Sueße Versuchung
über sie herfallen. Sie hatte zwar in Marian Manor Pärchen beobachtet, denen ein Sofa wie dieses mehr als ausreichend erschienen wäre, aber nicht Edward. Nein, nicht Edward. Er würde wohl doch warten, bis sie in ihrem Zimmer waren. Hoffentlich.
Wolken zogen über die violetten Himmel in Edwards Augen. »Ich habe sie jetzt nicht hier.«
Sophie setzte sich noch etwas aufrechter hin und hielt das Champagnerglas wie einen Schild vor sich. Sie dachte daran, dass Henry sie vor der Hochzeit nochmals beiseite genommen und ihr eingeschärft hatte, auf Edwards Teil der Vereinbarung zu bestehen, bevor sie … Henry hatte, bei diesem Punkt angelangt, zu stottern begonnen, aber Sophie hatte gewusst, was er meinte.
»Wir haben ein Geschäft, Lord Edward«, stellte sie jetzt fest. »Glauben Sie nur ja nicht, dass ich sonst das Zimmer oder gar das Bett mit Ihnen teile.«
»Glaubst du nicht, dass es an der Zeit wäre, den Lord wegzulassen? Nicht meinetwegen«, fügte er mit sanfter Ironie hinzu. »Aber die Leute könnten sich wundern.« Er rückte noch eine bedenkliche Handbreit näher und legte seinen Finger unter ihr Kinn. Sophie erzitterte unter dieser sanften, jedoch unnachgiebigen Berührung. »Du hast mir in der Kutsche, als ich dich von Jonathan Hendricks Veranstaltung heimgebracht habe, gesagt, dass du mir vertraust, Sophie. Weshalb hast du deine Meinung geändert?«
»Ha … be ich nicht.« Sophies Herz raste in ihrer Brust, ihr Atem stockte, und ihr wurde schwindlig. Sein Finger strich von ihrem Kinn zu ihrer Wange. Sophie spürte die Berührung im ganzen Körper.
Jetzt war sein Finger über ihren Lippen. Sophies Herz setzte kurzzeitig aus, um dann umso wilder zu schlagen. Aber da war er schon wieder fort, streichelte die andere Wange hinunter. »Zumindest einen Gute-Nacht-Kuss wird dein Gatte ja vorerst erhoffen dürfen.« Seine Stimme war weich, ein wenig ironisch und verführerisch zugleich.
Sophie dachte über seine Worte nach. Da hatte er wohl nicht unrecht. Aber dennoch scheute sie davor zurück, ihn noch dichter kommen zu lassen. Seine Nähe löste neben dem Herzrasen auch noch ein verwirrendes Kribbeln in ihr aus, das sich gewiss verringerte, je weiter sie von ihm entfernt war. Am ruhigsten hätte sie sich im Moment vermutlich in Schottland gefühlt.
Andererseits – was war denn schon an einem kleinen Kuss? Nichts. Es war ja auch nicht der erste, den sie von ihm erhielt. Und die anderen hatte sie auch überlebt, wenngleich seelisch nicht ganz unbeschadet. Sie straffte die Schultern. Eine McIntosh hatte keine Furcht. Und falls doch, dann sollte sie der Teufel holen, wenn sie sie zeigte.
Edwards Gesicht trug immer noch das gleiche, seltsame Lächeln. Er beugte sich näher.
Sophie schob das Glas vor seine Nase. »Auf Henry!«
»Henry?« Edward verharrte in der Bewegung. »Wieso ausgerechnet Henry?«
»Nun, er ist Teil unserer Vereinbarung, nicht wahr?« Sie nahm einen großen Schluck, dann noch einen. Die perlende Flüssigkeit prickelte hinter ihren Augen und ließ die Umgebung verschwimmen. »So. Und worauf trinken wir jetzt? Auf Tante Elisabeth?«
»Gar nicht.« Er nahm ihr das Glas mit einem Kopfschütteln aus der Hand und stellte es hinter sich auf ein Tischchen. »Bevor du auf die Idee kommst, auch noch auf diesen McGregor zu trinken.«
»Das wäre eine gute Idee. Der arme Phaelas.« Sie sah Edward an. Sein Gesicht war nicht mehr ganz scharf, aber vielleicht saß er auch einfach nur zu nahe. Die violetten Augen waren wunderbar. Sophie wollte wegsehen, aber sie konnte nicht – etwas zog sie hinein. »Der arme Phaelas«, wiederholte sie verträumt. »Er ist Witwer, weißt du?
Ein sehr netter Mann. Sehr ehrbar …« Sie erschrak, als Edward überraschend heftig reagierte. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen, über die violetten Himmel zogen Wolken und Blitze, und seine Stimme wurde lauter.
»Nimm es mir nicht übel Sophie, aber dein Phaelas oder wer immer interessiert mich im Moment einen …« Er unterbrach sich, als er Sophies große Augen sah und atmete tief durch. Dann streckte er die Hand nach ihr aus. Sophie zog sich noch ein wenig zurück.
Und da gab das Sofa unter ihr nach. Es war einfach zu Ende! Sophies Hinterteil hing zuerst für den Bruchteil einer Sekunde in der Luft, dann begann das Zimmer zu wanken. Es drehte sich, die Möbel um sie herum schienen in die Höhe zu fliegen, sie selbst wurde von einer unbekannten Tiefe angezogen. Sie griff um sich, wollte sich festhalten, fasste
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