Sueße kleine graue Maus
tätschelte sie im Vorübergehen liebevoll Ranas Arm. »Sie brauchen mich nur zu rufen, wenn Sie Hilfe benötigen«, flüsterte sie ihr schnell zu.
»Du siehst furchtbar aus«, begann Susan ohne Umschweife. »Dein Gesicht ist von der Sonne verbrannt.«
»Ich bin oft im Freien, Mutter, und das gefällt mir.«
Susan rümpfte die Nase. »Diese Ruby hat mir erzählt, du hättest einen Liebhaber.«
»Das hat Ruby bestimmt nicht gesagt«, erwiderte Rana sehr ruhig. Sie setzte sich in einen Sessel ihrer Mutter gegenüber. Susan hielt sich so aufrecht, daß ihr Rücken die Sofalehne nicht berührte.
»Du hast vielleicht einige Informationen über mich aus Ruby herausgeholt, genug, um zu diesem Schluß zu kommen, aber versuche nicht, mir einzureden, daß Ruby über mich getratscht hätte. Ich weiß es besser. Genau wie ich weiß, wie gut du jemanden manipulieren kannst, Mutter.«
Susans einzige Reaktion auf die Antwort ihrer Tochter war, daß sie eine Augenbraue hochzog. »Lebst du hier mit einem Mann zusammen?«
»Nein. Aber ich habe mich in jemanden verliebt, der hier gewohnt hat. Er ist jetzt fort.«
»Das habe ich gehört. Ein Footballspieler.« Susan lachte geringschätzig. »Nur weil ein Mann breite Schultern hat, benimmst du dich lächerlich. Ich hätte es wissen sollen, daß du aus dem Grund nicht zurückgekehrt bist.«
»Trent hatte mit meiner Entscheidung nichts zu tun.«
»Wirklich nicht?« »Nein.« - »Wir sprechen von Trent Gamblin, oder?« -»Ja.«
»Kürzlich habe ich gelesen, daß seine Karriere, ziemlich steil ihrem Ende entgegengeht.«
»Er hatte eine Schulterverletzung, aber in diesem Jahr wird er besser sein als jemals zuvor.«
»Du liebe Güte, Rana, erspar mir deine Schwärmerei. Es macht mich krank.« Susan bürstete ein nicht existierendes Stäubchen von ihrem Rock. »Und wie soll diese miese kleine Affäre weitergehen?«
»Das weiß ich nicht. Aber eins weiß ich mit Sicherheit, Mutter - es geht dich nichts an.« Rana betonte jedes Wort. Susan erstarrte. »Ich lebe ein neues Leben. Eine neue Karriere. Meine Arbeit ist gefragt. Falls ich jemals als Model zurückkehrte, ist es allein meine Entscheidung und hat nichts mit dir zu tun.«
Rana beugte sich vor und nahm die Brille ab. »Warum hast du mir weisgemacht, daß Morey Selbstmord begangen hat?« Sie sah ihrer Mutter gerade in die Augen.
Susan preßte die Lippen zusammen. »Das habe ich nicht.«
»O doch! Um deine Interessen durchzusetzen, gehst du im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen. Diesmal bist du zu weit gegangen, Mutter. Du tust mir leid. Du mußt schrecklich allein sein.«
Susan sprang auf. »Spar dir dein Mitleid. Ich habe es geschafft, das Beste daraus zu machen, daß du mich im Stich gelassen hast. Ich habe das Penthouse verkauft und werde jeden Cent aus dem Erlös für mich behalten.«
»Gratuliere. Ich gönne es dir. Dieses Mausoleum, das du irrtümlich >Zuhause< genannt hast, habe ich schon immer gehaßt.«
Susan überhörte Ranas Bemerkung. »Ein Freund hat mich beraten, wie ich auch ohne dich finanziell zurechtkommen werde. Er hat mich gebeten, bei ihm zu wohnen. Ich soll ihm aus einigen persönlichen Problemen heraushelfen.«
Rana lächelte. Jetzt konnte Susan ihre Fähigkeiten voll entfalten. »Schön für dich, Mutter. Hoffentlich wirst du glücklich.«
»Bestimmt. Während du dein Leben mit diesem Muskelprotz vergeudest, der nichts anderes kann, als einen Ball über ein Spielfeld zu tragen.«
»Ich weiß nicht, ob Trent und ich eine gemeinsame Zukunft haben. Aber zumindest bestimme ich über mein Leben, nicht du.«
»Weiß er, wer du bist?«
Die beiden Frauen sahen sich an. Dann lächelte Susan triumphierend, als sie bemerkte, daß sie einen wunden Punkt getroffen hatte.
»Nein? Wenn ich seine Tante recht verstanden habe, hat er ein ziemlich empfindliches Ego, besonders im Hinblick auf seine Karriere. Dein internationaler Ruhm würde ihm weniger gefallen, habe ich recht? Behältst du deshalb deine Identität für dich?«
»Nein!«
»Na schön, es geht mich ja auch nichts an«, stellte Susan leichthin fest. »Mein Freund hat geschäftlich in Houston zu tun, deshalb sind wir kurz rübergeflogen.« Sie ergriff ihre Handtasche, stand auf und ging in Richtung Halle.
»Ich muß gehen, sonst komme ich zu spät zum Flughafen. Ich wollte dir eine letzte Chance geben, zurückzukommen, Rana, aber ich will nicht in dein Leben eingreifen. Wenn du es vorziehst, in Sack und Asche zu leben, ist das deine Sache.
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