Sueße Verfuehrung im Pazifik
vorlas.
„Du musst mir das Geld zurückzahlen.“
„Du weißt, dass du es wiederbekommst.“
„Nein, Jake, das weiß ich eben nicht.“ Sie hielt seinen Blick fest. „Ich will es schriftlich haben, dass die Summe direkt auf mein Konto überwiesen wird, sobald die Erbschaft freigegeben ist.“
„Vertraust du mir etwa nicht?“
„Nein, ich vertraue dir nicht.“ Nach allem, was dieser Tag ihr abverlangt hatte, fiel ihr die brutale Ehrlichkeit nicht mehr schwer. „Ich kann dir in Geldangelegenheiten nicht vertrauen. Ich wäre eine Närrin, wenn ich es täte. Ich brauche es schriftlich.“
„Wie du willst!“, fuhr er sie an und riss ein Blatt Papier aus dem Drucker. Er kritzelte den Betrag darauf und weiter, dass er ihn sofort nach Freigabe der Erbschaft zurückzahlen würde. „Zufrieden?“
Sie nahm den Zettel und legte ihn in die Schreibtischschublade. In ihren Augen brannten Tränen. So sehr, dass sie kaum noch die Ziffern auf der Tastatur erkannte. Sobald sie die Eingabetaste gedrückt hatte, wusste sie, wie tief sie in Zarios’ Schuld stand. Sie hatte ihre Seele verpfändet. Und in den kommenden zwei Wochen würde sie in einer Scharade mitspielen, deren einziges Ziel es war, Rocco zu täuschen.
„Tu das nie wieder, Jake. Ich werde dir nicht mehr helfen.“
„Ich werde dich nie mehr darum bitten.“
Er meinte es ernst. Als sie in seine Augen blickte, die von demselben Blau waren wie ihre, und das Elend in seinem Gesicht sah, den Schmerz und die Scham, wusste sie, dass er ihr nichts vormachte. Sie streckte die Arme nach ihrem Bruder aus.
„Ich schäme mich so sehr“, schluchzte er. „Ich hasse mich mehr, als du mich hassen kannst.“
„Ich hasse dich nicht. Aber ich habe Angst um dich.“
„Sie fehlen mir so.“
„Ich weiß.“
„Sie würden sich so schämen.“
„Denk nicht daran.“
„Ich wollte, dass sie stolz auf mich sind.“ Er war am Ende. Tiefer konnte er nicht mehr fallen. „Ich werde nie mehr spielen. Ich werde dich stolz machen und Beth und die Zwillinge.“
„Arbeite daran, dass du selbst auf dich stolz sein kannst.“ Sie lächelte müde, als er auf die Uhr sah.
„Ich muss zu einer Besprechung.“
„Dann geh.“
„Wie hast du Zarios so weit gebracht?“
„Das ist jetzt egal.“ Sie brachte nur ein schwaches Lächeln zustande. „Du hast das Geld.“
„Danke.“
Jake war nicht der Einzige, dem ein wichtiges Treffen bevorstand. Emma sah aus ihrem Fenster und beobachtete, wie Zarios seinen schicken Wagen vor ihrem Haus einparkte. Als hätte er geahnt, dass sie sein Geld gerade ausgegeben hatte und er nun über sie verfügen konnte.
Ihre Vermutung wurde bestätigt, als er, statt auszusteigen und sie abzuholen, nur kurz hupte, um ihr mitzuteilen, dass er da sei und auf sie warte.
Er war gekommen, um ihren Teil der Vereinbarung einzufordern.
„Emma!“ Rocco erhob sich aus seinem Sessel und umarmte sie. „Wie schön, dass du mich besuchen kommst.“
Das Haus hatte sich, seit sie das letzte Mal hier gewesen war, nicht verändert. Es befand sich in Toorak, einem der vornehmen Viertel Melbournes. Die Fahrt dorthin war schweigend verlaufen. Sie hatte aus dem Fenster geschaut, ohne die Atmosphäre des Stadtteils, den sie so liebte, genießen zu können. Prächtige Villen, grüne Alleen, elegante Designerboutiquen, alles war an ihr vorübergezogen, ohne dass sie es wahrgenommen hätte. Nur die Steinfassade einer historischen Kirche mit hohem Turm hatte sie kurz aufblicken lassen, bevor sie sich wieder ihren trüben Gedanken hingab.
Als sie schließlich ankamen, hatte ihnen Roula, Roccos Haushälterin, geöffnet und sie in den Salon geführt. Der Raum glich einem Mausoleum voll von Bildern und Erinnerungsstücken an Roccos kurze Ehe.
Erschrocken hielt Emma den Atem an, als sie jetzt sah, wie zerbrechlich der alte Herr mit einem Mal wirkte. In den wenigen Wochen, seit sie sich das letzte Mal begegnet waren, schien er um Jahre gealtert zu sein. Nicht nur die Krankheit hatte seinen Verfall beschleunigt. Sie wusste, wie viel ihre Eltern ihm bedeutet hatten und wie stark er um sie trauerte.
„Du hättest mir sagen sollen, dass du Emma heute mitbringst“, tadelte er seinen Sohn.
„Es sollte eine Überraschung sein.“ Zarios lächelte.
„Ich bin zu alt für Überraschungen.“
„Du bist erst einundsechzig“, erinnerte ihn sein Sohn. Allerdings bewahrheitete sich bei seinem Vater der Spruch, dass man so alt ist, wie man sich fühlt. Trotz seines Reichtums
Weitere Kostenlose Bücher