Sündige Liebe
stand mehr als nur eine Andeutung von Schmerz. Angela hoffte, er werde sich schnell wieder verlieben.
Es war eine Ironie des Schicksals, dass sie seinen Kummer verstand, ohne ihm sagen zu können, weshalb.
22
Bradford Maitland zahlte seine Rechnung und verließ das Hotel in Mobile. In der kurzen Zeit, die seit seiner Ankunft am gestrigen Tage verstrichen war, war er von mehr verblüfften Blicken gemustert worden, als zu erwarten gewesen war. Was war mit diesen Menschen los? Hatten sie erwartet, dass er nie mehr zurückkommen würde?
Nun gut, vielleicht würde sich durch seine Rückkehr der Gesprächsstoff ändern. Möglicherweise vergaßen die Leute den Klatsch, den er sich gestern Abend angehört hatte. Konnte er wirklich glauben, was die Leute über seinen Vater und das junge Mädchen erzählten, das als seine Mätresse galt? Kein Wunder, dass dem alten Mann das Herz versagt hatte!
Auf den Straßen war zu dieser Vormittagsstunde nicht viel los, und Bradford hatte keine Schwierigkeiten, einen Landauer zu mieten, der ihn nach Golden Oaks brachte. Er lehnte sich in der Kutsche zurück, entspannte sich und ließ sich von der Sonne bräunen. Plötzlich wurde ihm be wusst , wie sehr ihm New York und das Leben, das er dort geführt hatte, verhasst war. Er hatte nur noch nachmittags gearbeitet, die Nächte mit Trinken und Spielen verbracht und eine nicht nennenswerte Affäre nach der nächsten gehabt. Er ver miss te die Morgensonne auf seinem Gesicht, die stechende Sonne des Südens, und nicht die kalte nördliche Sonne. Er ver miss te es, durch freies Feld zu reiten. Aber am meisten ver miss te er seinen Vater.
Es war sieben Jahre her, seit Bradford sein Elternhaus betreten hatte, an diesem späten Abend im Jahre 62, als er von Crystal gekommen war. Sieben lange Jahre. Mit dreißig hatte er seine Fähigkeit unter Beweis gestellt, das Imperium der Maitlands zu regieren, obwohl er vor dem Krieg nicht die Absicht gehabt hatte. Damals wollte er nichts anderes als Crystal heiraten und mit ihr an die texanische Grenze ziehen. Doch der Krieg und sein Bruder hatten diese Träume vereitelt, oder doch zumindest die meisten.
Er würde trotzdem auf die Ranch der Maitlands in Texas gehen. Sogar schon bald, doch vorher muss te er seinen Vater aufsuchen. Er konnte nur hoffen, dass Zachary und Crystal ihm aus dem Weg gehen würden.
Gestern hatte er sofort nach seiner Ankunft Dr. Scarron aufgesucht, um sich vollständig unterrichten zu lassen. Als er das Haus des Arztes verlassen hatte, war eine Last von seinen Schultern genommen. Sein Vater würde wieder gesund werden.
Er runzelte die Stirn. Hass te er Crystal inzwischen, oder liebte er sie immer noch? Er zweifelte daran, dass von seiner Liebe noch etwas übrig war, doch seine Bitterkeit war nicht geschwunden. Diese süße südliche Schöne hatte sich so sehr zu ihrer Liebe zu ihm bekannt, dass sie willens gewesen wäre, sich ihm vor ihrer beider Eheschließung hinzugeben. Warum hatte er bloß den Kavalier gespielt? Er hätte sie nehmen sollen. Vielleicht wäre es leichter gewesen, sie zu vergessen, wenn er eine einzige Nacht mit ihr verbracht hätte.
Bradford kam wieder in die Gegenwart zurück, als der Landauer unter den gewaltigen immergrünen Eichen hindurchfuhr die die lange Auffahrt säumten. Er lächelte. Das große weiße Gutshaus sah aus wie früher, noch immer Teil der alten Welt, unverändert, unberührt durch den Krieg. Aber im Innern würde es anders sein. Für die Bewohner von Golden Oaks hatte die Zeit nicht stillgestanden. Wie viele der alten Dienstboten würde er noch vorfinden? War Robert Lonsdale immer noch ein ständiger Gast? Hatten Zachary und Crystal Kinder? Wie viele? Bradford wünschte jetzt, er hätte seinen Vater nicht gebeten, sich in seinen Briefen jeder Äußerung über die häuslichen Verhältnisse zu enthalten.
Bradford bezahlte den Fahrer und ließ seine Reisekoffer vor dem Eingang stehen. Ohne anzuklopfen trat er ins Haus. Dann blieb er regungslos in der breiten Eingangshalle stehen. Die einzigen Laute, die zu hören waren, kamen aus der Küche, ein leicht vernehmliches Klappern von Töpfen und Pfannen.
Bradford stieg langsam die Treppe hinauf, um seinen Vater aufzusuchen. Er hoffte, dass sich sein Vater nicht zu sehr verändert hatte. Der Herzanfall konnte bleibende Spuren hinterlassen haben.
»Master Zachary, wieso sind Sie schon aus der Stadt zurück? Ist etwas nicht in Ordnung?«
Bradford drehte sich auf der Treppe um und sah Hannah
Weitere Kostenlose Bücher