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Süß ist die Angst

Süß ist die Angst

Titel: Süß ist die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Clare
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vergingen. Da Julian wusste, dass Hunt bewaffnet war, würde er nicht zögern zu schießen, wenn er einen Grund dafür bekam. Und falls Hunt eine Waffe an ihren Kopf hielt, war das für Julian mehr als Grund genug.
    Sie durfte nicht zulassen, dass es dazu kam.
    Und es war Zeit, dass sie sich wieder auf das Notwendige konzentrierte. Sie konnte Megan und Hunt nur helfen, wenn sie dieses Schwein fanden, das Cross’ Komplize gewesen war. Das konnte sie aber nicht tun, wenn sie sich selbst bemitleidete oder sich über Dinge grämte, die vielleicht niemals eintrafen. Sie war Journalistin, und deshalb musste sie diese Sache endlich wieder so behandeln wie jede andere Recherche auch.
    Sie würde sich heute Nachmittag hinsetzen, ihre Notizen durchsehen und sie mit Hunt besprechen, um mit ihm gemeinsam vielleicht auf neue Ideen zu kommen. Dann würde sie Tom mailen und nachfragen, ob das DOC auf ihre Aktenanforderung reagiert hatte. Vermutlich nicht. Sobald man dort gehört hatte, dass sie festgenommen worden war, hatte man den Antrag wahrscheinlich in den Müll geworfen.
    Während sie die To-do-Liste in ihrem Kopf zusammenstellte, kämmte sie ihr Haar zu Ende, legte Make-up auf und schlüpfte in das blaue Baumwoll-T-Shirt und die grauen Boxershorts, die Hunt ihr zum Anziehen gegeben hatte, ihre Sachen befanden sich gerade in der Waschmaschine. Dann nahm sie die Packung Plan B aus der Tüte, öffnete sie und las die Gebrauchsanleitung.
    Sie hatte das Medikament noch nie zuvor genommen, da sie stets vorsichtig gewesen war. Aber die vergangene Nacht hatte sie in vieler Hinsicht überrascht. Sie war sich nicht bewusst gewesen, wie sehr sie ihn gebraucht hatte und welche Verbindung zwischen ihnen bestand, und auch der Sex selbst hatte sie so gründlich aus der Bahn geworfen, dass sie erst am Morgen über Empfängnisverhütung nachgedacht hatte.
    Weswegen man das Ding wahrscheinlich auch »die Pille danach« nennt.
    Sie las den Waschzettel durch und ging mit der Packung in die Küche, um sich ein Glas Wasser zu holen. Vom Keller, wo Hunt Gewichte stemmte, drang der dumpfe Bass von Nine Inch Nails herauf. Sie suchte die Regale ab, bis sie ein Trinkglas gefunden hatte, ließ Wasser hineinlaufen und drückte die erste Pille in ihre Hand. Das Medikament war zwar nicht narrensicher, aber die einzige Möglichkeit, nun da …
    Ich wollte immer ein Vater sein … eine Familie haben.
    Sie hob die Pille an die Lippen, zögerte aber. Wenn die Polizei ihn schnappte – und das konnte jeden Moment passieren –, war alles vorbei. Er würde nie wieder tun können, was er gestern getan hatte. Er würde nie wieder eine Chance haben, eine Frau zu lieben, sich in ihr zu verlieren, sie zu schwängern. Er würde niemals Vater sein können, und sie würde niemals …
    Hunts Baby bekommen?
    Gott – das konnte sie doch nicht ernsthaft denken, oder?
    Doch das Klopfen ihres Herzen und der leichte Schwindel, der sie plötzlich überkam, sagten ihr, dass sie es tatsächlich tat.
    Sie konnte sich jetzt nicht leisten, schwanger zu werden. Ihr ganzes Leben war aus den Fugen geraten. Verbrecher, Gesetzeshüter, Drogen, Gefängnis und Waffen – inklusive allem, was dazugehörte. Falls sie ihren Job verlor, hatte sie nicht mehr die Mittel, um ein Kind großzuziehen. Und wenn sie rehabilitiert worden war und wieder in der Redaktion saß, war keine Zeit, sich um ein Baby zu kümmern. Und nicht zuletzt: Was würde geschehen, wenn sie ins Gefängnis musste?
    Sie starrte die kleine, weiße Pille auf ihrer Handfläche an.
    Und wenn gerade jetzt ein Ei und ein kleines Spermium auf Kollisionskurs waren? Wenn sie sich zusammentun wollten? Wenn sie bloß Stunden davon entfernt war, schwanger zu werden?
    Diese Pille würde es verhindern.
    Und das wollte sie ja schließlich, oder? Natürlich wollte sie das.
    Nie und nimmer würde sie für irgendeinen Mann Babyaufzuchtstation sein – nicht einmal für Hunt. Hatte sie nicht neulich im Supermarkt bereits gründlich darüber nachgedacht? Oh ja, das hatte sie, obwohl eine Schwangerschaft da nur Teil einer unbedeutenden Phantasie gewesen war, keine reale Möglichkeit.
    Sophie legte sich unwillkürlich die Hand auf den Bauch, als sie sich vorstellte, wie er rund wurde wie bei Tessa. Ihre Gebärmutter schien sich wie zustimmend zusammenzuziehen, und ein Prickeln, das sich nach Begierde anfühlte, fuhr durch ihren Unterbauch. Ihr biologisches Ich stimmte augenscheinlich freudig zu.
    Aber was sollte mit dem Baby geschehen?

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