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Süß ist die Angst

Süß ist die Angst

Titel: Süß ist die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Clare
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anderen. Er war einmal ein Agent gewesen. Und er wusste aus eigener Erfahrung, dass nichts so auffällig war wie ein unauffälliger Fluchtversuch. Wenn er einfach weiterging, einfach einen Fuß vor den anderen setzte, würden sie das sehen, was sie zu sehen erwarteten – einen ganz normalen Passanten.
    Links. Rechts. Links. Rechts.
    Er überquerte die Nebenstraße, während der Streifenwagen immer näher kam. Nun war er keine drei Meter mehr von ihm entfernt. Die Reifen knirschten im Schnee. Er zog den Kopf ein, als wollte er sich vor dem Wind schützen, und spürte die Glock dick und klobig in seinem Hosenbund.
    Wenn sie ihn anhielten, ihn durchsuchten …
    Rot-blaues Licht blitzte auf.
    Lichter. Die Sirene setzte ein, heulte los.
    Er wollte gerade davonstürmen, als sie an ihm vorbeizogen, um die Ecke bogen und hinter ihm verschwanden.
    Marc atmete die Luft aus, die er, wie er erst jetzt bemerkte, angehalten hatte. Sein Herz hämmerte so fest gegen die Rippen, dass es weh tat.
    Herrgott noch mal!
    Er atmete die kalte Luft ein, verlangsamte sein Tempo, ging gleichmäßig weiter.
    Reiß dich zusammen, du Weichei.
    Marc war nun schon fast eine Woche in Denver und passte sich langsam, aber sicher wieder an den Rhythmus der Straße an. Er warf nicht mehr bei jedem sich nähernden Wagen einen Blick über die Schulter, fühlte sich nicht mehr so entblößt, fuhr nicht mehr jedes Mal zusammen, wenn jemand auf die Hupe drückte oder eine Tür zuwarf. Dennoch konnte er sein Misstrauen nicht gänzlich abschütteln, und ständig hatte er das Gefühl, er müsse sich nach Verfolgern umschauen und möglichst oft in Deckung gehen.
    Die vergangene Woche hatte er fast ausschließlich damit verbracht, auf den Straßen nach Informationen über Megan zu suchen. Aber bisher hatte er nichts gefunden. Keine Spur, keinen Hinweis, kein Garnichts.
    Megan hatte keine ihrer üblichen Örtlichkeiten aufgesucht. Sie hatte sich in keiner Obdachlosenunterkunft verkrochen. Keine ihrer alten Freundinnen hatte sie gesehen, und obwohl die eine oder andere mitbekommen hatte, dass Megan gegen die Bewährungsauflagen verstoßen hatte, wusste niemand, wohin sie sich gewandt haben mochte. Und er glaubte den Leuten. Wenn etwas einen Süchtigen zum Reden brachte, dann Geld, und er hatte mit vielen Scheinen gewedelt.
    Jeden Abend kehrte er frustriert in sein Motelzimmer zurück und loggte sich ins Internet ein, um in den überregionalen Zeitungen nach Hinweisen auf eine unidentifizierte weibliche Leiche oder ein ausgesetztes Baby zu suchen. Wenn er einigermaßen sicher sein konnte, dass man weder Megan noch Emily tot aufgefunden hatte, versuchte er, die Datenbank des DOC zu knacken, musste jedoch jedes Mal einsehen, dass seine lückenhaften IT -Kenntnisse dafür nicht ausreichten. Er hätte einen echten Profi engagiert, wenn er genügend Geld gehabt hätte, aber dazu hätte er eine Bank ausrauben müssen, und das ging, wenigstens im Augenblick, über seine kriminellen Ambitionen hinaus.
    Obwohl er seine falsche Identität nutzen konnte, um die für ihn interessanten Akten anzufordern, würde es Wochen, vielleicht sogar Monate dauern, bis er bekam, was er wollte. Er wusste aus Erfahrung, dass der Staat nur Anfragen ernst nahm, die von offizieller, beglaubigter Stelle kamen, Anwaltsbüros, Polizeidienststellen, Journalisten.
    Denk nicht einmal dran, Hunter.
    Natürlich hatte er dran gedacht. Oft und ausgiebig sogar, über sie, genauer gesagt. Aber nie im Leben würde er sie um Hilfe bitten. Er wollte nicht, dass sie in diese Sache verwickelt wurde, zumal er selbst nicht einmal wusste, mit wem oder was er es zu tun hatte. Es war zu gefährlich für Sophie.
    Vor ihm bog Thompson von der East Colfax auf die Race Street und steuerte nach einem halben Block auf ein schäbiges Haus zu.
    Marc schloss mit raschen Schritten zu ihm auf. Er war seit zehn Stunden auf Thompsons Spuren und wartete nur auf einen geeigneten Moment. Sie beide waren doch praktisch eine Familie. Es war Zeit, sich miteinander bekannt zu machen.
    Gerade als Thompson durch die Tür eintreten wollte, hatte Marc ihn erreicht.
    »Donny Thompson?«
    Thompson fuhr herum.
    »Was soll das?«
    »Ich suche Megan Rawlings.«
    »Kenn ich nicht. Was bist du – ’n Bulle?« Thompson versuchte, ihm die Tür vor der Nase zuzuschlagen.
    Aber Marc quetschte sich hinein und streckte Thompson mit einem altbewährten Fausthieb zu Boden. Nicht besonders ausgefeilt, aber sehr befriedigend. Mit dem Fuß stieß er

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