Suesse Hoelle
Mitgefühl kam von Herzen.
»Ich werde es überleben, aber solange ich mit Medikamenten vollgepumpt werde, muss Worley fahren.« Worley war ihr Partner. »Können wir euch beiden irgendwie helfen, beispielsweise Hinweise für euch verfolgen? Wir haben zwar unsere eigenen Fälle zu bearbeiten, aber dem Hörensagen nach muss es am Samstagmorgen ausgesehen haben wie in einem Horrorfilm. «
»Hübsch fanden wir es nicht.« Und das war die größte Untertreibung, die er je ausgesprochen hatte. Freddie tätschelte ihn noch einmal, diesmal auf die Schulter, dann begab sie sich an ihren Schreibtisch. Dane wandte sich wieder seinem Fall zu.
Die Arbeit eines Kriminalbeamten war zum größten Teil langweilig, viele Telefongespräche gehörten dazu, eine Menge Papierkram; zudem musste man unentwegt herumfahren und sich mit den Leuten unterhalten. Dane hatte die letzten Stunden damit zugebracht, sich den beiden ersten Tätigkeiten zu widmen. Normalerweise wurde Trammell mit solchen Aufgaben besser fertig als er, weil er geduldiger war, doch diesmal hatte Dane sich mit grimmiger Entschlossenheit hineingestürzt. Was mit Nadine Vinick geschehen war, durfte nicht noch einmal passieren; doch was ihn wirklich irritierte, war Marlie Keen mit ihrer Kenntnis der Einzelheiten.
»Hast du schon was ?« fragte Trammell, als er den Telefonhörer auflegte. Aus seiner Stimme war seine Frustration deutlich zu hören. »Der Pizzaladen und die Kabelgesellschaft haben nichts gebracht. In der ganzen Straße gab es Probleme mit dem Kabel, man hat es außerhalb der Häuser repariert, ungefähr einen Block vom Haus der Vinicks entfernt. Und die Pizza ist von einem sechzehnjährigen Mädchen geliefert worden. Mr. Vinick hat sie bezahlt. Diese Spuren sind alle im Sand verlaufen.«
»Ich habe auch nichts«, murmelte Dane. »Noch nicht.« Marlie Keen war noch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten, nicht einmal ein Strafzettel für falsches Parken stand in ihrem polizeilichen Führungszeugnis. Doch davon ließ er sich nicht entmutigen. Vielleicht war der Name >Marlie Keen< ja nur ein Pseudonym. Wenn ja, dann würde er es herausfinden. Man konnte Menschen durch ihre Sozialversicherungsnummer entlarven, durch Steuerrückzahlungen, es gab da eine ganze Menge Wege. Er wusste, wo sie arbeitete, und obendrein, was für einen Wagen sie fuhr. Einige Anfragen waren schon ergangen: Zum Beispiel hatte er sich bei der Telefongesellschaft erkundigt, welche Anrufe sie getätigt und auch erhalten hatte - wenn er mit ihr fertig war, würde er sogar die Größe ihres Büstenhalters kennen.
Obwohl er die auch jetzt ziemlich genau festlegen konnte: 34 C. Zuerst hätte er auf nicht mehr als ein B-Körbchen getippt, doch diese nonnenhafte weiße Bluse hatte ihn irregeführt. Er hatte eine verlockende Fülle ausmachen können...
Verdammt! Er musste aufhören, immer wieder an Sex zu denken, wenigstens in Verbindung mit ihr. Immer wenn er sich an dieses erschreckende, makabre Märchen erinnerte, das sie da von sich gegeben hatte, erstickte er fast an seiner Wut. Nadine Vinick war durch die Hölle gegangen, ehe sie gestorben war, und Marlie Keen, wenn das wirklich ihr richtiger Name war, versuchte, eine Unterhaltungsshow daraus zu machen. Er wäre nicht überrascht, wenn er einen Anruf der örtlichen Medien bekäme, die wissen wollten, ob die Polizeibehörde mit einer Hellseherin zusammenarbeitete, um den Mörder zu finden. Wenn Marlie Keen sich nach der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit sehnte, aus welchem krankhaften Grund auch immer, dann wäre ihr nächster Schritt, die Medien zu unterrichten.
Ihre Unverfrorenheit erstaunte ihn noch immer. Dieser ganze Kram mit den übersinnlichen Fähigkeiten stieß ihn gründlich ab; sie hatte den Verlauf nur wissen können, weil sie am Tatort gewesen war. Es entzog sich zwar seiner Kenntnis, ob der Mord genauso vor sich gegangen war, wie sie es beschrieben hatte; doch die näheren Einzelheiten ihrer Darstellung mussten sich so abgespielt haben. Und sie hatte nur deshalb den Mut, der Polizei Meldung zu erstatten, weil es keine Beweise gab, die sie mit dem Verbrechen in Verbindung brachten. Der Mörder war mit teuflischer Sorgfalt vorgegangen, die gerichtsmedizinische Untersuchung hatte nicht den winzigsten Nachweis fremder Fasern ergeben. Deshalb hatte sie ihnen all die Details erzählt, hatte sie ihnen unter die Nase gerieben, weil sie wusste, dass man ihr den Mord nicht anhängen konnte.
Das Messer hatte sie bestimmt nicht selbst
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