Suesser Als Blut
später erhalten als die meisten. Er war der Archetyp des attraktiven Iren: gerade Nase, energisches Kinn, beinahe unmerklich eingekerbt, auf den Wangen der Hauch eines dunklen Bartschattens. Er trug im einen Ohr einen kleinen runden Goldohrreif, und auch im Ausschnitt seines weißen, kragenlosen Leinenhemds, das er offen über einer schwarzen Moleskinhose trug, funkelte es golden.
Ich erwiderte sein Lächeln, ich konnte nicht anders, so unwiderstehlich war es. Er schien so glücklich und entzückt, mich zu sehen. Seine Freundlichkeit und Wärme hüllte mich ein wie ein warmes Kaminfeuer, ein heißer, dampfender Grog und der Duft von frisch gebackenem Brot – all das, was ein gemütliches Heim ausmacht.
Aber bei mir zu Hause hatte es so etwas nie gegeben.
Mein Lächeln erlosch wie eine ausgepustete Kerzenflamme. »Wie könnte ich eine Einladung ablehnen, die so viele reizende Erinnerungen bei mir geweckt hat?«
Declan lachte vergnügt in sich hinein. Seine Augenwinkel kräuselten sich dabei auf höchst attraktive Weise. »Und manche Erinnerungen sind bedeutungsvoller als andere.« Er nahm meine Hand.
Ich ließ ihn, schließlich war ich bis zu den Augäpfeln mit G-Zav vollgepumpt.
» Céad míle fáilte .« Seine Finger fühlten sich kühl an. »Das bedeutet: Tausendmal willkommen, falls Sie des Gälischen nicht mächtig sein sollten.« Er drehte meine Hand um, beugte sich vor und hauchte einen Kuss auf mein Handgelenk. Dann schnupperte er genießerisch. »Aaah. Milch und Honig …«
Ich wollte meine Hand eigentlich wegziehen, wusste aber beim besten Willen nicht, wieso. Er war doch ein alter Freund der Familie, so was wie ein Lieblingsonkel. Liebevoll blickte ich auf sein von einzelnen Silberfäden durchwobenes schwarzes Haar …
Familienfreund? Auch so was hatte ich nie gekannt.
Und seine blöden Spielchen gingen mir allmählich auf den Keks.
Ich seufzte gereizt. »Jetzt kommen Sie schon, Declan, lassen Sie den Quatsch.«
Ich spürte seine spitzen Fangzähne.
Mein Puls machte einen Satz, und tief in meinem Innern keimte Lust auf, zwar vom G-Zav gedämpft, aber dennoch deutlich spürbar. Shit. War aus dem Spiel etwa Ernst geworden? Ich musste an mich halten, um ihm nicht mein Knie in die Schnauze zu rammen.
»Ein Tropfen«, warnte ich ihn, »und ich seh rot! Dann können Sie sich eine neue Visage zulegen.«
Sein Atem strich feucht über meine Haut.
»Declan«, warnte Fiona.
Er hob den Kopf. Seine Augen waren kohlschwarze Löcher, seine Haut spannte sich straff über seine ausgezehrten Gesichtszüge. Er hatte den Mund aufgerissen und fletschte alle vier Fänge.
Mein Herz hämmerte. Nicht gut. Gar nicht gut . Fiona schien eher verärgert als besorgt zu sein, aber es war ja auch nicht ihr Hals auf dem Henkersblock. Sie erwiderte meinen Blick mit einem gewissen Zögern, was mich an einen römischen Imperator denken ließ, der sich nicht entscheiden kann, ob’s Daumen hoch oder Daumen runter heißt.
Irgendwie konnte ich mir nicht vorstellen, dass wir je dicke Freundinnen werden würden.
Dann seufzte sie tief. »Männer und ihr Ego, Ms Taylor. Nicht mal ein Paar scharfer Fangzähne kann es in Stücke reißen.«
Declan warf den Kopf in den Nacken und lachte schallend. Sein Gelächter kam explosionsartig und mit einer Wucht, dass mein Haar flatterte und der magische Schutzvorhang, der die Galerie umgab, jäh zerriss. Es knackte in meinen Ohren – oder vielleicht lag’s an meinen Nerven. Immerhin war ich tatsächlich knapp an einer Blutspende vorbeigeschrammt.
Und hätte hinterher nicht mal das Fresspaket gekriegt.
Das Echo seines Gelächters schallte von unten zu uns herauf.
Declan grinste breit; seine nun wieder himmelblauen Augen funkelten vergnügt, und die Totenkopfnummer war offenbar auch abgehakt. »Da erleben unsere Gäste aber heute Abend mal ein ganz besonderes craic !«
Ich schluckte erleichtert. Aber die Mühelosigkeit, mit der er sich zurückverwandelt hatte, verriet mir, wie viel er tatsächlich draufhatte. Bestimmt würden selbst der Earl und sogar Malik nicht so leicht mit ihm fertig werden.
Aber das war kein Grund, ihn glauben zu lassen, er hätte mich aus dem Gleichgewicht gebracht.
Ich klatschte gelangweilt. »Nette Show, Declan. Sie sollten
zum Theater gehen. Wie man hört, wissen Sie eine gute Vorstellung zu schätzen.«
Er ließ meine Hand los und zwinkerte Fiona zu. »Da siehst du, Liebchen. Und hab ich dir nicht gesagt, sie hat Humor?«
Sie schürzte ihre perfekt
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