Sündiges Verlangen: Erotischer Roman (German Edition)
Er deutete auf eine schmale, niedrige Bank mit abgeblätterter Farbe schräg vor ihnen, die früher wahrscheinlich direkt hinter dem nicht mehr vorhandenen Geländer gestanden hatte. »Wenn man sich davor auf den Boden setzt, kann man den Fluss sehen. In der Sonne schimmert er wie flüssiges Gold«, lockte er sie.
»Vor der Bank sitzen? Das ist direkt an der Kante. Das kann ich nicht.« Heftig schüttelte sie den Kopf.
»Vertraust du mir?« Er schob die Hand in seine Jackentasche und holte einen dünnen Baumwollschal hervor, den er vielleicht gegen die Morgenkühle getragen hatte.
Ohne nachzudenken nickte sie. Sie hatte ihm schon bei ihrer allerersten Begegnung vertraut. Instinktiv schloss sie die Lider, als er den Schal vor ihr Gesicht legte und die Enden an ihrem Hinterkopf verknotete. Erst als Dunkelheit sie umgab, wurde ihr klar, dass sie sich ihm an diesem gefährlichen Ort ausgeliefert hatte.
Erschrocken hob sie die Arme, um die Augenbinde zu entfernen, doch er fing ihre Handgelenke in der Luft ein und hielt sie fest. Dann hauchte er zarte Küsse auf ihre Fingerspitzen und ließ seine Zunge in den empfindsamen Zwischenräumen ihrer Finger tanzen. Ihr Blut geriet in Wallung, und sekundenlang vergaß sie, dass sie mit verbundenen Augen dicht vor einem tödlichen Abgrund stand. Der Schauer der Angst, der sie gleich darauf durchrann, war dafür umso eisiger. Mit einem Ruck entriss sie Falk ihre Hände und wollte den Schal aufknoten.
Doch wieder hinderte er sie mit entschlossener Zärtlichkeit an ihrem Vorhaben. Er umschlang sie fest mit beiden Armen, zog sie an sich und küsste sie so heiß, dass in ihrem Körper die eiskalte Angst und das brennende Begehren zusammenstießen, zu einer riesigen Welle anschwollen und sie mit sich rissen. Sie zitterte und wusste nicht, ob sie vor Lust oder Furcht bebte. Sie wollte davonlaufen und lehnte sich gleichzeitig mit ihrem ganzen Gewicht gegen die breite Brust des Mannes, der sie dicht vor dem Abgrund umschlungen hielt.
Obwohl sie spürte, dass er sich mit ihr in seinen Armen langsam zur Seite bewegte, wollte sie nicht, dass er sie freigab. Sie wollte ihn spüren, mit ihm die Aussicht ins Tal genießen, und sie wünschte sich, sie wäre mutig genug dafür.
»Setz dich hierher und lehn dich an.« Falk packte sie bei den Schultern und drückte sie sanft nach unten. In ihrem Nacken spürte sie beruhigend hart die Kante der Bank, die er ihr vorhin gezeigt hatte. Als sie sich auf den Boden sinken ließ, stellte sie fest, dass er auf dem Beton etwas Weiches, Warmes ausgebreitet hatte, wahrscheinlich seine Jacke.
»Von hier aus kannst du alles sehen«, erklärte Falk ihr. Dicht neben sich fühlte sie die beruhigende Wärme seines Körpers. »Der Fluss funkelt wie ein Band aus Diamanten, und die roten Dächer leuchten in der Sonne. Das Tal ist wunderschön grün … Soll ich dir die Augenbinde abnehmen?«
»Ich habe Angst«, flüsterte sie nach einer langen Pause. Solange sie nicht hinunter in die Tiefe schaute, konnte sie ihre Furcht kontrollieren.
»Ich halte dich fest. Du musst keine Angst haben.« Warm legte sich Falks starke Hand über ihre.
»Ich … Ich muss weg.« Plötzlich glaubte Nika, sie könnte keine Sekunde länger hierbleiben. Der Abgrund übte einen fast magischen Sog auf sie aus. Sie hatte das Gefühl, dass sie bei der kleinsten Bewegung über den Rand der Plattform stürzen würde, also konnte sie auch nicht fliehen. Vorsichtig hob sie die Arme und streckte ihre bebenden Hände nach hinten, um sich zu beiden Seiten ihres Kopfes an der Sitzfläche der Bank festzukrallen.
»Ja, so ist es gut. Warte, ich helfe dir.« Falks Atem strich über ihre Wange, als er sich über sie beugte. Etwas Schmales, Festes umschlang ihr Handgelenk und wurde festgezogen. »Wie gut, dass Brutus so ein braver Hund ist und seine Leine nicht braucht.« Sein leises, tiefes Lachen brachte ihr Blut zum Prickeln, und wieder vergaß sie wie durch ein Wunder für einen winzigen Moment den Abgrund.
Tatsächlich ließ ihre Angst nach, als Falk auch ihr anderes Handgelenk mit der Lederleine umwand und festband. Sie konnte nun nicht mehr abrutschen, nicht mehr durch eine unkontrollierte Bewegung in den Abgrund stürzen.
»Jetzt nehme ich dir die Augenbinde ab. Bist du bereit?«
Sie schüttelte heftig den Kopf. »Nein! Noch nicht.«
»Wie du willst. Obwohl es wegen der wunderbaren Aussicht schade ist.«
»Später vielleicht.« Als der Wind ihr zärtlich durch die Haare strich, legte sie
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