Sündiges Verlangen: Erotischer Roman (German Edition)
Helene stand wie meistens am Herd. Was sie dort ständig tat, war Carolina unklar. Aber sie verstand die alte Haushälterin sowieso meistens nicht. Helene gehörte zu Gut Garell wie die alten Eichenmöbel in den unbenutzten Schlafzimmern. Als Carolina vor dreißig Jahren als blutjunge zweite Ehefrau von Robert Garell aufs Gut gekommen war, hatte Helene schon sehr lange hier gelebt. Und sie gab ihr immer noch das Gefühl, sich hier besser auszukennen als die Hausherrin.
Carolina begrüßte Nika einsilbig und setzte sich an ihren Platz. Sie nahm sich eine Scheibe Brot, bestrich sie mit Butter und Honig und biss herzhaft hinein. Fest stand, dass sie sich von einem Mann wie Steffen nicht den Appetit verderben lassen würde. Trotzdem schien der Happen in ihrem Mund immer größer zu werden, je länger sie darauf herumkaute. Schließlich würgte sie ihn mühsam hinunter und spülte mit Orangensaft nach.
»Was macht dich eigentlich so sicher, dass du die richtige Frau für Jan bist?«, wandte sie sich unvermittelt an Nika und schob den Teller mit dem Honigbrot weg. »Wie lange kennt ihr euch?«
Nika schaute ihr direkt in die Augen. »Noch nicht sehr lange«, gab sie in sanftem Ton zu. »Aber da war von Anfang an so eine Vertrautheit. Jan hat es auch gespürt. Und er meint, es macht keinen Sinn zu warten, wenn alles so klar ist. Darin gebe ich ihm recht.«
»Hast du auch eine eigene Meinung?« Carolina wollte, dass Veronika die Ungeduld und die Härte in ihrer Stimme hörte. Dies war der richtige Tag für die Wahrheit.
»Die habe ich, doch ich bin hier derselben Meinung wie Jan«, betonte Nika. »Falls du dir Sorgen machst, es könnte mir allein darum gehen, dass er einen Chauffeur und ein Privatflugzeug hat, so kann ich dir nur sagen, solche Dinge sind mir völlig egal.«
»Aha, ein Chauffeur und ein Privatflugzeug!« Das kam ziemlich gehässig über Carolinas Lippen. Aber verstellen konnte sie sich an diesem Morgen auf keinen Fall. Nicht nachdem Steffen so ehrlich zu ihr gewesen war. »Jan hat keinen Chauffeur, und er besitzt natürlich auch kein eigenes Flugzeug. Hat er das behauptet?«
Nika runzelte nachdenklich die Stirn. »Nein. Aber darum geht es auch nicht. Mir hat nicht das Flugzeug gefallen, sondern die Tatsache, dass Jan von Anfang an klargemacht hat, wie ernst es ihm mit mir ist.«
»Jan hat in Hamburg einen Freund, der wirklich, wirklich reich ist«, erklärte Carolina, die sich fragte, ob Nika das Geld wirklich so unwichtig fand, wie sie tat. »Dieser Freund leiht ihm schon mal sein Flugzeug und seine Limousine mit Chauffeur. Und Jan ist eben auch nur ein Mann. Gelegentlich vergisst er, den Frauen zu erklären, wem der Luxus gehört. Er hat sein gutes Auskommen, aber solche Dinge gehen doch weit über das hinaus, was er sich leisten kann.«
Nika verzog trotzig den Mund. »Es ist mir egal, ob ihm das Flugzeug gehört.«
»Ist es dir auch egal, wenn er glaubt, dich kaufen zu können?« Prüfend schaute Carolina die junge Frau an. Wenn sie sich leicht in die Flucht schlagen ließ, war sie ohnehin nicht die Richtige für Jan.
Stumm zog Nika die Schultern hoch und ließ sie wieder fallen.
Siehst du wohl, so leicht fängst du an zu zweifeln, an dir und Jan und eurer großen Liebe. Carolina biss nun doch noch einmal in ihr Brot. Ihr Appetit war zurückgekehrt.
»Entschuldige mich bitte.« Nika stand auf, obwohl ihr Teller noch halb voll war.
»Ihr jungen Frauen esst wie die Spatzen«, stellte Helene tadelnd fest. Sofort war sie am Tisch, um das benutzte Geschirr abzuräumen. Manchmal hätte Carolina die alte Frau am liebsten erwürgt, wenn sie wie ein Geist herbeihuschte, sobald sie meinte, eine jener Aufgaben erledigen zu müssen, für die sie seit undenklichen Zeiten zuständig war.
Als Nika das Haus verließ und in die kühle Morgenluft trat, war das Schwindelgefühl sofort wieder da. Für einen Moment drehte sich alles um sie, der Boden unter ihr kippte nach hinten und schien zu schwanken. Sie stützte sich an der Hauswand ab und atmete tief durch.
Dann stieß sie sich hastig von der Mauer ab. Sie hatte das seltsame und völlig irreale Gefühl, als würde das alte Haus sie hassen und ihr etwas Böses antun wollen.
Wenn nur Jan endlich käme! Falls er sein Versprechen hielt, musste sie nur noch eine einzige Nacht auf Gut Garell allein überstehen. Den Gedanken, dass sie ihren Verlobten im Grunde genauso wenig kannte wie seine Familie, verdrängte sie rasch wieder.
Mit einem unterdrückten Seufzer
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