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Sueß, naiv und intrigant

Sueß, naiv und intrigant

Titel: Sueß, naiv und intrigant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecily von Ziegesar
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nicht recht, wohin, sie wusste nur, dass sie wegmusste. Sie hatte es satt, Bier zu trinken und dämliche Spiele zu spielen und sich von Leuten anlügen zu lassen, die sie für Freunde gehalten hatte. Ein schreckliches Bild tauchte vor ihr auf. Sie sah Easy und Callie, die über sie lachten, weil sie geglaubt hatte, dass sie alle Freunde seien. Sie konnte fast hören, wie Callie sagte: »Nicht zu fassen, dass sie tatsächlich gedacht hat, du magst sie mehr als mich.« Jenny stolperte über etwas, das auf dem Boden lag. Ein Maiskolben war ihr zwischen die Füße geraten. Sie kickte ihn heftig weg, und er flog durch die Luft und knallte laut gegen ein Silo aus Metall, das vor ihr aufragte.
    »Du solltest lieber aufpassen, auf was du zielst. Du könntest einen unbeteiligten Zuschauer treffen.« Jenny sah auf und das Herz blieb ihr fast stehen. Julian. Er saß auf einem Baumstumpf neben dem Silo und hatte einen leeren Plastikbecher in der Hand.
    Ein total irres Gefühl durchströmte sie. Es war, wie wenn man aus heiterem Himmel etwas geschenkt bekam, von dem einem nicht mal bewusst gewesen war, dass man sich wahnsinnig danach verzehrte und sehnte. Wie heute Morgen, als Jenny das Paket von ihrem Vater geöffnet und eine Tupperdose mit Kürbis-Schokochips-Muffins aus der Bäckerei auf der Amsterdam Avenue herausgefischt hatte, dem wahrscheinlich tröstlichsten Gebäck auf Erden.
    Natürlich ließ sich das nicht mit dem Gefühl vergleichen, das Jenny packte, als Julian vor ihr auftauchte, urplötzlich, genau in dem Moment, als die Welt sich so hundsgemein anfühlte. Nach ihm hatte sie den ganzen Abend Ausschau gehalten.
    »Was machst du denn hier draußen im Dunkeln?«, fragte Jenny, verwirrt, dass alles so Schlag auf Schlag passierte. Gerade erst hatte sie sehen müssen wie ihr Exfreund, von dem sie angenommen hatte, dass sie ihn liebte, nackt mit seiner Exfreundin zusammen war, ihrer Mitbewohnerin, die wiederum einen Pakt mit ihr laufen hatte, nach dem sie angeblich beide für immer mit Easy fertig wären. Schöner Pakt. Sie versuchte, das schreckliche Gefühl abzuschütteln, dass sie im großen Stil einem Riesenschwindel auf den Leim gegangen war.
    Wie immer hatte Julian eine Antwort parat. »Hab mir’ne Auszeit genommen.«
    Jenny lachte. »Du meinst wohl, du versteckst dich?« Aus irgendeinem Grund hatte sie in Julians Gegenwart immer den Drang, frech zu sein – als ob der Teil ihres Gehirns fix einen Urlaub hinlegte, der sie normalerweise davon abhielt, das Erstbeste zu sagen, das ihr in den Kopf schoss. Aber Julian schien es nicht zu stören.
    »Tjaaaa.« Julian dehnte das Wort und zerquetschte geräuschvoll den Plastikbecher in seiner Hand. Er seufzte. »Stimmt irgendwie.« Dann klopfte er einladend auf den Platz neben sich. Sie ließ sich neben ihm nieder und hütete sich zu fragen, vor wem er sich versteckte.
    Wie sie so zusammen auf dem Baumstumpf saßen, spürte Jenny geradezu, wie nah ihr Bein neben seinem stand. Kaum drei Zentimeter Luft trennten sie. Ein paar Minuten lang sagte keiner von ihnen ein Wort. Sie saßen nur da und lauschten den schwachen Geräuschen des Films in der Ferne. Merkwürdigerweise war ihr Schweigen nicht ungemütlich.
    Schließlich fing Julian in der Dunkelheit zu sprechen an und Jenny konnte seinen Atem in der kühlen Nachtluft sehen. »Es ist irgendwie ganz cool hier. Wenn es nur nicht so ein... Affentheater wäre.« Sein halblanges braunes Haar hatte er hinter die Ohren gestrichen, die Spitzen berührten gerade noch die Schultern seiner olivgrünen Fleece-Jacke. Jenny sah auf seine Füße hinunter. Seine alten schwarzen Tretorns wirkten riesig, besonders neben ihren kleinen Stiefeln mit der abgerundeten Spitze. Aber irgendwie gaben die beiden ein niedliches Bild ab, so nebeneinander.
    »Willst du zurück und den Film anschauen?«, fragte sie, in der Hoffnung, dass er darauf keine Lust hatte.
    Er drehte sich zu ihr um. Das Mondlicht fiel auf seine dunkelbraunen Augen und Jenny konnte praktisch die kleinen goldenen Pünktchen darin zählen. »Nein«, sagte er schlicht.
    Sie wurde rot, und ihre Hände, die sie in die Taschen ihres Pullovers geschoben hatte, wurden feucht. Was ging hier vor? Was passierte da... zwischen ihnen? Oder spielte ihr nur ihre Einbildung einen Streich? Auf einmal war sie ein bisschen nervös. »Mir ist gerade, äh, was Seltsames passiert.« Sie hatte das Bedürfnis, ihm von ihrer Entdeckung zu erzählen. Sie wusste nicht, warum ihr das so wichtig war, aber sie

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