Suess und ehrenvoll
ist?« Die Soldaten würden nur den Kopf schütteln und so schnell wie möglich weitergehen. Plötzlich packte mich die Angst, und ich lief wie von bösen Geistern gehetzt zu meinen Kameraden, die längst weitergegangen waren.
Wann hören die Albträume endlich auf? Seit ich Dich kenne, habe ich noch weniger Geduld, diesen endlosen Krieg zu ertragen. Ich muss mich zusammenreißen und meine inneren Nöte bezwingen, sonst überstehe ich das Kommende nicht.
Was mir hilft und Hoffnung einflößt, ist der Glaube an Deine Liebe. Danke, Élise. Danke, dass es Dich gibt.
Ewig der Deine – Louis
Im Februar wurde Louis zu Bataillonsführer Oberstleutnant Paul Jacques de la Meurette gerufen. Als er eintrat, waren die Kompanie- und Abteilungsführer schon vollzählig versammelt. Darunter war auch ein Feldwebel, den er nicht kannte. Während er den Mann musterte, eröffnete der Bataillonschef die Besprechung: »Unsere Lage ist nicht gut. Trotz aller Angriffe schaffen wir es nicht, die deutschen Linien zu durchbrechen.«
Einer der Kompanieführer sagte bitter: »Wenn es so leicht wäre, die gegnerische Verteidigung zu durchstoßen, hätten wir den Krieg schon längst gewonnen.«
Ein anderer warf ein: »Zu unseren Gunsten sei gesagt, dass wir unsere Linien gehalten haben.«
Da ergriff de la Meurette wieder das Wort: »Wir versuchen schon seit geraumer Zeit, die feindlichen Fronten mit konventionellen Sturmangriffen zu durchbrechen, was uns oft genugmisslungen ist. Für die Ergebnisse, die wir erzielt haben, sind unsere Verluste zu hoch. Es wird Zeit, dass wir eine andere Kampftaktik anwenden. Doch bevor ich das näher erläutere, möchte ich betonen, dass diese Besprechung streng geheim ist und kein Wort davon an das Bataillon gelangen darf. Jede Verletzung der Geheimhaltung wird von mir persönlich streng geahndet werden.« De la Meurette sah die Offiziere der Reihe nach prüfend an und fuhr dann fort: »Anstatt unsere Soldaten in das Niemandsland zwischen den Fronten zu schicken und hohe Verluste in Kauf zu nehmen, werden wir einen unterirdischen Tunnel graben und die feindliche Front in die Luft jagen!«
Als die Kompanieführer entgeistert nachfragten, wie das zu bewerkstelligen sei, lächelte er. »Wir bekommen professionelle Hilfe: eine Gruppe von Bergleuten, die dem Kommando unseres Feldwebels untersteht.« Damit wies er auf den unbekannten Feldwebel und bat ihn, einige Worte zu sagen. »Ich bin Kumpel, wie die anderen Bergleute, die für diese Aufgabe mobilisiert wurden. Wir sind Söhne und Enkel von Bergleuten. Weil unsere Arbeit vor Ort kriegswichtig ist, bin ich der Einzige unserer Schicht, der vor einem Jahr eingezogen wurde. Deshalb hat man mir das Kommando übertragen. Die Bergleute haben keine militärische Erfahrung. Ich habe zwar Erfahrung, kenne aber diesen Frontabschnitt nicht und brauche daher ständige Anleitung.«
Der Bataillonschef nickte. »Die Bergleute werden einen unterirdischen Stollen bis zu den feindlichen Stellungen graben. Wir packen Sprengstoff unter den schwächsten Punkt der deutschen Verteidigungslinie und lassen ihn zum geeigneten Zeitpunkt hochgehen. Gleichzeitig mit der Explosion beginnt der Angriff, der die gegnerische Front durchbrechen wird.«
»Eine ausgezeichnete Idee!«, sagte einer der Kompanieführer. Auch andere Offiziere applaudierten.
Dann wandte sich de la Meurette überraschend an Louis. »Die Bergleute werden an Ihrem Frontabschnitt eingesetzt. Sie werden mit ihnen zusammenarbeiten.«
Louis zögerte nicht. Das Projekt war außergewöhnlich, eine willkommene Abwechslung. Weiter dachte er nicht. »Ich bin bereit«, sagte er.
»Das hätten wir nicht anders von Ihnen erwartet. Sie sollten aber wissen, dass es durchaus kein leichtes Unternehmen ist.« De la Meurette warf ihm einen schwer zu deutenden Blick zu. »Wie Sie gehört haben, wurden diese Bergleute kurzfristig eingezogen, sind also keine regulären Soldaten. Sie kennen unseren Frontabschnitt nicht. Den Stollen werden sie graben, den militärischen Aspekt überlassen wir Ihnen, Naquet. Sie werden über den genauen Zielpunkt des Stollens mitentscheiden und den Bergleuten helfen, die beste Route dorthin zu finden. Als Letztes muss die Sprengladung angebracht und zur Explosion gebracht werden. Für alle diese Aufgaben – mit Ausnahme der Ausschachtungsarbeiten – sind Sie verantwortlich, Naquet. Und jetzt wollen wir auf der Karte die Stelle bestimmen, wo die Sprengung erfolgen soll.«
Der Feldwebel, der
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