Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Süß ist die Angst

Süß ist die Angst

Titel: Süß ist die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Clare
Vom Netzwerk:
mit den Knien gegen das Blech und rammte, als sie hinfiel, mit der Wange die Wagenseite.
    Einen Augenblick lang lag sie flach auf dem Rücken im Schnee, die Arme schmerzhaft über dem Kopf gestreckt, und spürte das Pochen der Wange und die eisige Kälte. Dann zwang sie sich, Luft zu holen, und versuchte, sich wieder auf die Füße zu ziehen. Doch der Schnee war tief und rutschig, und sie fand keinen Halt, und so versuchte sie es wieder und wieder, bis sie keuchend und am ganzen Körper vor Kälte zitternd eine Pause machen musste. Ihre Handgelenke waren aufgeschürft und brannten, ihre Arme taten höllisch weh, und ihr Rock hatte sich bis zu den Hüften hinaufgeschoben.
    Toll gemacht, Alton. Noch so eine großartige Idee?
    Und endlich begriff sie, dass sie jetzt in ernsthaften Schwierigkeiten steckte.
    Falls Hunter nicht bald zurückkehrte, brauchte sie sich nicht mehr zu fragen, ob er sie wohl umbringen wollte oder nicht.
    Sie würde bereits erfroren sein.
     
    Marc nahm einen Rucksack von der Wand und begann, ihn zu füllen. Der Laden besaß offenbar keine Alarmanlage, was seine Arbeit ungemein erleichterte, aber er musste sich trotzdem beeilen. Sophie durfte nicht noch mehr auskühlen. Er hätte sie mit hineinnehmen können, aber sie hätte unweigerlich versucht, zu fliehen, zu telefonieren oder ihn mit einem Skistock zu erstechen, und sie hätten noch mehr Zeit vergeudet. Besser, rasch zusammenzuraffen, was er brauchte, und weiterzufahren. Sie hatten noch ein gutes Stück vor sich.
    Stirnlampe, GPS , Batterien. Eine wasserdichte Uhr. Taschenmesser. Eispickel. Einen Kochtopf. Zelt. Thermoschlafsäcke. Seile. Steigeisen.
    Seit fast einer Stunde versuchte er sich darüber klarzuwerden, ob er sich zu erkennen geben sollte oder nicht. Sie musste es nicht wissen. Sie konnte es auch so durchstehen. Aber ein Teil von ihm wollte, dass sie es wusste. Vielleicht würde sie sich weniger fürchten, wenn sie wusste, wer er war, und er verabscheute es, ihr Angst einzujagen. Im Übrigen konnte er sich nichts vormachen, auch wenn er es schon die ganze Zeit mit aller Kraft versuchte: Es ärgerte ihn maßlos, dass sie ihn anscheinend vergessen hatte, während er die Erinnerung an diese eine Nacht wie ein gottverdammtes Juwel mit sich herumgeschleppt und gehütet hatte.
    Wie viele Nächte hatte er sich an diese Erinnerung geklammert, damit er nicht durchdrehte? Wie oft hatte er sich erfolgreich gegen Verzweiflung und Einsamkeit zur Wehr gesetzt, indem er sich erinnerte, wie er mit ihr gesprochen hatte? Und wie oft hatte er sich einen runtergeholt und dabei daran gedacht, wie er in sie versank?
    Keine Frau vorher oder nachher hatte ihn so berührt wie Sophie, und sie erinnerte sich nicht einmal!
    Schneeschuhe. Unterziehhandschuhe und Socken aus Polycolon. Lange Unterwäsche, Männer und Frauen. Mützen. Stiefel. Skihosen. Rollis. Fleece. Jeans.
    Also – was hielt ihn davon ab, es ihr zu sagen? Warum hatte er es nicht längst getan? Warum hatte er sie nicht dazu gebracht, sich an ihn zu erinnern?
    Er kannte die Antwort natürlich.
    Er war nicht sicher, ob sie den Mann, der er jetzt war, kennen sollte.
    Handwärmer. Wasserdichte Streichhölzer. Kerzen. Tütennahrung. Energieriegel. Löslicher Kaffee. Jodtabletten. Biologisch abbaubares Shampoo und Seife. Einmalrasierer. Klebeband. Wasserflaschen. Verbandkasten.
    Wegen ihm hatte sie heute die Hölle durchgemacht. Er hatte sie im Glauben gelassen, dass er sie töten würde. Er hatte ihr Leben im Gefängnis und auf dem Highway riskiert. Er hatte ihr nacktes Entsetzen eingeflößt. Und er hatte es wissentlich getan.
    Bitte nicht. Ich wollte doch nur Ihrer Schwester helfen.
    Die Reue, die er so standhaft zu verdrängen versuchte, grub sich in seine Eingeweide. Aber wieder schüttelte er sie ab. Er hatte nur getan, was er hatte tun müssen.
    Irgendwo da draußen waren Megan und die kleine Emily, und die beiden brauchten seine Hilfe.
    Er ging zur Kasse, holte vierzig Dollar heraus und stopfte sie in eine der vielen Taschen des Rucksacks. Dann hob er in einer Eingebung die Kassenschublade hoch und fand weitere zweihundert Dollar in Zehner-Scheinen.
    »Na, das ist doch schon besser.«
    Er ging zum Ständer mit den Parkas, nahm einen vom Bügel, zog ihn an und hievte den schweren Rucksack auf den Rücken. Ein greller Schmerz durchfuhr ihn, als der gepolsterte Riemen mit der Wunde in Berührung kam. Dann griff er einen zweiten Parka für Sophie und verließ das Geschäft.
    Er würde ihr sagen,

Weitere Kostenlose Bücher