Süße Teilchen: Roman (German Edition)
zauberhaft ist, habe ich nicht gewusst.
Über unsere Unterkunft hat James lediglich gesagt, dass es ein Häuschen ist, das Lucien Bonder gehört, der dort gelegentlich mit seiner Ehefrau und ihrer kleinen Tochter das Wochenende verbringe, und es früher wohl so etwas wie ein Lagerhaus war. Ich stelle mir einen großen feuchten Raum vor, in dem es nach Katzen riecht.
Wir folgen einer schmalen Gasse, biegen ab und fahren durch ein hohes schmiedeeisernes Tor, das offen steht, auf einen Hof mit Springbrunnen. Dahinter liegt ein zweistöckiges Gebäude, das zur Hälfte mit Efeu zugewachsen ist.
»Das war sicher mal ein Stall.« Ich zeige auf den kleinen Pferdekopf aus Terrakotta hoch über der hölzernen Eingangstür.
James lacht und steigt aus.
Ich folge ihm. »Ist da etwa immer noch ein Pferd?«
James nimmt meine Hand und öffnet die Eingangstür. Wir betreten den Traum eines jeden Innenarchitekten.
Tief beeindruckt betrachte ich den großen hellen Raum. Der Boden ist aus Stein, das Mauerwerk ist weiß gestrichen, unter der hohen Decke sind die Holzbalken zu sehen. Zur Rechten führt eine frei schwebende Treppe zur Galerie, in der sich eine offene Küche mit einem hellblauen Smeg-Kühlschrank befindet. Wir durchqueren den großen Raum. Hinter einer Glasscheibe liegt ein Schwimmbecken. Wir haben einen eigenen Pool!
An einer Wand steht eine blaue Tischtennisplatte, die sich in der Glasscheibe spiegelt. Ich schaue in den Pool. Auf dem Wasser treiben Tannennadeln. Als ich zur Decke hochsehe, erkenne ich dort ihre tanzenden Schatten. Das Wasser ist so still und klar, dass ich mich am liebsten hineinsinken ließe, bis auf die weißen Kacheln.
Leicht geblendet drehe ich mich um, und die weißen Wände erscheinen in pfirsichfarbenem Licht.
James und ich gehen hoch in das Stockwerk, das über der Galerie liegt. Dort sind vier Zimmer, jedes mit Bad, eins schöner als das andere. Die Fußböden sind gefliest, hellgrau mit salbeigrünen Mustern, die Holzschränke weiß, die Bettwäsche hellblau. In den Bädern gibt es frei stehende Waschbecken und darüber Dachluken. Alles ist von schlichter, unaufdringlicher Eleganz. Selbst das Zimmer der kleinen Tochter ist in diesem Stil gehalten: An den Wänden hängen Poster mit Szenen aus Rin-Tin-Tin, und die Barbiepuppen liegen in einem weißen Körbchen, das mit einem Stoff ausgeschlagen ist, der mit winzigen lavendelblauen Herzen bedruckt ist.
Aus dem Fenster des größten Schlafzimmers sieht man den Pool. In dem dazugehörigen Bad gibt es eine große Regendusche und an den Duschwänden Wasserdüsen.
Es ist das schönste Haus, das ich jemals gesehen habe, und für eine kurze himmlische Zeit wird es uns gehören.
Uns bleiben achtundvierzig Stunden, ehe wir zum El Bulli weiterfahren müssen. James besteht darauf, dass wir mindestens vierundvierzig von ihnen nackt verbringen.
»Wenn du meinst«, sage ich. »Aber wie kann ich mich denn nackt an den Esstisch der Bonders setzen, ich kenne sie ja nicht mal.« Ich trage ein Bikini-Oberteil und Shorts, die meine Zellulitis kaschieren sollen. Ich wünschte, ich hätte mir einen neuen Bikini zugelegt, aber davor habe ich mich gedrückt. Wenn ich in einer Umkleidekabine Badesachen anziehe und mich im Spiegel betrachte, werde ich depressiv. Doch seit ich abgenommen habe, ist mir der alte Bikini oben zu weit und ich komme mir leicht wabbelig vor.
Am ersten Tag essen wir Brot und Käse und dann Käse und Brot. Dazu trinken wir vier Flaschen Wein. Um zwei Uhr morgens spielen wir Tischtennis. James schlägt mich vernichtend mit 21:0.
»Das war gemein«, beschwere ich mich. »Wir spielen noch eine Runde.«
Bei der nächsten Partie hält James sich zurück und lässt mir drei Punkte Vorsprung. Doch dann schneidet er den Ball auf eine Weise an, dass er einmal aufschlägt und einen tollkühnen Satz zur Seite macht. Gerade, als ich glaube, ich könnte ihn noch erwischen, hüpft er auf die andere Seite.
»Das hast du extra gemacht«, maule ich.
»Der Ball kam geradewegs auf dich zu. Du bist betrunken.«
Zur Antwort fetze ich den Ball mit einem harten Schlag auf seinen Bauch. James wirkt beeindruckt und sieht mich lüstern an.
»Das war ein Schlag unter die Gürtellinie.«
»Du hast ja nur Angst, dass ich gewinne.«
»Wie wär’s denn damit? Wenn du verlierst, musst du splitterfasernackt um den Springbrunnen draußen laufen.«
»Nein, dann wasche ich das Geschirr ab. Und wenn du verlierst, bringst du die leeren Flaschen zur Mülltonne
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