Süße Teilchen: Roman (German Edition)
mich noch nie jemandem so nahe gefühlt wie dir. Noch nie.«
»Liebst du mich?« Das war die vierte Frage.
Er nickt. Sollte ich inzwischen nicht begriffen haben, dass ein Nicken von James noch lange kein »Ja« ist?
Er rückt ein wenig näher und küsst mich sehr, sehr sanft. Ich glaube, ich stehe kurz vor einem Herzinfarkt. Zehn Sekunden lang rühre ich mich nicht. Dann erwidere ich seinen Kuss.
Wenig später kommt es zu wildem Sex. Jedenfalls für einen von uns beiden. Vorher hält James kurz inne, steigt aus, öffnet die Beifahrertür und bringt meinen Sitz in Liegeposition. Dabei geht das Innenlicht an. Im Zurücksinken entdecke ich einen winzigen Kleiderhaken und denke, dass der nur für einen Kinder-Smoking gut sein kann. Dann geht das Licht wieder aus.
James ist hinter mir, meine Jeans schlackert um meine Knöchel, die Konsole in der Mitte drückt sich in meine Rippen und die Handbremse bohrt sich in meinen Magen. Mein linkes Bein stößt gegen das Handschuhfach, wahrscheinlich bleibt auf meiner Haut das Maserati-Logo zurück. Um eine bequemere Position zu finden, stütze ich mich mit einer Hand am Wagendach ab, spüre den weichen Bezugsstoff und frage mich, ob er aus Wildleder oder aus Wildleder-Imitat ist.
Nach ein paar Minuten ist alles vorbei. Erschrocken stelle ich fest, dass James in mir gekommen ist und ich am Morgen keine Pille genommen habe. Dann denke ich daran, dass eine Schwangerschaft uns zwangsläufig wieder zusammenbringen würde, ich aber von dem, was sich gerade abgespielt hat, nicht schwanger werden will, und das macht mich traurig.
James ist über mir zusammengesackt und atmet schwer. »Das war unglaublich«, keucht er. »Das sollten wir immer so machen.«
Wie sonderbar, dass ich gerade genau das Gegenteil gedacht habe. Ich reiße mich zusammen.
»Und wie geht es jetzt weiter?«, frage ich.
»Womit?«
Womit? Mit der Reform des amerikanischen Wahlsystems, du Schwachkopf. »Mit uns.«
»Ich brauche Zeit, um nachzudenken.«
O nein, nicht schon wieder.
»Wie fühlst du dich in diesem Moment, James?«
»Ich bin erleichtert«, bekennt er, sogar ganz spontan. »Ich meine, weil wir jetzt über alles reden.«
Da schau an. Als hätte ich ihn jemals daran gehindert.
»Natürlich hast du gemerkt, dass da was war, in den letzten Monaten hast du mich ja mehrfach darauf angesprochen.« Es klingt, als habe ihm eine Last auf der Brust gelegen, die er jetzt endlich loswerden kann.
Ich lasse mir seine Worte durch den Kopf gehen. »Du meinst, als ich mich beklagt habe? An dem Abend nach der Präsentation, zum Beispiel?« Er nickt an meiner Schulter.
Ich schiebe ihn fort, setze mich auf den Fahrersitz und schaue ihn an. »Und trotzdem bist du kein einziges Mal darauf eingegangen. Obwohl es so viele Gelegenheiten gegeben hätte.«
»Ich wollte nichts sagen, ich wusste ja, dass du dich wie in einer Todeszelle gefühlt hast.« Er greift nach meiner Hand.
Ich entreiße ihm meine Hand. »In die du mich gebracht hast. Was ich leider zugelassen habe.«
»Ich habe es versucht, Sophie.«
»Was?«
»Dass es mit uns beiden funktioniert.«
»Du hast es versucht ?« Trotz meiner aufsteigenden Übelkeit lache ich so abfällig wie möglich. »Du hast es also versucht . Obwohl dir das bei meinem Aussehen natürlich sehr schwergefallen ist. Wenn du wüsstest, wie leid mir das für dich tut. Aber ich danke dir für den Versuch. Ich würde sagen, du hast eine Goldmedaille verdient.«
»Warum musst du meine Worte absichtlich verdrehen? Du weißt, dass ich es so nicht gemeint habe.«
»Wie hast du es dann gemeint?«
James macht einen gequälten Eindruck und schweigt. Fast tut er mir leid. Ich bin sogar kurz davor, ihn zu trösten.
»Es ist nur so, dass ich dich nie so ansehen kann, wie du mich ansiehst.«
O doch, denn das hast du schon getan.
Das weiß ich, ich war ja dabei.
Trotzdem war es ein Todesstoß.
Und wie soll man sich davon erholen?
Rückgängig machen kann man ihn nicht.
Darüber reden geht auch nicht mehr.
Das ist dann einfach so. Oder besser, da ist gar nichts mehr.
»Halte dich bloß von ihm fern«, rät Laura.
»Ich will ihn nicht wiedersehen«, betone ich. Zumindest nicht in dieser Woche, denn da ist er in China. Ich überlege, ob sie am Telefon hören kann, dass ich flunkere.
»Der Mann ist eine wandelnde Katastrophe«, setzt sie hinzu. »Sieh bloß zu, dass du Land gewinnst, sonst reißt er dich mit ins Verderben.«
Dummerweise bin ich mir da nicht so sicher. Wie auch? Ich
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