit nicht übel nehmen. Der Mann war sehr offen. Deshalb nahm er den Schlüssel an sich und ging noch mal zurück in die Kanzlei, um den Brief von Pfarrer Schwarz zu suchen. Beim Absender, so erinnerte sich Valentin, stand auch die Adresse vom Kloster. Als er den Umschlag endlich gefunden hatte, griff er nach seinem Führerschein, eilte in sein Schlafzimmer und schlüpfte in seine Privatkleider.
D ie braunen Klostermauern im romanischen Stil ragten in den Himmel empor. Schöne Rundbögen und Kreuzgewölbe ließen es geradezu gewaltig in Erscheinung treten. Valentin liebte solche Bauten, die den typischen Geruch alter Zeiten neu zum Leben erweckten.
Vor dem Kloster erstreckte sich ein schneebedecktes Heckenlabyrinth. Valentin stellte sich in seiner Fantasie einen Rosengarten vor, der im Sommer in seiner schönsten Blütenpracht gedieh. Kurz erwischte er sich beim Träumen, wie es wäre, inmitten dieses Paradieses mit Bastian Arm in Arm auf einer Bank zu sitzen.
Wer weiß, was die Zukunft für uns bereithält, dachte er bei sich, als sich plötzlich das schwarze Tor vor ihm öffnete und ihn ein Ordensbruder skeptisch musterte. Schlagartig verflüchtigte sich sein Traum.
„Was führt Sie zu uns?“, fragte der Mann. Seine Höflichkeit stand im Kontrast zu seinem misstrauischen Blick.
Valentin verstand jedoch, wie verwirrt das plötzliche Auftauchen seinerseits den Mönch machen musste. Schließlich war er in Privatkleidung gekommen.
„Ich bin Valentin Burger. Entschuldigen Sie bitte, dass ich ohne Anmeldung einfach so hereinplatze, aber Priester Schwarz lebt doch hier, oder nicht?“ Er ging auf den Ordensbruder zu, der ihn nachdenklich fixierte.
„Was wollen Sie von
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