Sueße Verfuehrung im Pazifik
den Mut fand zu sprechen: „Du scheinst über unsere Verlobung nicht sehr erfreut zu sein.“
„Ich bin hin und her gerissen“, gab er zu. „Ich liebe meinen Sohn, aber …“ Er wirkte plötzlich gedankenverloren. „Deine Eltern haben mir sehr viel bedeutet. In gewisser Weise fühle ich mich jetzt nach ihrem Tod für dich verantwortlich. Fast so, als wärst du meine Tochter. Und sosehr ich Zarios liebe, wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht, ob ich ihn mir als Mann für meine Tochter wünschen würde.“
Nicht gerade ein brillantes Zeugnis, das er seinem Sohn ausstellt, ging es ihr durch den Kopf. Auch wenn er die Worte bedachtsam und eher besorgt als abwertend aussprach. Er nahm ein weiteres Foto, und seine Augen füllten sich mit Tränen. Sie presste die Lippen zusammen. Vor sich sah sie einen ganz anderen Zarios. Das war nicht der Junge mit den viel zu ernsten Augen.
Drei oder vier Jahre alt, lief er glücklich lachend mit einer Plastikwindmühle unter dem Arm den Strand entlang.
Noch eine Aufnahme: Zarios strahlend in den Armen seiner Mutter, daneben ein stolzer Rocco.
Ein anderer Zarios und auch ein anderer Rocco.
„Du hast Bella nie kennengelernt.“ Er nahm das Bild und blickte es liebevoll an. Dann reichte er es Emma. „Unsere Ehe ging in die Brüche, bevor du geboren wurdest.“
„Sie ist so schön.“
„Das war sie.“ Er lächelte. „Und viel zu jung, um zu heiraten. Sie war erst sechzehn. Das waren andere Zeiten damals. Meine Großeltern hatten die Verbindung eingefädelt. Bella stammt aus meinem Heimatort. Als sie nach Australien kam, konnte sie kein Wort Englisch.“
„Da ging es ihr wie dir.“
„Ja, aber ich kam als Kind. Ich habe die Sprache schnell gelernt. Und ich hatte Freunde wie deinen Vater, die mir geholfen haben. Bella fühlte sich sehr einsam. Ich habe versucht, ihr die Eingewöhnung zu erleichtern, aber sie hat sich hier nie zu Hause gefühlt. Im Rückblick glaube ich, dass sie nach Zarios’ Geburt Depressionen hatte. Damals wusste man leider noch nicht so viel über diesen Zustand. Ich wollte unsere Ehe retten. Wir gingen zurück nach Italien, doch sie war immer noch unglücklich.“
„Also kam Zarios ins Internat?“
Er nickte. „Und ich kehrte nach Australien zurück. Nur hier konnte ich genug verdienen, um die Schulgebühren zu bezahlen und meine Familie zu unterstützen. Ein glückliches Land!“
Für Emma, die an ihre eigene, unbeschwerte Kindheit dachte, war die Situation unvorstellbar.
„Mehr als alles in der Welt wünsche ich mir, dass Zarios glücklich ist“, fuhr Rocco fort. „Ich spüre, wie verletzt er ist. Immer ist da dieser unterschwellige Zorn. Ich möchte, dass er die Liebe findet, die er in seinem Leben bisher vermisst hat. Liebst du ihn wirklich, Emma?“
Die Frage kam unvermittelt. Sein Blick war durchdringend. Noch während sie das Foto in ihrer Hand betrachtete, wusste sie, dass auch sie Zarios glücklich sehen wollte. Sie wünschte sich das Gefühl zurück, das sie an jenem Morgen im Sommerhaus verbunden hatte. Sie wollte den Mann, den sie ohne seinen Schutzschild aus Arroganz und Wut kennengelernt hatte. Seine dunklen Augen, die vor Glück strahlten, sollten es bei ihrem Anblick wieder tun.
Zweifellos stand sie in seiner Schuld, nicht nur finanziell. Er hatte ihr das Leben gerettet, ihre Hand gehalten, als sie ihre Eltern nach dem Unfall identifizieren musste. Er hatte in den ersten schrecklichen Stunden nach diesem Verlust ihre Verzweiflung geteilt und sie getröstet.
Tränen liefen ihr über die Wangen, als sie nickte und ihr klar wurde, dass es die Wahrheit war.
Sie liebte ihn.
„Dann wird alles gut. Die Liebe wird euch über alle Schwierigkeiten hinweghelfen. Wenn mein Sohn dich gebeten hat, ihn zu heiraten, dann muss er dich ebenfalls lieben.“
Oh, sie wünschte, es wäre so und Zarios hätte tatsächlich die Absicht, sie der Hölle der letzten Wochen zu entreißen.
Wenn es doch nur so einfach wäre.
„Du bist so still“, fand Zarios, als sie endlich allein waren und die Maskerade hinter der geschlossenen Schlafzimmertür beenden konnten.
„Ich bin müde.“ Emma saß am Frisiertisch und entfernte mit matten Bewegungen ihr Make-up, während er sich ohne Hemmungen hinter ihr auszog. Müde war noch eine Untertreibung. Sie verspürte eine bleierne Schwere in sich. „Und ich habe Kopfschmerzen.“
„Unsere Beziehung hat doch gerade erst begonnen, und schon bringst du lahme Entschuldigungen vor.“ Er sagte es so
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