Süße Herzensbrecherin
geliebäugelt, seinen Sekretär zu beauftragen, eine höfliche Absage zu verfassen, obwohl die Feste, die die Dame ausrichtete, als außerordentlich unterhaltsam galten. Edward, der nach einem Besuch bei Freunden auf dem Land nach London zurückgekehrt war, hatte ihn schließlich überredet, an der Veranstaltung teilzunehmen. Sein Cousin war in der letzten Zeit außerordentlich guter Laune, und William wollte wissen, weshalb. Mochte der Grund für seine Hochstimmung vielleicht eine junge Dame sein?
Er betrat Lady Monktons Ballsaal mit der Absicht, den Abend zügig hinter sich zu bringen. Da ihm nicht der Sinn danach stand, Konversation zu machen mit all den Leuten, die es nach seinem langen Aufenthalt in Spanien kaum erwarten konnten, sich mit ihm zu unterhalten, hielt er nach einem Plätzchen Ausschau, an dem er möglichst unbehelligt bleiben würde, und begab sich, kaum dass er eine ruhige Nische entdeckt hatte, schnurstracks dorthin.
Vom Tablett eines vorbeigehenden Lakaien nahm er sich ein Glas Champagner und lehnte sich entspannt gegen die Wand. Sein Standort war günstig; von hier aus konnte er das Treiben im Saal ungestört beobachten. Als er Edward mit einem zierlichen, außergewöhnlich hübschen Mädchen übers Parkett wirbeln sah, musste er lächeln. Die Kleine war in ein weißes Seidenkleid gehüllt und trug eine adrett gebundene blaue Schärpe um die hohe Taille. Die ineinander versunkenen Blicke der beiden verrieten William, dass die junge Dame der Grund war für Edwards heiteren Gemütszustand.
William legte die Stirn in Falten. Jeder, der Augen im Kopf hatte, konnte sehen, dass die zwei jungen Leute ineinander verliebt waren – eine Tatsache, die er selber alles andere als erbaulich fand. Erstens war sein Cousin noch viel zu jung, und zweitens erwartete er von Edward, dass er in sein Regiment eintrat. Und dies würde zumindest erschwert, wenn er eine verfrühte Verbindung einging, obendrein eine aus Liebe. Beseelt von seinen Hoffungen und erfüllt von der Sorge um die Zukunft des jungen Mannes, nahm William sich vor, Edwards Gebaren aufmerksam zu verfolgen und eine mögliche Liebschaft zu vereiteln.
Vorläufig beruhigt, ließ er den Blick durch den Raum schweifen. Plötzlich fiel ihm eine junge Dame auf, die am gegenüberliegenden Ende der Tanzfläche stand. Er betrachtete sie flüchtig und wollte schon die neben ihr stehenden Gäste in Augenschein nehmen, als irgendetwas an ihr sein Interesse weckte. Ihre Haltung und die Art, wie sie den Kopf neigte, kamen ihm vertraut vor – und mit einem Schlag kehrte die Erinnerung zurück. Miss Greenwood! Erstaunt stellte er fest, dass er sich freute, sie wiederzusehen. Seine Miene erhellte sich augenblicklich, und er war nicht in der Lage, seinen Blick von ihrer schlanken Gestalt zu lösen. Es überraschte ihn, welche Wirkung ihr völlig verändertes Äußeres auf ihn hatte.
Hatte er bei ihrer Begegnung vor einigen Tagen den Eindruck gehabt, es mit einer unnahbaren, wenngleich temperamentvollen jungen Dame zu tun zu haben, die sich obendrein wenig schmeichelhaft kleidete, so sah er nun ein märchenhaft schönes Geschöpf vor sich. Miss Greenwood war in eine Robe aus weißem Satin gehüllt, die sich reizend um ihre weiblichen Formen schmiegte. Mit wahrhaft königlicher Haltung schlenderte sie von Gruppe zu Gruppe, als mache ihr der Lärm und das Gewimmel um sie herum nichts aus. Ihre großen blaugrünen Augen unter den exotisch geschwungenen Brauen strahlten wie Edelsteine, deren Leuchtkraft von den dichten schwarzen Wimpern nur noch betont wurde.
Als Frauenkenner, der er war, beobachtete William sie ganz unvoreingenommen. Er würde Makel erkennen, die andere nicht sahen, doch er fand nur Vollkommenheit an ihr. Ihr Teint wirkte rosiger in dem festlich erleuchteten Saal, und ihr Haar schimmerte in unzähligen Goldnuancen, wenn sie unter dem funkelnden Kristallleuchter stand. Das kleine Diamantcollier auf ihrem Dekolleté verlieh ihrer atemberaubenden Erscheinung den letzten Schliff.
Sie gehört in prachtvolle Kleider, entschied William. Und Juwelen stehen ihr ausnehmend gut. Doch wer war sie wirklich, und was hatte sie bei dieser vornehmen Gesellschaft zu schaffen? Er blieb an Ort und Stelle, um die anziehende Miss Green wood mit ihrer unvergleichlichen Contenance, durch die sie sich so auffallend von den anderen weiblichen Geschöpfen im Saal unterschied, noch eine Weile zu bewundern.
„William, ich hoffe, du wirst mich in deine Gedanken einweihen, wo
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