Suendiger Hauch
grinste er und kam in Luciens Richtung. Er zog sich einen Stuhl mit einer Lehne aus Leder heran, drehte ihn um und setzte sich rittlings darauf.
»Ich dachte, ich komme vorbei, um dich zu treffen«, sagte er. »Niemand wusste, wohin du gegangen bist, also ging ich davon aus, dass ich dich hier finden würde.«
Lucien richtete sich auf, rückte seinen Stuhl wieder an den Tisch heran und stellte sein fast volles Glas auf dem Tisch vor sich ab. »Nun, dann hast du mich ja jetzt gefunden. Hier ist der einzige Ort, von dem ich sicher war, dass ich Ruhe vor meiner Familie haben würde.«
Jason hob eine Braue. »Schwierigkeiten?«
»So könnte man es nennen.«
»Noch größer als an dem Abend unseres Schachspiels? Ich habe gehört, wie du an Kathryns Tür gehämmert hast. Ich nehme an, du hast es geschafft, hineinzukommen.«
Lucien gab keine Antwort, was Jason wiederum als Antwort völlig ausreichte.
»Ich würde einiges darum geben, eine Fliege an der Wand an diesem Abend gewesen zu sein. Ich hätte so gerne das Gesicht deiner Frau gesehen, als du durch die Tür gestürzt bist wie ein wild gewordener Bulle.«
Lucien gab ein Grunzen von sich. Er konnte sich nur allzu gut an diese Szene erinnern. »Es ist wohl ausreichend, wenn ich sage, dass die Lady inzwischen tatsächlich meine Frau ist. Es wird keine Annullierung geben.«
In diesem Augenblick trat Sadie Jenson, die Serviererin, an ihren Tisch und unterbrach ihr Gespräch. »Was wollen Sie trinken, Euer Gnaden?«, fragte sie Jason, der ebenfalls ein bekannter Gast des Wirtshauses war. Sie war hübsch, auch wenn ihre Schönheit bereits im Verblühen begriffen war, mit flachsblondem Haar und ausladenden, festen Hüften, die sich beim Gehen aufreizend bewegten.
Jason wandte den Kopf zu Lucien. »Bring mir ein Glas von demselben, was mein Freund trinkt.«
»In Ordnung, sofort, mein Lieber«, bestätigte Sarah mit einem Nicken, bevor sie sich mit wiegenden Hüften zurück zu der aus rohen Planken gezimmerten Bar begab. Luciens Blick folgte ihr. Jason hatte nicht einmal den Kopf gedreht. Offen-bar bekam er, im Gegensatz zu ihm selbst, zu Hause alles, was er brauchte, eine Tatsache, die Luciens Ärger von neuem anstachelte.
»Du sagtest, du hast mich gesucht. Wolltest du etwas Bestimmtes oder nur vorbeikommen und sehen, wie es mir mit meiner Frau ergangen ist?«
»In Wahrheit wollte Velvet, dass ich komme. Sie hoffte, dass ich dich und Kathryn überzeugen kann, und natürlich auch deine Tante, zu unserem kleinen Fest am Abend vor Weihnachten zu kommen. Ich gehe davon aus, dass du ebenfalls Pläne hast - nun, wo du eine eigene Familie hast, aber -«
»Eine Familie? Das ist wohl nicht gerade das richtige Wort dafür.«
Die Serviererin erschien wieder an ihrem Tisch, stellte den Zinnkrug mit Bier auf den Tisch, bedachte Lucien mit einem Lächeln und zog sich leise wieder zurück.
»Nun, du hast zumindest inzwischen eine Frau. Das ist immerhin ein Anfang.«
»Die körperliche Anziehungskraft war nie ein Teil des Problems.«
»Was dann, zum Teufel?«, wollte Jason stirnrunzelnd wissen.
Lucien fuhr mit einer Hand durch sein Haar und schob ein paar lose Strähnen aus dem Gesicht. »Gütiger Himmel, ich habe keine Ahnung. Jedes Mal, wenn ich sie ansehe, begehre ich sie. Sie entspricht in keinster Weise dem, was ich mir unter einer passenden Ehefrau vorstelle, aber deshalb will ich sie trotzdem. Das Merkwürdige daran ist, dass ich mich immer weiter von ihr zurückziehe, je mehr ich sie begehre.«
Jason trank nachdenklich einen großen Schluck aus seinem Glas. Er wischte sich mit seiner großen Hand den Schaum vom Mund und stellte den Krug wieder auf dem Tisch ab. »Weißt du, was ich glaube? Ich denke, du hast Angst vor ihr.
Sie ist intelligent, gebildet und von Natur aus außerordentlich leidenschaftlich. Sie lässt dich Dinge fühlen, die du gar nicht fühlen willst, und das bereitet dir eine Heidenangst.«
»Das ist doch lächerlich. Sie ist doch noch fast ein Mädchen.«
»Sie hat Mut und besitzt Feuer, sie ist voller Entschlossenheit und hat einen ausgeprägten Willen, und vor allen Dingen scheut sie die Auseinandersetzung mit dir nicht. Du wolltest jemanden wie Allison Hartman, eine Frau, deren Köpfchen du tätscheln und dann ignorieren kannst. Und das wird mit Kathryn nicht möglich sein.«
»Du bist genauso verrückt wie sie.«
»Sie ist nicht verrückt, und das weißt du auch«, gab Jason grinsend zurück. »Ich halte deine Frau für ein wenig
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