Sündige Rache
du zwar einige Zeit hinter Gittern bleiben wirst, dass du dafür aber eine Entschädigung bekommst. Dass er sich bei den Politikern, die Ricker in der Tasche hat, dafür einsetzen wird, dass du fünf, allerhöchstens sieben Jahre in einem netten, gemütlichen Knast hier unten bei uns abzusitzen hast, dafür aber als reicher Mann in die Freiheit entlassen werden wirst. Ich wette, das kommt dem, was er gesagt hat, zumindest ziemlich nahe.«
Lewis' panischer Blick machte ihr deutlich, dass sie Canardes Worten mehr als nur ziemlich nahe gekommen war. »Natürlich ist er ein verlogenes Stück Scheiße. Und ich glaube, du bist schlau genug, um bereits von selbst darauf gekommen zu sein. Wenn du erst mal im Kahn sitzt, bleibst du eine ganze Weile dort, und wenn du mit dem Arrangement nicht mehr zufrieden bist und dich dagegen auflehnst, bekommt einer deiner aufrechten Kollegen eine Nachricht von außen geschickt, dass er deinen Kartoffelbrei mit irgendeinem Gift versetzen, dir während des täglichen, einstündigen Hofgangs in die Nieren boxen oder dich in der Dusche, wenn du dich nach deiner Seife bückst, ausrutschen lassen soll. Ehe du nur bemerkst, wie dir geschieht, bist du bereits ein toter Mann.«
»Wenn ich mit Ihnen rede, bin ich ein toter Mann, bevor ich nur im Gefängnis lande.«
Das war es, dachte sie und beugte sich nach vorn. Sie hatte einen ersten Durchbruch bei dem Kerl erzielt. »Es gibt ein Zeugenschutzprogramm.«
»Vergessen Sie's. Er findet jeden, den er finden will.«
»Er kann nicht zaubern, Lewis. Ich biete Ihnen ein faires Geschäft an, Lewis. Sie geben mir, was ich brauche, und ich verschaffe Ihnen dafür Immunität, Freiheit und ein neues Leben, wo Sie wollen, entweder hier unten auf der Erde oder auf einem anderen Planeten. Suchen Sie es sich aus.«
»Weshalb sollte ich Ihnen trauen?«
»Weil ich keinen Grund habe, Sie tot sehen zu wollen. Das ist ziemlich viel, finden Sie nicht auch?«
Lewis befeuchtete sich nervös die Lippen.
»Ich habe den Eindruck, dass Ricker emotional nicht sonderlich gefestigt ist. Kommt er Ihnen emotional gefestigt vor?« Sie legte eine kurze Pause ein. »Ricker wird sich einreden, ihr hättet die Sache verbockt. Dabei wird es schnurzegal sein, dass ihr von ihm selbst auf mich angesetzt worden seid. Dass er selbst so dumm gewesen ist. Er wird euch zum Vorwurf machen, dass ihr mich nicht nur nicht erwischt, sondern euch sogar noch von mir festnehmen lassen habt. Das weißt du genauso gut wie ich. Du weißt, dass er euch die Schuld an allem geben wird und dass er nicht ganz zurechnungsfähig ist.«
Er hatte sich die ganze Nacht in seiner dunklen Zelle auf der schmalen Pritsche hin- und hergerollt, darüber nachgedacht und war zu demselben Schluss gekommen wie die Frau, die ihm jetzt in dem nüchternen Verhörraum gegenübersaß. Der kalte Blick, mit dem Canarde ihn angesehen hatte, hatte ihm keineswegs gefallen, und vor allem war Max Ricker nicht gerade für seine Nachsicht gegenüber vermeintlichen Fehlern seiner Angestellten berühmt.
»Wenn ich etwas sage, lande ich im Gegenzug gar nicht erst im Knast.«
»Das werden wir versuchen zu erreichen.«
»Versuchen? Vergessen Sie's. Ich verlange vollkommene Immunität. Ich sage keinen Ton, solange mir der Staatsanwalt das nicht schriftlich gegeben hat. Immunität, Dallas, einen neuen Namen, ein neues Gesicht und hundertfünfzigtausend Dollar Startgeld.«
»Vielleicht hätten Sie gern auch noch eine hübsche Frau und ein paar niedliche Kinder, wenn Sie schon mal dabei sind.«
»Haha. Wirklich witzig.« Inzwischen fühlte er sich deutlich besser als während der Nacht. »Bringen Sie mich zum Staatsanwalt. Sobald alles unter Dach und Fach ist, fange ich mit Reden an.«
»Ich rufe sofort bei ihm an.« Sie stand auf. »Vielleicht müssen Sie trotzdem gleich noch zu Ihrem Haftprüfungstermin. Bleiben Sie ganz cool, und berufen Sie sich weiter auf Ihr Recht zu schweigen. Wenn Canarde Wind von der Sache bekommt, wird er damit sofort zu Ricker gehen.«
»Ich weiß, wie solche Dinge laufen. Wie gesagt, ich warte auf den Deal mit der Staatsanwaltschaft.«
»Sie hatten Recht damit, dass Lewis in die Knie gehen würde«, stellte Peabody, als sie gemeinsam den Flur hinuntergingen, mit zufriedener Stimme fest.
»Ja.« Eve hatte bereits die Nummer der Staatsanwaltschaft gewählt und legte, als eine Computerstimme ihr erklärte, sie riefe außerhalb der Sprechzeit an, schnaubend wieder auf. »Sieht aus, als lägen diese Typen
Weitere Kostenlose Bücher