Süße Teilchen: Roman (German Edition)
zusammen mit einem Diätplan, in dem es weder Weizen- noch Milchprodukte gibt. Seitdem ich mich daran halte, bin ich voller Energie.«
»Und was ist mit deinem Alkohol- und Drogenkonsum?«
»Was soll damit sein?«, fragt Amber verwundert. »Beides sind natürliche Gifte. Nur Chemikalien sind nicht erlaubt. Wenn du wüsstest, was in Milch alles enthalten ist.«
»Hör zu, Amber, ich möchte wirklich nicht unhöflich sein, aber James und ich müssen noch über unsere Reiseplanung sprechen.« Ich halte ihr die Wohnungstür auf.
Amber öffnet die Küchentür. »Ich muss leider gehen, James, war aber schön, dich endlich mal kennenzulernen. Sophie hat dauernd von dir geredet. Ich lade euch bald mal zum Essen ein. Hättest du am Samstagabend Zeit?«
James murmelt eine Antwort. Amber dreht sich zu mir um und lächelt knapp, bevor sie endlich verschwindet.
»Das mit der Miss Einzeller war echt klasse«, sage ich und haue James mit einer Selleriestange auf den Arm.
»Tut mir leid, das ist mir so rausgerutscht. Gott sei Dank hast du die Situation gerettet. Scheint ganz süß zu sein.«
Amber und süß? Er meint durchtrainiert.
»Das ist sie nicht. Habe ich dir das mit dem Geburtstagsgeschenk noch nicht erzählt?«
James beginnt, die Selleriestangen klein zu hacken.
»Da hat sie mir eine aberwitzig teure Duftkerze von Diptypque geschenkt. Am nächsten Tag hat sie die wieder abgeholt, gesagt, die sei für ihre Masseuse gewesen und mir einen billigen Ersatz aus dem Supermarkt geschenkt.«
James lacht.
»Findest du das etwa witzig? Okay, wie wär’s damit: Einmal war mein Klo verstopft, aber als ich ihres benutzen wollte, sagte sie, das könne sie nicht zulassen. Sie wisse, dass ich keine Naturkosmetik benutze und deshalb würde ich ihr Biosystem verschmutzen. Wenn Amber bis drei zählen kann, hat sie einen guten Tag.«
»Warum bist du so giftig?«
»Ich bin nicht eifersüchtig, falls du das meinst. Ich mag sie einfach nicht, weiter nichts. Einmal habe ich mich geweigert, ihr fünfzig Pfund für ihren Dealer zu leihen, und da hat sie mich Geizhals genannt. Von den hundert Pfund, die sie mir seit Ewigkeiten nicht zurückzahlt, will ich gar nicht erst reden. Amber ist nicht süß.«
»Warum brichst du dann nicht den Kontakt ab? Offenbar versucht sie dich auszunutzen. Warum lässt du dir das denn immer wieder gefallen?«
Weil ich Masochistin bin? Will er mir das damit sagen?
»Was soll ich denn machen? Sie ist schließlich meine Nachbarin.«
»Sag ihr, dass du nichts mehr mit ihr zu tun haben willst.«
Auf dem Ryanair-Flug nach Frankreich müssen James und ich getrennt sitzen, weil wir vor dem Start zu lange überlegt haben, welche Snacks wir für den Flug kaufen sollen. Als wir an den Schalter kommen, sind nur noch unsere beiden Sitzplätze übrig. Wir haben die Wahl zwischen einem Platz ganz hinten beim Klo, neben zwei Frauen mittleren Alters in Highschool-Musical -T-Shirts, und einem weiter vorn bei einem Paar mit einem schreienden Jungen, der ungefähr fünf Jahre alt ist.
Ich entscheide mich für den Platz hinten. James sitzt sieben Reihen vor mir. Er hat es geschafft, den Jungen zu besänftigen und spielt während des Fluges mit ihm. Die beiden haben die Köpfe zusammengesteckt und lachen.
Nach der Ankunft in Perpignan mieten wir uns einen »Sprint«, ein Name, den ich lustig finde, und fahren in Richtung Narbonne. Im Radio finden wir einen Oldies-Sender und singen laut zu Supertramp. Dabei verpassen wir die Auffahrt zur Autobahn und so fahren wir weiter durch die Landschaft.
»Fitou«, verkündet James. »Lass uns hier kurz haltmachen.« Er deutet auf ein altes Gemäuer unter einem Baum am Straßenrand.
Es ist ein Weinladen. Ein Mann, der mindestens so viele Jahre wie das Gebäude auf dem Buckel hat, lässt uns großartige Weine verkosten, einen Rosé, einen Roten und einen Muscat de Rivesaltes.
»Ich nehme vier von jedem«, sagt James.
»James, wir bleiben nur zwei Tage, da trinken wir doch keine zwölf Flaschen.«
»Aber sie sind so günstig, da wäre es doch eine Schande, weniger zu nehmen.«
Wir legen die Flaschen in den Kofferraum und fahren weiter in Richtung Norden und dann nach Westen, bis wir in ein kleines Dorf an der Aude gelangen.
Es ist wundervoll dort. Keine Touristen, zwei Bäckereien, hübsche Häuser, umgeben von grünen und gelben Feldern. Ich habe noch nie in Frankreich Urlaub gemacht. Zwar muss ich dann und wann geschäftlich nach Paris, aber dass der Süden Frankreichs so
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