Suesser Als Blut
war. »Seamus ist heute Abend ja reichlich beschäftigt.« Mit einem gekünstelten Stirnrunzeln fügte ich hinzu: »Und ich habe gehört, er soll sich gar nicht für Damen interessieren, sondern nur für einen gewissen rothaarigen Barmann. Etwas, das du mir freundlicherweise hättest mitteilen müssen.«
Ein verschlossener Ausdruck trat auf sein Gesicht. »Durfte nicht.«
Ich lachte freudlos. »Hab ich’s mir doch gedacht.«
Eine andere Kellnerin tauchte mit einem Tablett voller leerer Gläser auf.
»Nackfüll!«, rief sie, ohne mich eines Blickes zu würdigen.
Mick warf ihr einen bitterbösen Blick zu und brummte: »Hau ab, Chen.« Finster blickte er der Davoneilenden nach.
Ich schaute erneut nach oben, aber Seamus und die Blondine waren nicht mehr zu sehen. »Da bekommt dein Liebesleben wohl eine Delle, was?«
Mick verzog mürrisch den Mund. »Sex im Pub ist tabu.«
»Da wird die Kundschaft aber ganz schön enttäuscht sein.«
»Keineswegs, Ms Taylor. Ich versichere Ihnen, dass alle unsere Besucher höchst zufrieden sind.« Ich wandte mich zu der Frauenstimme um und blickte in leuchtende graue Augen.
»Ich bin Fiona, die Besitzerin des Tir na n’Og .«
Sie hatte kurze, weißblonde Haare, ein perfekt geschminktes Gesicht, und ihr Kleid war spektakulär: ein schwarzer, eng anliegender Seidenschlauch, der von Rubinen zusammengehalten wurde. Auch an ihren schwarzen Handschuhen, die ihr bis zum Ellbogen reichten, prangten dicke Rubine. »Wenn Sie mir bitte folgen wollen? Declan erwartet Sie.«
Ich strahlte. »Dann wollen wir ihn nicht länger warten lassen, nicht wahr? Nach Ihnen.«
Sie wandte sich um und schritt auf die Treppe zu. Auch ich wollte gehen, doch Mick hielt mich mit seinen Saugnapffingern zurück. »Sei vorsichtig«, flüsterte er. »Declan hat’s nicht so mit dem Fae-Adel.«
Womit er sich offenbar auf seine Weise bei mir entschuldigen wollte.
12. K apitel
A uf geht’s zum Blutspenden … schoss es mir durch den Kopf, während ich Fiona, oder besser gesagt, ihren Schuhen die Treppe hinauffolgte: rote Lederpumps mit Zehn-Zentimeter-Absätzen. Auch mit Rubinen besetzt. Ich bekam eine Gänsehaut. Was sollten die Klunker? Fiona war auf meinem inneren Radar als Mensch aufgetaucht, wieso putzte sie sich dann heraus wie Schneewittchens böse Stiefmutter?
Ich schaute sie genauer an. Nichts. Keine Magie. Aber oben an der Treppe sah ich einen zarten, blauschimmernden Vorhang: ein Abwehrzauber. Ich schritt hindurch, und es fühlte sich an, als würde ich durch ein klebriges Spinnennetz gehen. Aber was immer damit abgewehrt werden sollte, ich war es jedenfalls nicht.
»Hier entlang, Ms Taylor.« Fiona wandte sich nach rechts.
Hufeisenförmige Sitznischen zogen sich um die gesamte Länge der breiten Galerie. Das sah aus wie eins von diesen Rummelplatzfahrgeschäften in Stasis. Ein zartes rosa Licht wie von einzelnen Kerzen schimmerte über die hohen Rückenlehnen der halbrunden Sitzbänke. Soweit ich es sehen konnte, war keine der Nischen besetzt. Der Lärm und das Stimmengewirr von unten waren hier oben nur noch wie aus weiter Ferne zu hören, als hätte jemand einen schweren Vorhang vorgezogen.
Hier oben war alles eitel Ruhe und Frieden.
Und voll dunkler Geheimnisse, wie mir schien.
Mesmer . Ich biss mir in die Wangen, um die Wirkung des Zaubers abzuschütteln. Es war also tatsächlich Mesmer am Werk, hier und auch unten im Erdgeschoss. Nur so ließ sich
diese entspannte Atmosphäre erklären. Aber das alles war so fein, so zart und subtil gemacht, dass ich es kaum spüren konnte – wie eine Schlange, die lautlos an einem vorbeikriecht … was ziemlich ironisch ist, wenn man bedenkt, dass Sankt Patrick dieses spezielle Tier bereits vor langer Zeit von den Küsten Irlands vertrieben haben soll.
Wer weiß, was ich sonst noch übersehen hatte?
Ich schaute mir Fiona noch einmal an. Immer noch nichts. Das heißt … hatten die Rubine an ihren Schuhen nicht gerade kurz aufgeblinkt? Mein Nacken kribbelte. Oder hatte ich mich getäuscht? Hatte mir die Beleuchtung einen Streich gespielt? Kacke . Da war doch was … Es hatte mit Rubinen zu tun … Nein, es wollte mir nicht einfallen.
Da merkte ich, dass Fiona stehen geblieben war.
Ein großer, dunkelhaariger Mann ragte vor mir auf und schaute mich aus freundlich funkelnden, warmherzigen blauen Augen an.
»Wenn das nicht die liebliche Genevieve ist! Wie schön, Sie endlich kennenzulernen.«
Er sah aus wie Mitte vierzig, hatte »die Gabe« also
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