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Sündige Rache

Sündige Rache

Titel: Sündige Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Robb
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wenn der Zuspruch von einem Polizisten kommt, und es ist noch besser, wenn dieser Polizist einen ähnlichen Verlust erlitten hat. Haben Sie jemals ein Mitglied Ihrer Familie verloren, Lieutenant?«
    Eve dachte an ein verdrecktes Zimmer, an die blutige Hülle eines Mannes und an das kleine Kind, das mit gebrochenem Arm und zerschundenem Körper in einer Ecke dieses Raums gekauert hatte und das sie selbst gewesen war. »Ich habe keine Familie.«
    »Nun …«, war alles, was Clooney darauf sagte, während er mit ihr im vierten Stock des Hauses aus dem Fahrstuhl stieg.
    Sicher wüsste sie sofort Bescheid. Als Frau eines Polizisten wüsste sie es, sobald sie ihnen öffnete. Wie sie es formulieren würden, wäre egal. In dem Moment, in dem die Tür geöffnet würde, wäre für sie nichts mehr, wie es zuvor gewesen war.
    Sie fanden nicht einmal die Zeit zu klopfen, als es schon begann.
    Patsy Kohli war eine hübsche Frau mit glatter, ebenholzschwarzer Haut und kurz geschnittenem, krausem Haar. Sie trug eine Jacke, hatte sich ein Tragetuch mit einem Baby vor die Brust geschnallt, und der kleine Junge, den sie an der Hand hielt, hüpfte fröhlich auf und ab und rief mit heller Stimme: »Lass uns schaukeln gehen! Lass uns endlich schaukeln gehen!«
    Der Anblick der Menschen vor ihrer Wohnungstür jedoch wischte das Lachen aus Patsys Gesicht. Sie hob eine Hand und drückte damit das Baby an ihr Herz.
    »Taj.«
    Roth hatte ihre Sonnenbrille abgenommen und sah die Frau reglos an. »Patsy. Wir müssten kurz mit Ihnen sprechen.«
    »Taj.« Patsy stand wie angewurzelt da und schüttelte den Kopf. »Taj.«
    »Bitte, Patsy.« Clooney trat neben sie, legte einen Arm um ihre Schultern und fragte mit begütigender Stimme: »Warum setzen wir uns nicht?«
    »Nein. Nein. Nein.«
    Verstört zog ihr kleiner Sohn an ihrer schlaffen Hand und begann zu heulen.
    Roth und Eve schnaubten entsetzt, Peabody jedoch ging vor ihm in die Hocke und sah ihn lächelnd an. »Hallo, Kumpel.«
    »Will schaukeln gehen«, erklärte er schrill, und dicke Tränen kullerten nun über sein pausbäckiges Gesicht.
    »Ja. Lieutenant, warum nehme ich den Jungen nicht einfach mit nach draußen?«
    »Gute Idee. Ja, gute Idee.« Angesichts des durchdringenden Jammerns, das der Kleine ausstieß, fragte Eve mit rauer Stimme: »Mrs Kohli, mit Ihrer Erlaubnis nimmt meine Assistentin Ihren Sohn mit raus. Ich denke, das wäre im Augenblick das Beste.«
    »Chad.« Als würde sie aus tiefer Trance erwachen, starrte Patsy auf das Kind. »Wir gehen immer in den Park zwei Blöcke weiter. Dort gibt es ein paar Schaukeln.«
    »Dort werde ich mit ihm hingehen, Mrs Kohli. Wir kommen sicher klar.« Mit einer Leichtigkeit, die Eve verblüffte, nahm Peabody den Jungen auf den Arm und fragte: »Wie sieht's aus, isst du vielleicht gerne Hot Dogs?«
    »Patsy, warum gibst du mir nicht dein kleines Mädchen?« Clooney öffnete das Tragetuch, nahm das Baby heraus und legte es der versteinerten Eve vorsichtig in den Arm.
    »Oh, hören Sie, ich kann nicht -«
    Clooney aber führte Patsy bereits zum Sofa und ließ Eve mit dem Bündel hinter sich zurück. Vorsichtig beäugte sie das Paket und bekam, als sie in zwei große, schwarze Kulleraugen sah, vor lauter Panik feuchte Hände. Als das Baby zudem noch fröhlich gluckste, hätte sie es vor Schreck fast fallen gelassen.
    Hilfesuchend schaute sie sich um. Clooney und Roth flankierten Patsy, und Clooney sprach mit leiser Stimme auf die junge Witwe ein. Auf dem Teppich lag verstreut irgendwelches Spielzeug. Der Geruch von Puder, Malkreide und Zucker – halt der Geruch von kleinen Kindern –, der ihr in die Nase stieg, war ihr völlig fremd.
    Sie entdeckte einen Korb mit frisch gewaschener Wäsche neben einem Stuhl, legte das Baby so vorsichtig, als wäre es ein Sprengsatz, darin ab, tätschelte ihm unsicher den Kopf und wandte sich aufatmend den drei anderen zu.
    Patsy, deren Hände in denen von Clooney lagen, wiegte sich unglücklich vor und zurück. Sie machte kein Geräusch, doch ein Strom von Tränen rann wie dichter Regen über ihr Gesicht.
    Eve hielt sich weiter abseits und beobachtete Clooney. Die Kohlis , dachte sie, waren eine Familie gewesen. Und in dieser Minute wurde diese Familie für ewig zerstört.
    Die Trauer senkte sich wie Nebel über den kleinen Raum. Es würde lange dauern, bis sie wieder verflog.
    »Es ist meine Schuld. Es ist meine Schuld«, waren die ersten Worte, die Patsy, seit sie auf dem Sofa Platz genommen hatte,

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