Süße Teilchen: Roman (German Edition)
aussehe. Im Pub lege ich Mantel und Schal ab und laufe auf direktem Weg zur Damentoilette. Denn erstens will ich nachsehen, ob ich im Gesicht hektische rote Flecken habe, und zweitens soll James Gelegenheit habe, meine neue schlanke Linie zu bewundern.
Als ich zurückkomme, mache ich alles richtig. Ich frage nach, wie es auf den Kaimaninseln war. Über meinen Aufenthalt in L.A. berichte ich nur, dass ich dort ein paar nette Leute getroffen und mich gut amüsiert habe. Mein Plan ist, die ganze Begegnung kurz zu halten, eine halbe Stunde oder so, aber es ist so schön, mit ihm zu reden und bei ihm zu sein. Am liebsten würde ich ihn küssen und ihm übers Haar streichen.
Knallhart bleiben, lautet die Devise. Und die vier Fragen stellen, auf die ich Antworten haben möchte.
»Warum hast du mich gebeten, dich zu heiraten?«
»Weil ich dachte, dass du das wolltest. Ich wollte dich nicht verlieren.«
Aber jetzt hast du mich verloren.
»Wenn es nach dir ginge, obwohl es im Moment nicht nach dir geht, würdest du die Beziehung dann fortsetzen?«
»Ja.«
»Warum?«
»Weil ich immer noch glaube, dass sie sich so oder so entwickeln kann.«
»Mal sagst du, dass du mich nicht genug willst, dann wieder, dass du mich willst. Beides spielt sich in deinem Kopf ab, James, um mich scheint es dabei gar nicht zu gehen.«
»Ich bin eben verwirrt.«
Ich will aber nicht der Grund für deine Verwirrung sein.
»Weißt du noch, was Churchill gesagt hat?«, frage ich.
»Wir werden auf den Stränden kämpfen und so weiter?«
»Nein, ich denke an die Frau, die ihn als Trinker bezeichnet hat. Woraufhin er gesagt hat: ›Ich bin morgen früh wieder nüchtern, aber Sie werden dann immer noch hässlich sein.‹«
»Ich finde dich nicht hässlich.«
Danke.
»Ich weiß nicht, worauf du hinauswillst«, fügt er hinzu.
»Ich könnte ganze Tage auf dem Laufband verbringen, aber du wärst danach immer noch ein oberflächlicher Mann.«
»Ich bin nicht oberflächlich.«
»Körpergewicht ist veränderlich.«
»Was soll das heißen?«
»Dass es wie einer deiner verdammten Investmentfonds ist, mal mehr, mal weniger. Natürlich kann ich abnehmen, das ist durchaus im Bereich des Möglichen. Und falls ich mal Kinder haben sollte, würde ich vermutlich wieder zunehmen. Das geht allen Frauen so, selbst Bein-Models.«
»Sophie, bitte.«
»Aber es gibt etwas, das nicht mehr rauf oder runter geht.«
»Lass mich raten. Ein kaputter Schirm?«
»Nein, dein Alter.«
»Sophie, bitte, ich weiß, dass du sauer bist, aber das war nun wirklich nicht nötig.«
Sauer? Sauer bin ich, wenn ich meine Monatskarte für die U-Bahn zu Hause vergessen habe.
»Ich bin mehr als sauer.«
»Gut, dann enttäuscht.«
Wieder Fehlanzeige. Enttäuscht bin ich, wenn Topshop die hübsche schwarze Weste nicht in meiner Größe hat.
»Nein, James, ich bin wütend.«
»Aber das verstehe ich nicht. Was habe ich denn gemacht? Sicher, ich wäre auch gern anders, aber die Dinge sind nun mal, wie sie sind.«
»O nein, die Dinge sind bei dir nie, wie sie sind. Du und deine Taschenspielertricks, mit denen du anderen etwas vormachst. Das Wetter in Las Vegas? Milde sechzehn Grad oder so. Hast du dabei im Rücken zwei Finger gekreuzt?«
»Warum bist du so bitter?«
Bitter? Ich bin nicht bitter, verdammt noch mal. Ich bin zutiefst verletzt und außer mir vor Wut. Das ist etwas anderes als bitter.
Okay, das reicht. Die vierte Frage werde ich gar nicht erst stellen.
»Ich möchte nach Hause.« Ich stehe auf. Seit gestern Nachmittag habe ich nichts mehr gegessen und der Drink hier ist mir sofort zu Kopf gestiegen. Mir ist es zu warm, und ich bin aufgebracht. Doch das Schlimmste ist, dass ich James, trotz allem, was er gesagt hat, begehre wie noch nie jemanden zuvor.
Um mein Make-up zu überprüfen, gehe ich noch einmal zur Toilette und betrachte mich im Spiegel. Mein Gesicht ist von der kalifornischen Sonne immer noch leicht gebräunt, und meine Wangenknochen treten deutlicher hervor denn je. Aber davon wird James jetzt nichts mehr haben. Und ich nichts mehr von ihm.
Den Weg zu meiner Wohnung legen wir schweigend zurück. Vor dem Haus macht James den Motor aus.
»Sophie.«
»Was?«
Er sieht mich an. Im Wagen ist es dunkel, und ich kann seine Miene kaum erkennen, aber trotzdem sehe ich ihm an, dass er das Ende unserer Beziehung bedauert.
Er neigt sich zu mir, um mich zu küssen. Ich komme ihm keinen Millimeter entgegen.
»Was soll das werden?«, frage ich.
»Ich habe
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