Süße Rache: Roman (German Edition)
Wahrheit elegant umsegelte.
»Er hält Sie also für tot«, sagte Cotton. »Ihnen kann nichts mehr passieren. Warum sind Sie in die City, in sein Territorium zurückgekehrt?«
»Weil ich vielleicht etwas über ihn weiß, das Ihnen helfen könnte, ihn vor Gericht zu bringen oder ins Gefängnis zu stecken, und weil ich nicht in meinem sicheren Versteck hocken möchte, während er weiterhin Drogen ins Land schmuggelt. Rafael ist schlau«, sagte sie. »Vielleicht finden sie ohne einen Informanten nie genug Beweise gegen ihn. Vielleicht könnte ich dieser Informant sein. Ich kann das nicht mit Sicherheit sagen, aber ich bin bereit, es zu versuchen.«
»Wissen Sie, wer seine Bücher führt? Die richtigen, nicht die Bücher für die Steuer?«
Sie schüttelte den Kopf. Wer diesen Buchhalter und seinen oder ihren Aufenthaltsort kannte, konnte Rafaels gesamte Operation aus den Angeln heben. »Er hat nie einen Namen erwähnt. In manchen Dingen war er sorglos«, wie zum Beispiel bei seinem Passwort, »aber in dieser Hinsicht nicht. Ich glaube auch nicht, dass ihn einer seiner Leute kennt. Sie haben in meiner Anwesenheit über vieles geredet, aber sie haben nie über Bücher oder Buchhaltung gesprochen.«
»Ist er jemals verschwunden, ohne dass er einen seiner Männer mitgenommen hätte?« Die Frage kam von Jackson.
»Nicht dass ich wüsste, allerdings hätte er auch mit seinen Bodyguards losziehen und sie dann irgendwo absetzen können. Aber wie gesagt, ich habe sie nie über diese Dinge reden hören. Rafael hat paranoide Angst davor, allein auszugehen. Er glaubt, dass an jeder Straßenecke ein Rivale wartet, der ihn abservieren will. Er möchte jederzeit von anderen Körpern umgeben sein.«
Beide bombardierten sie mit Fragen über jedes Detail, das ihnen nur einfallen wollte. Sie unterhielten sich stundenlang, und Andie erzählte ihnen alles, woran sie sich erinnerte, trotzdem begann sie langsam zu verzweifeln, weil nichts auszureichen schien, um ihn festzunageln. Sie hatte genau das befürchtet, sie hatte befürchtet, dass sie zu verzweifelten Maßnahmen greifen musste.
»Eine Option gäbe es noch, die ich erwähnen muss«, sagte sie schließlich, als selbst die beiden Agenten immer mutloser wirkten, weil sich dieser Königsweg, Salinas dingfest zu machen, als Sackgasse erwies. »Es wäre keine Straftat, für die das FBI zuständig wäre, aber es geht vor allem darum, Rafael aus dem Geschäft zu bringen und unschädlich zu machen, oder? Wenn er mich sieht, wird er ausflippen. Eigentlich sollte ich tot sein. Als ich abgehauen bin, habe ich … habe ich etwas mitgenommen, an dem er sehr hing.« O ja, sie konnte mit gutem Gewissen behaupten, dass er an seinen zwei Millionen gehangen hatte, auch wenn für jemanden wie Rafael der Schlag für sein Ego nicht weniger schmerzhaft gewesen war. Vielleicht war er für sein Ego sogar noch schmerzhafter gewesen. Er hatte sich eingeredet, dass er sie liebte, doch sie hatte diese Liebe mit Füßen getreten. »Wenn er kann, wird er versuchen, mich umzubringen. Wie könnten wir das gegen ihn einsetzen?«
»Das wird nicht hinhauen«, sagte Jackson leise, nachdem Drea Rousseau gegangen war – eine durch und durch veränderte Drea, doch sie war es ganz eindeutig. »Selbst wenn wir eine Zivilistin als Köder einsetzen könnten, was der Staatsanwalt nie im Leben zulassen würde, steht auf einen versuchten Mord keine so schwere Strafe, dass er für mehr als ein Jahr von der Straße weg wäre – falls er überhaupt ins Gefängnis müsste.«
»Ich weiß«, sagte Cotton. Er klang müde. »Ich weiß. Wir können das Schwein einfach nicht festnageln, nicht einmal mit ihrer Hilfe. Und der Himmel möge uns beistehen, falls wir sie als Köder einsetzen und er sie tatsächlich auf offener Straße abknallt. Ich würde es mir nie verzeihen, wenn das passiert.«
Andie setzte sich zum Mittagessen in einen Diner, war aber so mutlos, dass sie die bestellte Suppe kaum herunterbrachte. Sie war sicher gewesen, dass sie nur nach New York zurückzukehren brauchte, und schon würde Rafael entweder verhaftet oder sterben. Sie hatte tatsächlich »sterben« gedacht, als würde es zu einer dramatischen Schießerei kommen, die einige Tage für Schlagzeilen sorgen und Rafael das Leben kosten würde. Nüchtern betrachtet konnte sie jetzt, nachdem sie hierher geflogen war, nicht mehr sagen, wie sie auf dieses Szenario gekommen war. Es war keine jener Ahnungen, die sie bei anderen Menschen hatte; bei sich selbst
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