Sündige Rache
seinen Mund und trank einen großen Schluck. »Wo ist es passiert?«
»Ich bin nicht gekommen, weil ich dir irgendwelche Fragen beantworten will. Ich bin kein gottverdammter Spitzel, den du nach Belieben ausquetschen kannst.«
»Und ich bin keiner von deinen Informanten«, antwortete er und lehnte sich gegen die geschlossene Kühlschranktür. Er musste Ordnung in seine Gedanken und seine Gefühle unter Kontrolle bringen. Denn wenn ihm das nicht gelänge, brächte sie womöglich etwas aus ihm heraus.
»Du bist zu mir gekommen und hast mich vor allzu gründlichen Nachforschungen gewarnt«, erinnerte sie ihn. »Entweder hast du damit im Trüben gefischt, hast einen Köder ausgelegt oder einfach den Laufburschen für die Dienstaufsicht gespielt.«
Seine Miene wurde verschlossen, und er hob erneut die Flasche an den Mund, bevor er erklärte: »Falls du ein Problem mit mir hast, geh damit doch einfach zur Dienstaufsicht und schau, wie weit du mit einer Beschwerde kommst.«
»Ich löse meine Probleme für gewöhnlich allein. Was für eine Verbindung gibt es zwischen Kohli, Mills und Ricker?«
»Wenn du dich mit Ricker anlegst, rührst du in einem Hornissennest und wirst bestimmt gestochen.«
»Ich habe mich bereits mit diesem Typen angelegt. Das hast du nicht gewusst, nicht wahr?«, meinte sie, als sie etwas in seinen Augen aufflackern sah.
»Diese Information ist noch nicht bis zu dir vorgedrungen. Ich habe vier von seinen Männern hinter Gitter gesteckt.«
»Dort werden sie gewiss nicht lange bleiben.«
»Vielleicht nicht, aber möglicherweise kriege ich aus einem dieser Kerle mehr raus als aus dir. Du warst mal selber Polizist.«
»Verdammt, Dallas. Das bin ich immer noch.«
»Dann benimm dich auch wie einer.«
»Denkst du, nur weil ich nicht regelmäßig irgendwelche Aufsehen erregenden Fälle zum Abschluss bringe und deshalb nicht ständig im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses stehe, ist mir mein Job egal?« Er knallte wütend die Flasche auf den Tisch. »Ich tue, was ich tue, gerade weil mir mein Job sehr viel bedeutet. Wenn jeder Polizist so ehrlich wäre wie du, bräuchten wir unsere Abteilung nicht.«
»Waren sie korrupt, Webster? Mills und Kohli? Waren die beiden korrupt?«
Seine Miene wurde wieder verschlossen. »Das kann ich dir nicht sagen.«
»Weil du es nicht weißt oder weil du nicht darüber sprechen darfst?«
Er sah ihr in die Augen und während dem Bruchteil einer Sekunde nahm sie in seinem Blick ehrliches Bedauern wahr. »Auch das kann ich dir nicht sagen.«
»Gibt oder gab es Ermittlungen der Dienstaufsicht gegen Kohli, Mills und/oder andere Beamte des hundertachtundzwanzigsten Reviers?«
»Wenn dem so wäre«, erklärte er vorsichtig, »dann wäre das geheim. Ich wäre nicht befugt, diese Frage zu bejahen oder zu verneinen oder irgendwelche Einzelheiten zu verraten. Das ist dir doch wohl klar.«
»Woher hatte Kohli das Geld, das in den letzten Monaten von ihm auf ein Investmentkonto eingezahlt worden ist?«
Webster presste die Lippen aufeinander. Sie ließ einfach nicht locker, dachte er erbost. »Ich habe dazu nichts zu sagen.«
»Werde ich ähnliche Gelder unter Mills' Namen entdecken?«
»Kein Kommentar.«
»Du solltest in die verdammte Politik gehen, Webster.« Sie machte kehrt.
»Eve.« Nie zuvor hatte er ihren Vornamen benutzt, zumindest nicht laut. »Pass auf dich auf«, bat er leise. »Pass bitte auf dich auf.«
Ohne auf die Warnung zu reagieren, lief sie schnurstracks weiter und warf, nachdem sie in den Flur hinausgetreten war, hörbar die Tür hinter sich zu.
Einen Moment lang blieb er wie angewurzelt stehen, focht einen kurzen inneren Kampf aus, trat dann aber vor sein Link und führte ein erstes Gespräch.
Dann fuhr sie zu Feeney. Zum zweiten Mal in dieser Nacht riss sie einen Menschen aus dem Schlaf. Mit verquollenen Augen und noch faltiger als sonst kam er in einem zerschlissenen blauen Morgenmantel, aus dem seine bleichen Storchenbeine ragten, an die Tür.
»Himmel, Dallas, es ist zwei Uhr morgens.«
»Ich weiß. Entschuldige.«
»Tja, komm rein, aber sprich leise, damit meine Frau nicht wach wird und meint, sie müsste rüberkommen und dir einen Kaffee kochen oder so.«
Die Wohnung kam weder größenmäßig noch bezüglich ihrer Eleganz nur annähernd an die von Webster heran. Mit den heruntergezogenen Sichtblenden wirkte das kleine Wohnzimmer, in dem direkt vor dem Fernseher ein großer, hässlicher, wahrscheinlich jedoch ungemein bequemer Sessel
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