Suesser Als Blut
geschminkten, rubinroten Lippen. »Glück gehabt, alle beide, kann ich da nur sagen.« Sie wandte sich ab und sagte, über die Schulter gewandt: »Ich bringe euch was zu trinken. Etwas Abkühlung tut not.«
Wie es schien, war Fiona diejenige, die all die guten Ideen hatte.
Declan warf der entschwindenden Gestalt eine Kusshand nach und murmelte: »Die perfekte Gastgeberin.« Dann deutete er mit einem schelmischen Grinsen auf eine Sitzecke. »Machen Sie sich’s gemütlich, Schätzchen.«
Als ich sah, wie dunkel es in diesen hochlehnigen Nischen war, wurde mir sekundenlang ganz anders. Aber mein Instinkt sagte, dass die Scharmützel vorläufig vorbei waren. Ich ließ mich also auf die weich gepolsterte grüne Sitzbank mit den roten Kleeblättern sinken.
Declan nahm mir gegenüber Platz. »Sie haben meinen Jungen also gesehen«, sagte er mit einem Halblächeln.
»Ja, ich habe Ihren Jungen gesehen.« Ich legte meinen Kopf schief. »Wissen Sie, Sie hätten ruhig zum Telefonhörer greifen können. Das hätte uns diesen ganzen Zirkus erspart.«
Er lachte leise in sich hinein. »Aber dieser ganze Zirkus macht das Leben nun mal so interessant, Liebchen.«
Ich presste die Lippen zusammen. Für ihn vielleicht.
»Und Sie können nicht bestreiten, dass wir es hier mit einer höchst faszinierenden Situation zu tun haben«, fuhr Declan fort. »Mein Junge soll Melissa getötet haben, das arme kleine Ding.« Ein trauriger Ausdruck breitete sich auf seinem attraktiven Gesicht aus. »So ein hübsches Mädchen obendrein, und fast einundzwanzig Jahre alt. Drauf und dran, ihr Leben radikal zu ändern, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
Einundzwanzig. Das gesetzlich vorgeschriebene Mindestalter für die Transformation. Ich runzelte die Stirn. »Ja, und?«
»Der Junge wusste, dass wir sie rüberholen wollten, er und das arme kleine Ding hatten sich schon darauf gefreut. Er hätte nie versucht, es selbst zu machen. Zu riskant. Und unnötig.«
»Das Zeug, das in den Zeitungen steht, glaubt sowieso niemand, der auch nur ein bisschen Ahnung hat, Declan«, sagte ich. Dann wurde mir etwas klar: Declan schien eben keine Ahnung zu haben, dass Melissas Tod nicht auf einer vermurksten Transformation beruhte. Sonst hätte er wohl kaum versucht, mich vom Gegenteil zu überzeugen. Bedeutete das, dass er Bobbys Gedächtnis nicht nach den Erinnerungen an ihren Tod durchforstet hatte? Oder dass Bobby gar keine Erinnerungen besaß, die Declan hätte finden können, weil er das Mädchen nicht getötet hatte?
»Aber«, sagte ich, behutsam nach Antworten fischend, »das bedeutet noch lange nicht, dass Ihr Junge Melissa nicht umgebracht hat. Vielleicht hat er einfach die Beherrschung verloren?«
»Wie kommen Sie auf den Gedanken, ich wüsste nicht, ob er sie getötet hat oder nicht, Liebchen?« Er lächelte. »Er ist mein Eigentum.«
Das saß.
»Wenn er sie also nicht getötet hat, dann muss es ein anderer gewesen sein«, fuhr Declan fort.
Ich schaute ihn mit schmalen Augen an. »Egal ob er sie nun umgebracht hat oder nicht, es gibt Ihnen jedenfalls nicht das Recht, mich in die Sache hineinzuziehen. Das war nicht abgemacht.«
»Wie kommen Sie denn darauf?«
Ich beugte mich vor. »Unsere Abmachung bestand darin, dass Sie mich benachrichtigen, wenn ein Fae oder ein Faeling in Not ist. Und falls es Ihnen entfallen sein sollte: Ihr Junge gehört
nicht zu dieser Kategorie, er hat einen hübschen Satz spitzer Fangzähne. Suchen Sie sich also gefälligst jemand anders, der den Privatschnüffler für Sie spielt.«
Er grinste breit und zeigte mir seine eigenen strahlend weißen Beißerchen. Mist. Er hatte also noch irgendwo ein Ass im Ärmel. Ich seufzte innerlich. Ich hatte sowieso nicht geglaubt, dass er mich aus der Sache rauslassen würde, bloß weil sie, genau genommen, nicht unserer Vereinbarung entsprach. Na, wenigstens hatte ich es versucht.
»Aber was ist mit dem armen Ding?«, fragte er leise. »Sie wollen ihr sicherlich nicht Ihre Hilfe versagen, da sie doch Fae-Blut in ihren Adern hat?«
Melissa war Faeling? Wieso hatte Hugh das nicht erwähnt? »Selbst wenn«, sagte ich, »jetzt kann ihr keiner mehr helfen. Sie ist tot.«
»Ist sie das?«, bemerkte er mit einem geheimnisvollen Halblächeln.
»Die Polizei und der Pathologe sind dieser Ansicht, ja. Wollen Sie damit sagen, Sie glauben, dass sie nicht tot ist?«
Sein Lächeln wich einem verwirrten Stirnrunzeln. »Haben Sie sie denn nicht angeschaut?«
»Nein. Ihre Mutter hat die
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