Sündiges Geheimnis: Roman (German Edition)
hatte beschlossen, alles ganz einfach zu genießen, ohne groß nachzudenken und emotionale Komplikationen heraufzubeschwören. Was allerdings nicht bedeutete, dass sie eine Wiederholung von Vauxhall anstrebte.
»Zu einer Vorstellung des Cirque Diamant. Wie gesagt, eine Wiedergutmachung.«
Verblüfft starrte sie ihn an. Davon hatte sie nicht einmal zu träumen gewagt, obwohl er ihr in jener Nacht einen Besuch in Aussicht gestellt hatte. Aber seitdem war viel geschehen. Und dennoch wurde es jetzt wahr.
»Mitten am Tag?«
»Gut beobachtet.«
Der Rhythmus der schaukelnden Kutsche führte dazu, dass ihr Fuß – sie hatte die Beine übereinandergeschlagen – mehrmals gegen sein Schienbein stieß. Beim dritten Mal ergriff er ihre Ferse und massierte den Knöchel ihres Fußes.
»Was machen Sie da?«, stammelte Miranda.
»Anscheinend haben Sie ein nervöses Zucken im Bein, und ich möchte Ihnen helfen.«
»Nicht nötig.«
»Ich bitte Sie! Sie sind selbst so hilfsbereit, sorgen sich um mein Personal, begleiten mich in die Vauxhall Gardens, tragen dieses schöne Kleid, um im dunklen Wagen zu strahlen. Und Sie erhellen meine Tage wie ein Juwel, das in der Sonne funkelt.«
Der neue Schuh glitt von ihrem Fuß, und es war unglaublich erotisch, seine Finger durch den dünnen Seidenstrumpf zu spüren. Wie ein Echo der Gefühlsstürme von Vauxhall.
Sie wollte etwas sagen, konnte jedoch nicht sprechen, war wie gelähmt von seinem Blick. Schweigend verstrichen die restlichen Minuten. Als die Kutsche hielt, streifte er den Schuh wieder über Mirandas Fuß. Das feine Leder saß perfekt. Wie für sie gemacht.
»Wie ein Stern leuchten Sie. Nur für mich.«
Es klopfte an der Wagentür, und nur ungern gab er ihren Fuß frei. Er kam ihr vor wie ein mittelalterlicher Ritter, der die Dame seines Herzens ehrfürchtig berührte. Noch ganz verwirrt griff sie nach Benjamins Hand und ließ sich aus dem Wagen helfen, ging dann am Arm des Viscount zum Claremont. Sie sahen aus wie ein respektables Paar, das eine Aufführung besuchen wollte. Nichts wies darauf hin, dass er soeben ihre Welt mal wieder total durcheinandergebracht hatte.
Ohne die Lichter und die Musik glich die Fassade des Theaters fast einer gewöhnlichen Ladenfront. Erst abends würden Besucher hineinströmen, die Hautevolee nach oben, die breite Masse ins Parterre, von wo sie bewundernd nach oben starrten und die Privilegierten beneideten, die entweder von Geburt an zur Oberschicht gehörten oder sich ihren Reichtum hart erarbeitet hatten.
Verwundert schaute Miranda sich im leeren Zuschauerraum um, als sie an Downings Seite eintrat. Ein Mann in einer bunten Hose kam ihnen entgegen. »Willkommen, Euer Lordschaft – und die schöne Dame.« Formvollendet verneigte er sich. »Genießen Sie unsere halsbrecherischen Künste! Wo möchten Sie sitzen? Die Königsloge wurde blitzblank poliert. Oder bevorzugen Sie die Reihen der Kritiker hier unten?«
Eine plötzliche Bewegung auf der hell erleuchteten Bühne erforderte seine Aufmerksamkeit, und er klatschte in die Hände. Dann rief er: »Mit der ersten Probe sind wir fertig! Auf die Plätze für die zweite! Sagt Eleanore und Leonardo, sie sollen sich bereit machen.« Auf dem Weg nach vorne drehte er sich um. »Wo immer Sie sitzen wollen … Viel Spaß!«
»Eine Probe?«, fragte Miranda.
Seine Augen funkelten voller Übermut. »Wie man mir versichert hat, sind die Proben sogar besser als die Vorstellungen. Manche Kunststücke kann man mehrmals sehen, bis alles perfekt funktioniert.«
»Oh …«, flüsterte sie fasziniert.
»Und wo wünschen Sie Platz zu nehmen, Mylady?«
»Einer Königsloge kann man wohl kaum widerstehen, nicht wahr?«, erwiderte sie. Klopfenden Herzens freute sie sich auf die Darbietungen – und das Zusammensein mit ihm. Wurde sie denn niemals klüger?
Lächelnd reichte er ihr erneut seinen Arm.
Die Königsloge, links von der Bühne und etwas erhöht, bot einen ungehinderten Blick auf die Vorführungen. Trotz der Nähe des Zirkusvolks entstand die Illusion von Privatsphäre. Miranda strich über die Brüstung. Da saß sie nun wie eine richtige Prinzessin. Und das verdankte sie dem Mann an ihrer Seite.
Sie musste sich Mühe geben, dem Geschehen auf der Bühne mehr Aufmerksamkeit zu schenken als ihm, doch sie wollte nichts verpassen. Vorne versammelten sich jetzt die Artisten, Männer und Frauen – einige in Kostümen, andere nur in Unterhemden. Der joviale Mann, der sie vorhin begrüßt hatte, hob eine
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