Sündige Rache
tun.
Wenigstens war ihre Arbeit etwas, worauf sie sich verstand, und so ging sie die Namen, die Patsy Kohli ihr gegeben hatte, nacheinander durch. Die Kollegen ihres Mannes, mit denen er befreundet gewesen war. Die Detectives Arnold Gaven und Jon Pierce, ein gewisser Officier Goodman und natürlich Sergeant Clooney, der der Witwe so fürsorglich zur Seite stand.
Bei der ersten Durchsicht fiel ihr nichts Negatives auf. Arnold Gaven hatte zahlreiche Belobigungen sowie eine ganze Reihe abgeschlossener Fälle aufzuweisen, hatte eine Ehefrau und eine fünfjährige Tochter und war erster Schlagmann im Softballteam der Polizei.
Bei Detective Pierce sah es ähnlich aus, nur hatte er statt einer Tochter einen dreijährigen Sohn.
Officer Thomas Goodman war zwei Jahre jünger, brächte es wahrscheinlich auch bald zum Detective, war frisch verheiratet und tat gelegentlich als Ministrant in seiner Kirchengemeinde Dienst.
Religion, funkte es ihr durch den Kopf. Dreißig Silberlinge als Zeichen des Verrats.
Clooney war seit 26 Jahren bei der Truppe, davon 12 auf dem 128. Revier. Früher einmal hatte er mit Roth zusammen Dienst geschoben, fiel Eve zu ihrer Überraschung auf, dann aber hatte Roth ihn auf der Karriereleiter überholt. Stieß ihm das sauer auf?
Er hatte eine Frau, und auch wenn sie beide nicht denselben Wohnsitz hatten, war von einer offiziellen Trennung oder Scheidung nirgendwo etwas vermerkt. Auch sein Sohn Thadeus war bei der Polizei gewesen. Er war im Dienst gestorben, als er bei einem Überfall auf einen Supermarkt eingeschritten war.
Eve runzelte die Stirn. Zeugenberichten zufolge hatte er sich mit gezückter Waffe schützend vor einem Zivilisten aufgebaut und war dann von hinten angegriffen worden. Er hatte mehrere Stichverletzungen erlitten und war bereits tot gewesen, als der Notarzt eingetroffen war.
Anschließend hatten die Angreifer in aller Seelenruhe den Laden ausgeräumt, waren unerkannt geflüchtet, und man hatte sie bis heute nicht gefasst.
Thadeus Clooney hatte eine Frau und einen Säugling hinterlassen.
Clooney hatte also einen großen Verlust erlitten, dachte sie. Reichte das, um einen Polizisten nach sechsundzwanzig Jahren tadelloser Dienstausübung in einen Killer zu verwandeln?
Aber weshalb gäbe er den Kollegen die Schuld an dem erlittenen Verlust?
Schließlich gab sie noch den Namen Bayliss in den Computer ein.
Blitzsauber, dachte sie, als sie die grundlegenden Daten las. Wenn man nur die glatte Oberfläche nahm. Regelmäßiger Kirchgänger, freiwilliger Gemeindehelfer, Vorsitzender einiger gemeinnütziger Vereine, zwei Kinder auf teuren Privatschulen. Seit achtzehn Jahren verheiratet mit einer Frau, die aus einer reichen Familie kam.
Er war nie im Außendienst gewesen, merkte sie. Selbst als er noch eine Uniform getragen hatte, hatte er es sich bereits auf einem Schreibtischstuhl bequem gemacht: erst in der Verwaltung, dann in der Asservatenkammer und schließlich im Innendienst auf einem Revier. Der geborene Schreibtischhengst, dachte sie geringschätzig.
Aber offensichtlich begabt. Nach einer kurzen steilen Karriere war er bei der Dienstaufsicht gelandet, was offensichtlich seine Berufung war.
Allerdings war interessant, dass der Tadel durch Chief Tibble nicht der erste Verweis für ihn gewesen war. Man hatte ihn bereits zuvor gelegentlich wegen der von ihm gewählten Ermittlungsmethoden verwarnt. Doch mit seiner Arbeit hatte er sichtlichen Erfolg. Weshalb sein Vorgehen bisher, wenn auch nicht gerade gern gesehen, so doch geduldet worden war.
Ein ums andere Mal hatte er die Vorschriften umgangen: hatte Leute zu Falschaussagen verleitet, illegale Telefonüberwachungen sowie Beschattungen organisiert – und wiederholt Polizisten gegeneinander ausgespielt.
Polizisten gegen Polizisten. Wie groß war der Schritt von der Zerstörung einer Karriere bis hin zu einem Mord?
Noch interessanter war, dass Bayliss kurz nach dem Debakel im Fall Ricker wegen des Versuchs, den für die Beweissicherung zuständigen Beamten in Misskredit zu bringen, abermals getadelt worden war.
Er war sogar so weit gegangen, Frau und Kinder des Mannes zu schikanieren und ihn in einen Vernehmungsraum zu zerren und dort, ohne dass ein Anwalt dabei gewesen wäre, über vier Stunden in die Mangel zu nehmen, ohne dass etwas dabei herausgekommen war.
Daraufhin hatte das Finanzamt einen anonymen Tipp erhalten. Obwohl niemals hatte bewiesen werden können, dass Bayliss oder einer seiner Leute der Informant
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