Suesse Hoelle
zerknautschte Hose. »Hübsches Höschen«, meinte er.
»Weißt du, zum Teufel, wie spät es ist?« bellte Dane.
Trammell warf einen Blick auf seine Armbanduhr, eine hauchdünne Piaget. »Zwei Minuten nach sieben. Warum?« Lässig betrat er das Haus. Mit einem lauten Knall schlug Dane die Tür hinter ihm zu. Trammell blieb stehen. »Hast du jemanden da?« wollte er wissen.
Dane fuhr sich mit der Hand durchs Haar, dann rieb er über sein Gesicht und hörte, wie die Bartstoppeln sich an seiner Handfläche rieben. »Nein, ich bin allein.« Er gähnte, dann betrachtete er seinen Partner. Trammell war perfekt gekleidet, wie immer, doch unter seinen Augen lagen dunkle Schatten.
Wieder gähnte Dane. »Ist es sehr spät am Abend oder sehr früh am Morgen?«
»Ein wenig von beidem. Es war eine schlimme Nacht, ich konnte nicht schlafen. Da dachte ich, ich komme dich zum Frühstück besuchen.«
»Wie großzügig, deine Schlaflosigkeit mit mir zu teilen«, murmelte Dane, doch er war schon auf dem Weg in die Küche. Er hatte selbst viele schlechte Nächte gehabt, deshalb verstand er das Bedürfnis nach Gesellschaft. Trammell hatte ihn bei solchen Überfällen nie abgewiesen. »Ich setze den Kaffee auf, dann lasse ich dich allein, während ich dusche und mich rasiere.«
»Vergiss es«, meinte Trammell. »Lieber setze ich den Kaffee selber auf. Ich möchte ihn wenigstens trinken können.«
Dane widersprach nicht. Er konnte zwar seinen eigenen Kaffee trinken, aber bis jetzt hatte er niemand anderem geschmeckt. Ihm selbst machte das nichts aus, er brauchte den Kick, den das Koffein ihm gab, der Geschmack war da nicht so wichtig.
Also überließ er Trammell die Küche, tappte schicksalsergeben zurück, zog die Hose aus und ließ sie missmutig auf dem Boden liegen. Zehn Minuten in der Dusche, während der er sich mit einer Hand an der Wand abstützte und das Wasser auf seinen Kopf prasseln ließ, schienen dem Aufwachen förderlich zu sein, das er fürs Rasieren brauchte; doch erst als er sich in das Kinn schnitt, war er richtig da. Unglücklicherweise verging kaum ein Tag, an dem sein Gesicht nicht irgendwo einen Schnitt aufwies. Er schaffte das Rasieren nicht eben glänzend. Trammell hatte ihm einmal mit näselnder Stimme geraten, sich einen elektrischen Rasierapparat anzuschaffen, doch er hasste den Gedanken, sich von einer Rasierklinge unterkriegen zu lassen; also machte er weiter und opferte sein Blut auf dem Altar des Eigensinns.
Das Ankleiden hingegen war einfach. Dane zog das an, was ihm gerade unter die Finger geriet. Und weil er manchmal vergaß, eine Krawatte umzubinden, hatte er immer eine in seinem Wagen; sie passte zwar manchmal nicht zu der Kleidung, die er gerade anhatte, aber immerhin war eine Krawatte eine Krawatte, und es zählte die Tatsache, dass er eine trug und nicht das Design. Der Chef wollte, dass seine Beamten mit Krawatten erschienen, also tat Dane ihm den Gefallen. Trammell warf manchmal entsetzte Blicke auf ihn, aber Trammell war auch ein Kleidungsfetischist; er bevorzugte italienische Seidenanzüge, also nahm Dane sich seine Kritik nicht unbedingt zu Herzen.
Hätte sich irgendein anderer Kriminalbeamter mit solchen Klamotten oder solch einem Wagen blicken lassen, wie Trammell es sich leistete, so hätte das Innenministerium typischerweise sofort über ihm geschwebt wie der Gestank über der Scheiße. Doch Trammell war so reich, dass keiner an ihn ran konnte; er hatte eine nette kleine Summe von seiner kubanischen Mutter geerbt und auch noch einige recht erfolgreiche Konzerne von seinem Vater - einem Geschäftsmann aus New England, der sich auf einem Urlaub in Miami verliebt hatte und dann für den Rest seines Lebens in Florida geblieben war. Trammells Haus hatte eine ganze Million gekostet, und er gab sich nicht die geringste Mühe, seinen Lebensstil etwas herunterzuschrauben. Sein Partner war ein so rätselhafter Schuft, dass Dane nicht wusste, ob Trammell ein so luxuriöses Leben führte, weil es ihm gefiel und er die Mittel dazu besaß, oder ob er es nur tat, um die Kerle im Innenministerium zu ärgern. Dane vermutete beinahe das letztere. Und das gefiel ihm.
Er und Trammell waren in vielen Dingen das genaue Gegenteil. Trammell war gertenschlank und so zurückhaltend wie eine Katze. Ganz gleich was auch geschah, er sah immer elegant und kultiviert aus, seine Kleidung saß perfekt. Er liebte - ja wirklich, er liebte - Oper und Ballett. Bei Dane war es leider umgekehrt: Der teuerste
Weitere Kostenlose Bücher