Sündiges Geheimnis: Roman (German Edition)
oder anderen trennen.« Downing drehte sich um und stieß dabei mit seinem Ellbogen einen der Stapel um.
Zu spät sprang Miranda hinzu. »Sind Sie wahnsinnig? Diese kostbaren Bände …« Entsetzt beobachtete sie, wie er mit einer Stiefelspitze ein geöffnetes Buch anstieß, das sie als eine wertvolle Bilderhandschrift erkannte. »Was machen Sie da?«, rief sie, hob es auf und drückte es an sich. »Das ist unbezahlbar!«
»Nur weil die Währung aus der Zeit, in der es entstand, heutzutage nichts mehr gilt. Völlig überflüssig, über historische Kostbarkeiten zu reden!« Eine wegwerfende Geste bedrohte einen weiteren Stapel, den Miranda jedoch blitzschnell mit ihrer freien Hand rettete.
Dann spürte sie, wie er hinter ihrem Rücken umherwanderte, dabei ihr Kleid streifte. Sie erstarrte, die Hand nach wie vor auf dem Bücherstapel.
»Man sollte eine Wahl treffen, nicht wahr, Miranda?«
Mit ihrer freien Hand presste sie die mittelalterliche Handschrift an ihr rasendes Herz und schwieg.
»Oder man wird unter immer mehr Büchern begraben.«
Ihr Mund wurde staubtrocken. Mühsam schluckte sie.
»Im Chaos herrscht Leben. Deshalb versucht es auch ständig, sich selbst zu ordnen.« Er zeigte auf ihre Hand, die den Stapel festhielt. »Wenn Sie das einfach loslassen …«
»Dabei könnte etwas Wertvolles beschädigt werden.«
Über sein Gesicht glitt ein Schatten. »Diese Möglichkeit besteht immer. Deshalb nenne ich es ein Spiel.«
»Ich verstehe nicht, wovon Sie reden.«
Abrupt kehrte er ihr den Rücken zu. »Nein, natürlich nicht.«
Sie legte die Handschrift vorsichtig auf die dunkelblaue Polsterung eines Sessels, nahm nervös ein paar Bücher von dem Stapel, den sie gerettet hatte, darunter eine wundervolle französische Fibel.
»Offenbar besitzen Sie eine einzigartige Sammlung.«
»Schöne Dinge zu sammeln zählt zu meinem Lebensinhalt.«
Miranda schwieg. Was sollte sie auch zu dieser doppeldeutigen Bemerkung sagen.
»Oft genug zerstöre ich Teile dieser Sammlung.« Lässig strich er über einen anderen Stapel.
»Wenn Sie besser aufpassen und die Bücher nicht mehr herumwerfen würden …«
»Immer wieder glaube ich, das nächste Stück wird die Sammlung vervollständigen und die Leere füllen.« Er griff nach einem Band, dessen Titel sie nicht lesen konnte.
»Was Sie suchen, ist vielleicht schon Ihr Eigentum, Mylord.« Miranda sah sich um. »Irgendwo unter diesem Durcheinander vergraben.«
Lächelnd studierte er den Einband des Buches in seiner Hand. »Darauf wette ich.«
»Sehr gut.« Allmählich ärgerte sie sich über das rätselhafte Gespräch. »Ihre Diener könnten all diese Bände in die Regale räumen, und es würde sich finden, was Sie suchen.«
»Meinem Personal traue ich so etwas Diffiziles nicht zu.«
»Sie könnten ihnen ja genaue Anweisungen geben.«
»Nein.« Er drehte den Band in seinen Händen hin und her. »Außerdem spare ich meine Kräfte lieber für andere Aktivitäten auf«, fügte er hinzu und schleuderte das Buch achtlos auf den Boden.
Miranda zuckte erschrocken zusammen. »Sicher können doch einige Ihrer Dienstboten lesen.«
Was er wohl mit anderen Aktivitäten meinte, fragte sie sich zugleich. So sonderbar, wie er sie dabei anschaute …
»Ja, zweifellos.«
Seinem durchdringenden Blick ausgeliefert, fühlte sie sich zunehmend unbehaglicher. »Ihr Butler oder einer seiner wichtigsten Mitarbeiter? Ihre Haushälterin? Die Leute könnten die Bücher alphabetisch ordnen, und das Problem wäre fast gelöst. Zudem würde das Personal einen solch bedeutsamen Auftrag für ein Privileg halten.«
Kostbare Literatur zu retten, diesem schönen Raum neuen Glanz zu verleihen. Miranda versuchte mit allen Mitteln, Downings Augenmerk von ihr selbst wegzulenken – auf andere Menschen, andere Dinge, damit sie sich wieder daran erinnerte, wie man atmete.
Nun verstand sie noch besser, warum er die Klatschmäuler so brennend interessierte. Nicht allein wegen seines guten Aussehens, seiner Kommentare oder seiner Verführungskünste. Es lag auch an seinem geheimnisvollen Wesen, das sich gegen ihm aufgezwungene Fesseln zu wehren schien und die Frage aufwarf, was geschehen mochte, wenn diese Bande zerrissen. Faszinierend und beängstigend. Was würde er dann tun? Alles zerstören, was ihm in den Weg kam?
»Jemand müsste die Bücher katalogisieren, damit ich überhaupt feststellen kann, was ich besitze.«
Endlich schaute er woandershin, und Mirandas innere Anspannung ließ ein wenig
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