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Sündiges Geheimnis: Roman (German Edition)

Sündiges Geheimnis: Roman (German Edition)

Titel: Sündiges Geheimnis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Mallory
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dem Federkiel, hielt ihn ihm hin und spürte neue Hitze in ihren Wangen. Wenigstens zitterte ihre Hand nicht.
    Nur zögernd nahm er die Feder entgegen. Bevor er sie ins Tintenfass tauchte, vergingen mehrere Sekunden. Eigentümlich unbeholfen unterzeichnete er die Quittung. Der Namenszug war nicht vollständig, das g am Ende fehlte. Kein Mann jedenfalls, der viel zu Papier brachte – da hatte sie offenbar richtig gelegen mit ihrer Vermutung.
    »Jetzt haben Sie Ihre Pflicht erfüllt, Miss Chase.«
    Ein merkwürdiger Unterton schwang in seiner Stimme mit, den sie nicht zu definieren vermochte. Auch wusste sie nicht zu sagen, ob sie erleichtert war oder nicht.
    »So ist es.« Sorgsam faltete sie das Papier zusammen und steckte es in die Tasche ihres Rockes. »Danke.«
    Sie hätte sich nun ohne Weiteres verabschieden können, doch stattdessen stellte sie eine völlig unnötige Frage. »Und bei was würden Sie meine Hilfe brauchen?«
    »Ach ja, ich muss einen Streit beilegen – über die Stelle, wo ein Gemälde hängen soll.«
    Verblüfft blinzelte sie ihn an. Ehe sie etwas sagen konnte, richtete er sich zu seiner vollen Größe auf. Von der Präsenz seiner Persönlichkeit eingeschüchtert, wich sie unwillkürlich einen Schritt zurück.
    »Kommen Sie, Miss Chase.«
    Sie folgte ihm aus dem Zimmer, berührte die Rocktasche und vergewisserte sich, dass die Quittung nicht auf geheimnisvolle Weise verschwunden war.
    »So etwas kann ich kaum beurteilen.«
    »Unsinn, Sie sind eine kluge junge Dame und haben sicher in allen Belangen eine eigene Meinung.«
    Sie stiegen eine breite Treppe hinauf, und Downing blieb auf einem Gang so abrupt stehen, dass Miranda beinahe gegen seinen breiten Rücken geprallt wäre. »Nun, was glauben Sie? Soll der Holländer auf dieser Seite oder auf der anderen hängen?«
    An der Wand lehnte ein schöner Vermeer und wartete darauf, aufgehängt zu werden. Bisher hatte Miranda erst zwei Gemälde des Künstlers gesehen, der nicht gerade zu den Favoriten der Museen zählte. Aber ihr gefiel seine Art, das Alltagsleben darzustellen. Auf diesem Bild beugte sich ein Dienstmädchen über eine Arbeit und schien in einem Tagtraum versunken zu sein. Stundenlang hätte sie das ausdrucksstarke Kunstwerk betrachten können.
    Nach ihrer Meinung eignete sich die leere Wand, an der es lehnte, perfekt dafür. »Hier würde es gut zur Geltung kommen.«
    »Die andere Möglichkeit haben Sie ja noch gar nicht inspiziert.« Der Viscount deutete ein Stück den Gang hinunter und setzte sich wieder in Bewegung. »Das hier hält mein Bruder Conrad für den besten Platz. Verrückt, nicht wahr?«
    Sie wollte widersprechen, doch ihr Blick schweifte von der leeren Wand zu seinem viel zu attraktiven Gesicht – und dann durch eine offene Tür in einen wundervollen Raum. Gegen ihren Willen machte sie einen Schritt in diese Richtung.
    »Einen Vermeer kann man nicht an die Südseite eines Korridors hängen, habe ich ihm erklärt«, fuhr Downing mit seinem tiefen, sonoren Timbre fort. »Das weiß jeder …«
    In ihrem Kopf gerieten die Worte durcheinander, und sie reckte den Hals, um etwas weiter in das Zimmer hineinzuspähen.
    »Miss Chase?«
    »Hm?«
    »Wieso starren Sie in meine Bibliothek?«
    »Oh.« Errötend wandte sie sich zu Downing um. »Ja, das tat ich wohl.«
    »Möchten Sie sich drinnen ein wenig umschauen?«
    Bevor er zu Ende gesprochen hatte, war sie bereits über die Schwelle. Alle Bedenken wegen einer ungebührlichen Ausdehnung ihres Besuchs waren schlagartig verflogen. Desgleichen all die widersprüchlichen Gefühle, die der Viscount in ihr weckte.
    »Sehr gern.«
    Miranda glaubte ein Königreich zu betreten. Bis knapp unter die Zimmerdecke reichten üppig geschnitzte Regale, die leer waren. Am Boden dagegen türmten sich die Bücherstapel, wahre Monolithen aus gedruckten Wörtern und gebundenen Seiten, aus Leder und Pergament, Tinte und Kleister. Der ganze Raum erweckte den Eindruck, eine Riesenhand hätte ihn geschüttelt und ein Chaos erzeugt, das darauf wartete, aufgeräumt zu werden. Der immense Reichtum an Büchern allerdings war unverkennbar. Keine Frage, dass es weit mehr Titel waren als im Laden ihres Onkels und in der Leihbibliothek zusammen …
    »Vor Kurzem habe ich den Raum neu gestalten lassen und zusätzlich eine Büchersammlung geerbt. Deshalb beschloss ich, sämtliche Regale auszuräumen, damit alles neu geordnet werden kann. Einschließlich neuer Bücher. Allerdings werde ich mich sicher von dem einen

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