Sündige Liebe
Sherrington. Aber weshalb?
Zu Angelas Erstaunen trat in diesem Augenblick Crystal in die Küche. »Hier bist du also, Angela. Ich habe dich überall gesucht.«
Angelas Neugier regte sich sogleich, denn Crystal tat immer ihr Bestes, um ihr aus dem Weg zu gehen. »Solltest du dich etwa nach meiner Gesellschaft sehnen?« fragte sie.
Crystal setzte ein falsches Lächeln auf. »J a, schon, ich meine, ich hatte wirklich die Absicht, mich mit dir zu unterhalten.« Sie setzte sich Angela gegenüber und sagte ohne jede Vorrede: »Ich finde, du solltest deine Zeit nicht so oft mit meinem Bruder verbringen. Die Leute reden schon.«
»Wie lautet der Klatsch diesmal, oder sollte ich mich vor der Antwort fürchten?«
»Hm ... das ist ja auch egal«, erwiderte Crystal gereizt. Ihr aufgesetztes Lächeln schwand. »Es ist nur so, dass Robert unmöglich eine ihm angemessene Frau finden kann, wenn er seine Zeit mit dir verschwendet - mit dir verbringt.«
»Solltest du darüber nicht lieber mit Robert reden?« fragte Angela. Ihr Geduldsfaden war am Zerreißen.
Crystal stand auf, schenkte sich eine Tasse heiße Schokolade ein und setzte sich wieder. »Du kannst mir glauben, dass ich das getan habe. Robert hört nicht auf Vernunft. Es wird Zeit, dass er sich häuslich niederlässt und eine Familie gründet.«
»Das ist nicht meine Sache, Crystal.«
»Natürlich ist es deine Sache!« fauchte Crystal. »Dich will er doch heiraten! Aber dass das unmöglich ist; siehst du wohl selbst ein.«
»Soll das heißen, dass Robert mich heiraten will?«
»Er sagt, er hätte sich in dich verliebt. Er hat bereits mit Jacob gesprochen.«
»Seit wann weißt du, dass Robert mir gegenüber so empfindet?« fragte Angela.
Sie konnte es nicht verstehen. Robert hatte ihr zahllose Avancen gemacht, und es hatte ihr Spaß gemacht, ihn mit Neckereien abzuwimmeln, aber sie wäre im Traum nicht darauf gekommen, dass es ihm ernst sein könnte.
»Drei Jahre ist es mindestens her. Er hat darauf gewartet, dass du deine vier Jahre Schule abschließt«, entgegnete Crystal. »Willst du etwa sagen, dass du wirklich nicht wusst est, was er empfindet?«
»Nein, ich habe es nicht gewusst . Ich wünschte, du hättest es mir früher gesagt; dann hätte ich ihn viel eher entmutigen können. Verdammt noch mal!« rief Angela aus, die sich im Moment vergaß.
Crystals blaue Augen wurden kugelrund. »Du willst ihn nicht heiraten?«
»Ich liebe ihn nicht, Crystal, und deshalb kann ich ihn unmöglich heiraten.« Doch sie hatte Robert gern und bedauerte zutiefst, ihn verletzen zu müssen.
»Das ist ja wunderbar. Ich meine ... Na ja, schon gut. Robert wird darüber hinwegkommen. Einen Ball müss ten wir geben das einzige Mittel, damit Robert seine törichte Vernarrtheit vergisst . Es ist schon lange her, seit die Maitlands ihren letzten Ball gegeben haben.«
»Ihr habt vor zwei Jahren einen Ball gegeben«, rief ihr Angela ins Gedächtnis zurück.
»J a, aber der Ball war nicht halb so prächtig, wie er hätte sein können. Die Leute kamen damals gerade erst wieder auf die Füße, und die Verluste durch den Krieg waren immer noch zu spüren. Jacob wollte natürlich auch nicht, dass wir alles zu schick arrangieren, damit den Leuten in der Umgebung nicht zu be wusst wird, dass ihm der ganze Krieg nichts anhaben konnte. Aber jetzt ist die Lage wieder besser. Was meinst du dazu?«
»Zu dem Ball oder zur allgemeinen Lage?« fragte Angela spöttisch.
»Du weißt genau, wovon ich spreche. Wir hätten eine Menge zu tun, wenn wir einen Ball vorbereiten würden«, erwiderte Crystal. Bei dem Gedanken, sich in einem prunkvollen neuen Ballkleid vorzuführen, wurde sie ganz aufgeregt.
»Das ist anzunehmen.«
»Das ist eine ausgezeichnete Gelegenheit für Robert, jemand anderen kennenzulernen. Für dich natürlich auch. Du kommst nicht mit vielen jungen Männern zusammen, solange Robert und Jacob ständig deine Zeit beanspruchen. Mach dir um Robert keine Sorgen. Ein Ball ist genau das Richtige. Nichts hilft einem schneller, eine alte Liebe zu vergessen. Eine neue Liebe ist das beste Mittel.«
Angela lächelte. Sie war in der unglücklichen Lage, es besser zu wissen. Wenn eine Liebe stark genug ist, verliebt man sich nicht so leicht in jemand anderen. 0 ja, das wusst e Angela nur allzu gut.
Am folgenden Tag machte ihr Robert einen Heiratsantrag, und Angela lehnte so schonend wie möglich ab. Er schien ihre Abweisung mit seiner üblichen guten Laune hinzunehmen, doch in seinen Augen
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