Suesse Hoelle
kleinen Härchen in seinem Nacken aufrichteten, weil sie in der Gegenwart gesprochen hatte, als würde der Mord in diesem selben Augenblick stattfinden.
»Sprechen Sie weiter«, drängte der Leutnant.
Es dauerte eine Weile, bis sie sich wieder gefangen hatte. Ihre Stimme klang noch tonloser als zuvor, als könne sie sich so von ihren eigenen Worten distanzieren. »Er bringt sie dazu, ihr Nachthemd auszuziehen. Sie weint und fleht ihn an, ihr nichts zu tun. Das gefällt ihm. Er möchte, dass sie bettelt. Er möchte, dass sie glaubt, dass er ihr nichts tun wird, wenn sie das tut, was er von ihr verlangt. Es macht mehr Spaß, wenn ihr dann endlich klar wird ... «
Sie brach ihre Erklärung ab, beendete den Satz nicht. Nach einem Augenblick nahm sie den Faden wieder auf. »Er benutzt ein Kondom. Sie ist erleichtert darüber und bedankt sich bei ihm. Er geht sanft mit ihr um, beinahe freundlich. Deshalb entspannt sie sich allmählich, obwohl sie noch immer weint; aber er tut ihr nicht weh, und sie glaubt, dass er einfach gehen wird, wenn er fertig ist. Er weiß, was die blöden Weiber denken.«
Marlie holte tief Luft. »Als er fertig ist, hilft er ihr aufzustehen. Er hält ihre Hand, beugt sich zu ihr und gibt ihr einen Kuss auf die Wange. Sie steht ganz einfach nur da, bis sie das Messer fühlt. Der erste Stich ist nicht tief, darauf achtet er. Er ist nur tief genug, damit sie begreift, was passieren wird, damit er den Ausdruck in ihren Augen sehen kann, die Panik. Aber der Stich darf nicht so tief sein, dass die Jagd dadurch langsamer wird. Dann würde es keinen Spaß mehr machen.
Das Entsetzen packt sie, sie schreit und versucht wegzulaufen, was tatsächlich seine Raserei anfacht. Bis jetzt hat er sich zurückgehalten, hat mit ihr gespielt, hat ihre Angst und ihre Erniedrigung genossen, hat ihr erlaubt zu hoffen, doch jetzt kann er alles rauslassen. Jetzt kann er endlich das tun, wofür er gekommen ist. Das ist es, was ihm am besten gefällt, der völlige Terror, den er in ihren Augen lesen kann, das Gefühl der Unbesiegbarkeit. Er kann alles mit ihr machen, was er will. Er hat völlige Macht über sie, und das genießt er. Er ist ihr Gott; ihr Leben oder ihr Tod liegt jetzt in seiner Hand, es ist seine Entscheidung. Aber natürlich hat er für sie den Tod vorgesehen, denn das bereitet ihm am meisten Vergnügen.
Sie kämpft, doch der Schmerz und der Blutverlust machen sie langsam. Sie schafft es noch bis ins Schlafzimmer, dort fällt sie hin. Er ist enttäuscht, er hatte sich gewünscht, dass der Kampf länger dauert. Es macht ihn wütend, dass sie so schwach ist. Er beugt sich über sie, um ihr den Hals durchzuschneiden, um alles zu beenden, doch das Weib geht auf ihn los. Sie hat nur so getan, als sei sie fertig und schlägt auf ihn ein. Er hatte eigentlich ein schnelles Ende machen wollen, doch jetzt wird er es ihr zeigen; sie hätte nicht versuchen sollen, ihn auszutricksen. Seine Tobsucht ist jetzt wie ein rotglühender Ballon, er wird größer und größer und füllt ihn ganz aus. Er sticht auf sie ein, wieder und wieder, bis er müde wird. Nein, nicht müde. Er ist viel zu mächtig, um müde zu werden. Es langweilt ihn. Es war ihm zu schnell vorbei; sie hat ihre Chance gehabt. Mit ihr hat es nicht den Genuss gebracht, den er sich erhofft hat.«
Im Zimmer war es ganz still. Nach ein paar Sekunden stellte Dane fest, dass ihr Bericht abgeschlossen war. Sie saß wie eine Statue in ihrem Sessel, ihre Blicke hingen noch immer an den Jalousien.
Leutnant Bonness schien von Danes und Trammells Reaktion enttäuscht zu sein. »Nun?« fragte er ungeduldig.
»Nun, was ?« Dane stieß sich von der Wand ab. Während er dieser ausdruckslosen, gefühllosen Stimme gelauscht hatte, war Wut in ihm aufgestiegen, eine kalte, kontrollierte Wut. Er wusste nicht, was dieses Weib für einen Grund hatte hierher-zukommen, aber eines wusste er ganz sicher, und dafür musste er keine übersinnlichen Fähigkeiten besitzen: Sie war dabeigewesen. Vielleicht hatte sie selbst Mrs. Vinick umgebracht, vielleicht auch nicht, aber sie war immerhin im Haus gewesen, als der Mord geschah. Mindestens also war sie eine Komplizin, und wenn sie glaubte, sie könne einfach hier hereinspazieren und ihnen diese alberne Geschichte auftischen und dann eine Menge Aufmerksamkeit der Medien auf sich ziehen, während sie nach ihrer Pfeife tanzten, dann war sie an die Falschen geraten.
»Was haltet ihr davon?« fuhr Bonness die beiden an; er war irritiert,
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