Süße Teilchen: Roman (German Edition)
Ich wende mich ihm wieder zu. »Bei dir kann ich ganz ich selbst sein.«
Ich spüre, dass er die Wahrheit sagt.
Ich liebe, liebe, liebe ihn.
Ich liebe es, wie er mit den Händen gestikuliert, wenn er etwas erklärt. Wie er in die Luft geht, wenn ein Kellner uns ignoriert, genau in dem Moment, in dem ich auch kurz davor bin auszurasten. Ich kann mit einer Gabel voll Spaghetti Bolognese nach ihm schnippen, ohne dass er wütend wird oder sagt, ich hätte sein Hemd ruiniert. Auch das liebe ich an ihm. Ich liebe es, mit ihm zu reden und ihn anzusehen und an ihn zu denken.
An einem verregneten Samstagabend im April, als ich James gerade zeige, wie einfach es ist, einen Yorkshire-Pudding zu machen, ruft meine Mutter an.
»Hast du mit deinem Bruder gesprochen?«
»Warum?«
»Warum? Weißt du nicht, was die Irre vorhat, mit der er zusammen ist?«
»Nein. Was denn?«
»Sie hat sich einen Termin für einen Kaiserschnitt geben lassen. Für die dritte Augustwoche.«
»Ich dachte, das Baby soll erst Anfang September kommen.«
»Genau.«
»Ja aber –«
»Sie will es zwei Wochen früher haben, nur damit es in ihrem Sternzeichen geboren wird.« Die Verachtung in der Stimme meiner Mutter lässt sich nicht einmal durch Kursivschrift vermitteln.
»Ist sie noch ganz dicht? Ist das denn überhaupt gesund?«
»Die ganze Frau ist nicht gesund, aber dein Bruder ist ja blind und findet, dass ich Theater mache. Aber ich habe ihm klipp und klar gesagt –«
»Mum, ich muss den Yorkshire-Pudding aus dem Ofen holen, ich kann jetzt nicht so gut –«
»Und weißt du überhaupt, welche Namen sie sich für mein erstes Enkelkind ausgedacht haben?«
»Mum, ich muss jetzt Schluss machen.«
Ich lege auf und erkläre James, was für ein Mensch Shellii ist.
»Eine Verrückte, wie die meisten Frauen«, sagt er. Dieses Mal kann ich ihm nicht einmal widersprechen.
Nach dem Essen fragt James, was es zum Nachtisch gibt.
»Ein Experiment«, erkläre ich. »Komm mit in mein Labor.«
James folgt mir zum Kühlschrank. Ich öffne die Tür. Darin stehen zwei große Schüsseln mit Pudding, die Will, mein Lieferant, mir geschickt hat. Sie gehören zu Phase eins für die neue Serie, die Devron verlangt hat.
»Nimm die Krawatte ab und setz dich.« Mit der Krawatte verbinde ich James die Augen. »Hilfe!«, ruft er.
»Sei still und konzentrier dich auf deinen Mund.«
»Warum konzentrieren wir uns nicht auf eine tiefer liegende Stelle?«
»Zuerst kommt der Mund.« Ich stelle die Schüsseln auf den Tisch und schiebe James mit dem Löffel einen Bissen in den Mund. »Wonach schmeckt das?«
»Nach Pudding. Wenn ich recht habe, kriege ich deinen Job.«
»Sehr witzig. Wonach noch?«
»Nach Vanille?«
»Wonach noch?«
»Nach etwas Alkoholischem.«
»Sehr gut, das ist Bourbon. Trink einen Schluck Wasser.« Behutsam reiche ich ihm das Glas. James kippt sich die Hälfte absichtlich am Mund vorbei aufs Hemd. Dann zieht er sein Hemd aus und lässt es zu Boden fallen.
»Möchte der Herr ein Lätzchen?«, frage ich.
»Können wir das Ganze auch nackt durchziehen?«
»Nein, das verbietet das Lebensmittelgesetz. Okay, hier kommt der Nächste. Wonach schmeckt der?«
»Nach Pudding.«
»Du bist so klug. Wonach noch?«
»Ahornsirup?«
»Gewonnen! Hast du das Gefühl, du könntest jetzt noch etwas anderes essen?«
»Ja, dich.«
»Streng dein Gehirn an.«
»Hm, vielleicht noch etwas Knuspriges?«
»Wow, volle Punktzahl. Dein Gehirn hat den Ahornsirup mit etwas Knusprigem verbunden. Und deshalb werde ich diesen Pudding wahrscheinlich auf eine Mandelschicht geben und mit etwas Leichterem abschließen. Dann hätten wir drei verschiedene Konsistenzen. Ich denke da an etwas weniger Süßes.«
»Wie wäre es mit meinem Schwanz?«
»Gute Idee. Aber können wir damit auch wöchentlich vierzigtausend Kunden versorgen?«
»Am besten, wir fangen mit einem an.« James zieht die Krawatte von den Augen, öffnet den Reißverschluss seiner Hose und streift sie ab.
»James, nein! Du darfst deinen Penis nicht in den Pudding stippen, den soll Devron am Montag noch kosten. James, lass das jetzt!«
»Ich denke, du kannst Devron nicht leiden.«
»Ja, aber den Pudding mag ich schon.«
Zu spät.
Sein Penis ist voller Pudding. Mein Freund ist ein Idiot, aber ich bete ihn an.
Am Montagmorgen entschuldige ich mich. »Tut mir leid, Devron, aber die Proben sind noch nicht so weit.«
»Na schön. Was machen Sie am 3. Mai?«
Woher soll ich das wissen, das ist in zwei
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