Sündhafte Küsse (German Edition)
stiegen.
„Ich muss jetzt los“, sagte Aidan und stopfte sich sein Hemd zurück in die Hose.
Auch Julian richtete seine Kleidung. „Vielleicht komme ich dich ja mal wieder besuchen.“
„Lieber nicht, Strohkopf.“ Liebevoll fuhr ihm Aidan durch das wirre Haar, um es zu glätten. Es sah so aus, als ob er Julian noch einmal küssen wollte, aber der Ältere drehte den Kopf weg. „Wir wissen doch beide, dass wir nicht zusammen sein dürfen, gerade jetzt, wo Henry über uns Bescheid weiß. Wir sind sowieso viel zu unvorsichtig.“
„Aber ...“
„Zieh dich ordentlich an“, murmelte der Viscount. „Das Personal wird gleich das Gepäck holen.“
„Du wirst mir fehlen, Aidan“, flüsterte Julian mit erstickter Stimme.
Aidan stand nun mit dem Rücken zu ihm vor der Tür und sperrte sie auf. Ohne sich noch einmal umzudrehen, sagte er: „Du mir auch. Lebe wohl“, und verließ den Raum.
Julian unterdrückte den Wunsch, Aidan hinterherzulaufen und ihn noch einmal zu küssen, also wartete er, bis die Taschen und Koffer abgeholt wurden und er sich sicher war, dass Aidan seine Kutsche bestiegen hatte. Dann verließ Julian das Zimmer und machte sich auf die Suche nach Henry Payne. Jetzt würde er mit dem Diener abrechnen.
***
„Mutter, was machst du denn hier?“, fragte Aidan perplex, als er in der Eingangshalle von Shevington Manor beinahe mit Lady Cathérine zusammenstieß.
Wexcomb, der ihm die Reithandschuhe und den Mantel abnahm, sagte: „Ich wollte Euch gerade über die Ankunft von Lady Cathérine informieren, Mylord.“
Seine Mutter taxierte ihn mit hochgezogenen Brauen und machte einen Schritt zur Seite, da Prince an ihrem Kleid schnüffelte. Aber der Hund zeigte kein Interesse an der Dame, weil er genau wusste, dass er von ihr keine Aufmerksamkeit geschenkt bekäme.
„Was ist denn das für eine Begrüßung? Hast du meinen Brief nicht bekommen, Junge?“ Auffordernd hielt Lady Cathérine ihrem Sohn die Wange hin, auf die Aidan sofort einen Kuss hauchte.
„Ich weiß nicht, ich war für vier Tage verreist.“ Aidan hatte nichts zuhause gehalten, wo ihn so vieles an Julian erinnerte. Deshalb hatte er kurzerhand das Angebot eines ehemaligen Studienkollegen angenommen, ihn für ein paar Tage zu besuchen.
„Ähem“, räusperte sich der alte Diener und reichte Aidan ein Schriftstück. „Der besagte Brief, Mylord.“
Aidan nahm ihn entgegen, ohne das Siegel aufzubrechen; seine Mutter klärte ihn ohnehin gerade auf. Wexcomb verbeugte sich und zog sich diskret ein Stück zurück.
„Auf Anraten meines Arztes werde ich zwei Monate hierbleiben, Aidan. Doktor Iddlesleigh meinte, die Landluft bekäme meiner Lunge besser.“
Seiner Mutter den Arm reichend, gingen die beiden die Treppen hinauf in den großen Salon, wo schon Erfrischungen für sie bereitstanden. „Dann ist Marianne bestimmt mit dir gekommen?“, fragte Aidan, um etwas Konversation zu betreiben. In Wahrheit suchte er nur nach einer passenden Gelegenheit, um sie unauffällig über Julian auszufragen. Er vermisste ihn unendlich.
Lady Cathérine setzte sich in einen großen Sessel, und sie ließen sich von Wexcomb Tee einschenken. Dankend nahm Aidan die Tasse entgegen, wobei er sich seiner Mutter gegenüber auf einem Sofa niederließ. Zuvor steckte er sich allerdings noch einen von Ellens köstlichen Keksen in den Mund und schob auch Prince heimlich einen zu. Der schwarze Retriever lag zu seinen Füßen, möglichst weit weg von Lady Cathérine. Die beiden waren sich nicht sonderlich sympathisch.
Nachdem sich der Diener an seinen angestammten Platz weiter hinten im Raum zurückgezogen hatte, sagte seine Mutter: „Ja, natürlich ist Mary mitgekommen. Julian zeigt ihr gerade ...“
„Julian ist auch hier?“ Überrascht sog Aidan die Luft ein und bekam auch prompt einen Krümel in die falsche Röhre.
„Natürlich. Meinst du etwa, ich lasse den Bengel alleine in London?“ Seine Mutter blickte ihn mit großen Augen an, während sich Aidan die Seele aus dem Leib hustete. „Soll ich dir auf den Rücken klopfen?“
„Nein danke, geht schon wieder“, meinte er rau und räusperte sich mehrmals. Prince war aufgesprungen und hatte seine Pfoten auf Aidans Oberschenkel gelegt, so, als wolle er seinem Herrchen helfen. Aber nachdem der Retriever merkte, dass er hier nicht viel ausrichten konnte, trottete er zur Tür. Aidan gab Wexcomb, der während des Anfalls neben ihn getreten war, mit einer Handbewegung zu verstehen, dass er den Hund nach
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