Suesse Hoelle
dass er ihnen diese Frage überhaupt stellen musste
Dane zuckte mit den Schultern. »Übersinnliche Fähigkeiten? So ein Quatsch, Leutnant. Das ist der größte Unsinn, den ich je gehört habe.«
Marlie Keen bewegte sich, langsam entkrampften sich ihre Hände, als fiele ihr diese Bewegung schwer. Und genauso langsam wandte sie dann den Kopf und sah Dane zum ersten Mal an. Trotz seiner eisigen Wut zogen sich sofort seine Bauchmuskeln zusammen. Kein Wunder, dass Bonness darauf hereingefallen war! Ihre Augen waren von dem tiefen, dunklen, unergründlichen Blau des Ozeans, es waren Augen, in die ein Mann blickte und dann vergaß, was er hatte sagen wollen. Irgend etwas Exotisches lag in diesen Augen, es war mehr als nur die Farbe, eine unermessliche Ferne, die er nicht völlig begreifen konnte. Doch der Ausdruck dieser Augen war durchaus zu verstehen, und Dane wusste ohne jeden Zweifel, dass er sie mit seiner Offenheit nicht gerade überwältigt hatte.
Sie stand auf und sah ihn an, trat ihm gegenüber, als wären sie zwei Gegner im alten Westen, die im nächsten Augenblick die Pistole ziehen würden. Ihr Gesicht war ruhig und eigenartig abwesend. »Ich habe Ihnen gesagt, was geschehen ist«, erklärte sie mit nüchterner, entschlossener Stimme. »Sie können das glauben oder auch nicht, für mich macht das keinen Unterschied.«
»Das sollte es aber«, antwortete er genauso entschlossen.
Sie fragte ihn nicht, warum, obwohl er ihr die Möglichkeit dazu gab. Statt dessen verzog ihr Mund sich zu einem kleinen, humorlosen Lächeln. »Ich stelle fest, ich bin gerade zu Ihrem Hauptverdächtigen geworden«, murmelte sie. »Also, ich möchte Ihnen Zeit ersparen, bitte, hier ist meine Adresse, 2411 Hazelwood, und meine Telefonnummer, 555-9909.«
»Sie kennen den Vorgang«, meinte er mit sarkastischer Bewunderung. »Das überrascht mich nicht.« Er trat einen Schritt näher, so nahe, dass sie aufblicken musste, um in seine Augen zu sehen, so nahe, dass er sie bedrängte und unterschwellig bedrohte. »Oder vielleicht lesen Sie ja nur meine Gedanken, da Sie doch so erstaunliche Fähigkeiten besitzen.« Die letzten Worte betonte er ausdrücklich. »Deshalb können Sie mir vielleicht auch sagen, wie es jetzt weitergeht, es sei denn, Sie brauchen eine Kristallkugel, um zu sehen, was ich denke.«
»Oh, dafür braucht man keine Gedanken lesen zu können. Sie sind nicht direkt originell.« Sie hielt inne, dann bedachte sie ihn noch einmal mit einem kleinen Lächeln. »Ich habe nicht die Absicht, die Stadt zu verlassen.« Sie wich nicht vor ihm zurück, und wieder zogen sich die Muskeln in seinem Bauch zusammen. Auf den ersten Blick hatte sie ausgesehen wie eine Schlampe, ein Nichts, das sich davor fürchtete, sich attraktiver zu machen, doch ein Blick in ihre Augen hatte seine Meinung geändert. Die Frau, die ihm gegenüberstand, besaß keinen Mangel an Selbstsicherheit, und sie war kein bisschen eingeschüchtert von ihm, obwohl er beinahe dreißig Zentimeter größer war als sie. Und noch etwas fiel ihm auf. Verdammt, er konnte sie riechen, es war ein süßer, sanfter Duft, der nichts mit Parfüm zu tun hatte, sondern mit weiblicher Haut. Seine unbewusste Reaktion darauf machte ihn nur noch wütender.
»Sorgen Sie dafür.« Seine Stimme war leise und grob. »Gibt es sonst noch etwas, was Sie in Ihrer Kristallkugel gesehen haben, etwas, was Sie mir sagen möchten?«
»Aber natürlich«, schnurrte sie, und das plötzliche Aufblitzen ihrer blauen Augen sagte ihm, dass er ihr in die Falle getappt war. »Scheren Sie sich zum Teufel, Herr Kommissar! «
4
»Verdammt, Hollister!« Bonness warf ihm einen bösen Blick zu. »Mussten Sie sich so aufführen? Die Frau ist hierhergekommen, um uns zu helfen, um Himmels willen! Sie hat uns erstaunliche Dinge erzählt ...«
»Erstaunlich? Dass ich nicht lache«, unterbrach Dane ihn. Noch immer fühlte er, wie die Wut in ihm anstieg, obwohl sie sich mittlerweile zur Hälfte gegen die eigene Person richtete. »Wenn sie es nicht selbst getan hat, dann war sie zumindest dabei, als der Mord geschah. Sie ist die Täterin oder eine Komplizin und fordert uns jetzt heraus, indem sie etwas Verrücktes faselt von übersinnlichen Fähigkeiten.«
»Sie kannte Einzelheiten, die niemand anders als der Mörder, oder waren es zwei, gewusst haben kann«, mischte sich jetzt Trammell ein. »Herrje, wie oft haben wir alle schon Menschen mit so wunderbaren Fähigkeiten angehört, die uns ihre sogenannten Visionen
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