Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Süß ist die Angst

Süß ist die Angst

Titel: Süß ist die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Clare
Vom Netzwerk:
Truppe Vergewaltiger, die in der Dusche lauerten und nur auf den geeigneten Moment warteten, ihn zu Boden zu ringen und sich über ihn herzumachen.
    Ich bring dich schon zum Schreien, Hunter!
    Und dann, mit einem Mal begriff er.
    Er war nicht mehr im Gefängnis.
    Er war allein. In einem Motel. In Denver.
    Er war draußen!
    Er begann zu zittern, sein Atem kam plötzlich stoßweise, in seinen Ohren pochte das Blut. Er schloss die Augen, legte die Wange an die gekachelte Wand und ließ das Wasser über seine Haut strömen.

[home]
8
    S ophie ließ ihren Bauern um ein Feld vorrücken. Ein harmloser Zug, nahm sie an. Aber sie hatte Schach noch nie begriffen, sooft ihr Vater oder ihr Bruder es ihr auch beizubringen versucht hatten.
    David rückte ebenfalls mit einem Bauern vor. Er wirkte leicht amüsiert.
    Da Sophie keine Ahnung hatte, was sie tun sollte, und es sie auch nicht wirklich interessierte, setzte sie einen anderen Bauern. Er bewegte den Springer. Sie machte einen Zug mit dem Turm und musste zusehen, wie er ihn sich mit dem Läufer holte.
    »Das kann nicht sein! Dein Läufer war viel zu weit weg.«
    Er verdrehte seine blauen Augen und tat, als sei er verärgert, aber er konnte das Grinsen nicht unterdrücken.
    »Läufer dürfen diagonal gehen, und zwar so weit, bis sie entweder auf eine andere Figur treffen oder vom Brett fallen.«
    Sie schnaubte.
    »Du denkst dir die Regeln doch nach Lust und Laune aus.« Aber in diesem Moment sah sie ihre Chance. Sie rückte mit einem Bauern vor und schlug seinen Läufer. »Ha!«
    Er zog eine Braue hoch, nahm seinen König und machte den nächsten Zug.
    »Sag Bescheid, wenn du einen Tipp willst.«
    »Brauch ich nicht.« Sie schlug einen seiner Bauern.
    Er schüttelte den Kopf und ging mit seiner Dame zur Spielbrettmitte.
    »Ziege. Ich kann sie nicht ausstehen«, maulte Sophie und zog ein weiteres Mal mit einem Bauern nach.
    Er nahm erneut die Dame und rückte ein einziges Feld vor. »Schachmatt.«
    »Jetzt schon?« Sie starrte ungläubig aufs Spielfeld. »Ich fasse es nicht.«
    In der Küche piepte der Timer am Herd. Der köstliche Duft ihrer Spezialkekse, Chocolate-Chips ohne Schokostückchen, zog durch die ganze Wohnung.
    David erhob sich.
    »Ich habe mich schon immer gefragt, wie du einerseits so klug und andererseits so vollkommen dämlich in Bezug auf ein schlichtes Strategiespiel sein kannst.« Mit einem breiten Grinsen ging er in die Küche.
    »So schlicht ist das gar nicht. Du hast eben Dads Mathetalent geerbt«, rief sie ihm nach.
    Er flog morgen früh zurück nach Kalifornien, und Sophie hätte ihn am liebsten nicht gehen lassen. Unter was für Umständen auch immer, sie war furchtbar gerne mit ihm zusammen. Er war alles, was von ihrer Familie übrig geblieben war, der Einzige, der ihre Erinnerungen an Weihnachtsmorgen, Picknicks im Frühling und träge Sommernachmittage im Garten teilen konnte.
    Sie wusste nicht, wie sie die vergangene Woche ohne David hätte überstehen sollen. Er war ihr Fels in der Brandung gewesen, hatte eingekauft, gekocht, geputzt, hatte darauf bestanden, dass sie sich ausruhte, hatte sogar die Versicherung angerufen, damit etwas mit ihrem verbeulten Wagen geschah. Er hatte ihr zugehört, wenn sie reden wollte, sie im Arm gehalten, wenn sie weinen musste, und hatte sie vom Grübeln abgelenkt. Am Valentinstag hatte er ihr eine Karte geschenkt, mitsamt roter Rose und Pralinen.
    Wann genau war ihr kleiner Bruder eigentlich so erwachsen geworden?
    Sie konnte sich noch gut an den Tag erinnern, an dem er geboren worden war. In den Augen der 4 -Jährigen, die sie gewesen war, hatte er eher wie eine schrumpelige Kartoffel ausgesehen als wie ein lebender Mensch. Auch in Cowboyweste oder mit Plastikfeuerwehrhelm hatte er sie Jahre später wenig beeindrucken können, und als er seine bescheuerte Power-Ranger-Phase durchgemacht hatte, hatte es sie alles an jugendlicher Beherrschung gekostet, ihm nicht eine vor den Latz zu knallen.
    Jetzt allerdings war er gut zwölf Zentimeter größer als sie, so attraktiv, dass Frauen sich nach ihm umdrehten, und angehender Tierarzt. Er hatte sich zu einem ernstzunehmenden jungen Mann entwickelt. Es rührte sie sehr, dass er sofort alles hatte stehen- und liegenlassen und nach Colorado geflogen war, sobald ihn die Nachricht von ihrer Geiselnahme erreicht hatte.
    Mom und Dad wären so stolz auf ihn gewesen.
    Sie schluckte den Kloß im Hals hinunter, lehnte sich auf der Couch zurück und zog die Decke bis zum Kinn hoch.

Weitere Kostenlose Bücher