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Süße Teilchen: Roman (German Edition)

Süße Teilchen: Roman (German Edition)

Titel: Süße Teilchen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Newman
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auf«, befehle ich. »Wir gehen jetzt einkaufen. Obst vor allen Dingen, wir können nicht immer nur Käse essen. Aber vielleicht ziehst du dir vorher etwas an.«
    Die Luft ist warm und drückend. James und ich sind verkatert. Da wir keine Karte haben, laufen wir ziellos umher, um den Lebensmittelladen wiederzufinden, den wir auf der Hinfahrt gesehen haben. Nach einer Weile stoßen wir auf eine Scheune, auf deren Holzwand jemand mit Kreide »Aprikosen« geschrieben hat. Hinter mehreren Holzkisten voller Früchte steht eine Frau. Die Früchte sehen aus wie Eier aus Bernstein, rosa und rot gesprenkelt, als hätte ein Bärtiger sie wild geküsst.
    Die Frau nimmt eine in die Hand, zerteilt sie mit geschicktem Drehgriff und bietet James und mir je eine Hälfte an. Ich beiße in meine Hälfte, die wie Honig schmeckt. Wie alle guten Verkäufer, bietet sie uns die nächste an und hat uns überzeugt.
    Wir kaufen dreißig Aprikosen und ein Glas Aprikosenmarmelade. Beladen mit unseren Schätzen laufen wir zurück zum Haus, suchen uns einen schattigen Platz und legen uns dort zusammen auf eine breite Liege.
    Ich nehme mir eine Aprikose und spüre, wie fest und glatt sie ist. »Fühl mal, wie perfekt diese Aprikose ist.«
    »Mmmh«, macht James und schließt die Augen. Ich fahre mit der Aprikose über meine Wange und reibe sie dann sacht an seiner.
    »Wenn du es mit dem Daumen machst, fühlt sie sich beinah wie Marmor an, aber an der Wange spürt man ihren Pelz.«
    »Okay«, sagt James. »Spür den Pelz und mach es mit dem Daumen.« Dabei grinst er wie jedesmal, wenn er ein grauenhaftes Wortspiel gemacht hat.
    »Riech doch mal. So muss eine Aprikose riechen.«
    James knabbert an meinem Hals. »Du riechst, wie eine Aprikose riechen muss.« Ich spüre seine Nase. Gott, wie ich diese Nase liebe.
    Ich sehe mich nach der weißen Porzellanschale um, in der sich dreißig Aprikosen türmen, und hole tief Luft. In meinen Augen brennen Tränen. James muss irgendetwas gemerkt haben, denn er öffnet die Augen und sieht mich fragend an.
    Aber wie soll ich ihm erklären, dass der Anblick der Aprikosen und das Gefühl, hier mit ihm zu liegen, mich so glücklich machen, wie ich noch nie war. Ich bin selig, und gleichzeitig habe ich Angst, dass das mit James und mir nicht von Dauer ist. Das kann ich ihm nicht sagen. Er würde sich nur über mich lustig machen und erklären, ich sei eben verrückt.
    »Es ist einfach so perfekt«, sage ich lachend, und er strahlt und nickt und sagt: »Weißt du eigentlich, wie verrückt du bist?«
    Für neun Uhr abends haben wir im Nachbardorf einen Tisch in einem Restaurant reserviert. Den Tag haben wir mit Trinken und Dösen verbracht. Um sieben Uhr stößt James mich in die Seite. »Komm, wir laufen ein paar Runden. Wir haben zu viel gegessen.«
    Ich stütze mich auf dem Ellbogen auf. »Soll das ein Witz sein? Ich muss mich ausruhen.«
    »Nein, vor dem Essen müssen wir noch ein paar Kalorien loswerden. Denk an die Käsemengen, die du verdrückt hast.«
    »Lass mich zufrieden. Du kannst ja laufen.«
    »Faulpelz. Drückeberger.«
    »Du kannst sagen, was du willst.« Ich setze mich auf. »Ich muss mich entspannen, und draußen ist es immer noch zu warm.«
    James steht auf und streift sich Shorts und T-Shirt über. Widerwillig tue ich es ihm gleich. »Ich könnte dich mit dem Fahrrad begleiten.«
    »Das gilt nicht, du willst ja nur sitzen.«
    »Pah, ich bin viel fitter als du.« Bin ich auch.
    »Erzähl keinen Unsinn.«
    Wir ziehen los. James läuft zu Fuß, ich radele neben ihm her. Zuerst über die Dorfstraße, dann einen Weg entlang, der durch Weingärten führt. James gibt ein solches Tempo vor, dass ich die Titelmelodie von Rocky singe. Er läuft noch schneller und ruft, ich solle meinen dicken Hintern bewegen. Ich trete in die Pedale und zeige ihm beim Überholen den Finger. Ich finde, das war eine gute Idee, denn obwohl die Sonne noch brennt, kühlt mich der Fahrtwind und rauscht in meinen Ohren. Als mir der Sattel zu unbequem wird, radele ich im Stehen weiter und denke, was für ein Glück wir haben, diese wundervolle Landschaft genießen zu können, das goldgelbe Getreide, die tiefgrünen Rebstöcke, die hübschen schwarz-weißen Schmetterlinge und die winzigen violetten Blumen. Ich wünschte, ich würde mich besser auskennen und wüsste ihren Namen. Die Grillen zirpen, und ich nehme mir vor, im nächsten Sommer einen phantastischen Aprikosenpudding zu kreieren, aus französischen Aprikosen und

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