Suesser Als Blut
Liebchen, schenke unserer Sidhe hier doch noch einen Drink ein.«
Sie zögerte kurz und streckte dann auffordernd die Hand aus. Was immer auch in ihr vorging, sie verbarg es hinter einem verbindlichen Lächeln. »Ms Taylor?«
Unsere Finger berührten sich, als ich ihr mein Glas reichte.
Sie erschauderte, ihre Augen weiteten sich, nahmen einen entrückten Ausdruck an. Ihre Hand zuckte, und sie ließ das teure Glas fallen …
Declan fing es blitzschnell auf und stellte es zusammen mit seinem eigenen ab.
Mein Hals war auf einmal wie zugeschnürt. Ich selbst hatte nichts gespürt, nur die Wärme ihrer Finger.
»Liebchen?«, sagte er besorgt, doch ich konnte einen unterschwelligen Befehlston heraushören.
Fiona sank kreidebleich neben ihn auf die Bank. Abermals erschauderte sie heftig und rang keuchend nach Luft.
Er nahm ihre Hand in die seine. »Komm, zeig mir, was du gesehen hast.«
Sie zögerte, warf mir unter ihren langen Wimpern einen ängstlichen Blick zu und küsste ihn dann auf den Mund.
Ich hatte das ungute Gefühl, dass dies mehr war als ein liebevoller Schmatz.
Ich starrte mein Glas an, das unversehrt auf dem Tisch stand. Plötzlich fiel mir wieder ein, was es mit Rubinen auf sich hatte. Hexen verwenden Edelsteine als Auffangbehälter für Zaubersprüche, aber es gibt Menschen, die sie benutzen, um ihre diversen Talente zu verstärken oder besser zu steuern. Rubine vertiefen die Intuition, das Einfühlungsvermögen, die Hellsichtigkeit: Fiona konnte mit einer einzigen Berührung in meine Vergangenheit sehen, sich eine Erinnerung herauspflücken oder – was eher selten ist – in meine Zukunft sehen. Und ich hätte wetten können, dass Fiona zu diesen besonders Begabten gehörte. Und Declan konnte ihre Gabe natürlich in ihrem Blut schmecken. Wenn man hinzunimmt, wie gut Declan darin war, anderen ihre Erinnerungen zu stehlen, dann bekam
der alte Spruch: »Du bist, was du isst«, eine völlig neue Bedeutung. Der Blick, den sie mir vorhin zugeworfen hatte, war voller Entsetzen gewesen, aber ich hatte auch eine tiefe Befriedigung, ja Schadenfreude gefühlt.
Kacke . Was hatte sie bloß gesehen?
»Blut …«, flüsterte Fiona heiser, »so viel Blut …« Sie wimmerte.
Declan streichelte zärtlich Fionas Wange. »Denk nicht mehr daran, Liebchen. Schlaf und vergiss«, sagte er eindringlich und leise.
Ihre Augen fielen zu, und sie ließ sich mit einem leisen Seufzer an ihn sinken; ihr Kopf ruhte auf seinem Schoß.
Hm.
Ich griff zur Wodkaflasche und schenkte mir noch einen kräftigen Schluck ein, den ich sofort austrank.
»Wie nett . Aber jetzt muss ich leider gehen.«
Schade, dass ich mindestens noch eine ganze Flasche hätte trinken müssen, bevor ich auch nur das Geringste gespürt hätte. Verflixter Sidhe -Metabolismus. Ich stellte mein Glas ab. »Tut mir leid, dass ich unser kleines Tête-á-Tête beenden muss, Declan.«
Mit Augen, deren Blau so kalt wie Gletschereis war, blickte er mich an. »Ich warne Sie, Genevieve.« Er strich mit dem Finger über Fionas Hals, schob ihn unter den rubinbesetzten Choker, der ihren Hals eng umschloss. »Wir haben eine Abmachung, Sie und ich.« Er drehte die Kette brutal um. Die Steine gruben sich in Fionas weiße Haut. »Also halten Sie sich gefälligst vom Earl und Malik al-Khan fern.«
Das Herz schlug mir bis zum Hals. Ich hatte verstanden, sehr gut sogar – Fiona mochte ihm wichtig sein, ja, er betrachtete sie als sein Eigentum, aber das würde ihn nicht davon abhalten, ihr wehzutun oder sie gar zu töten, wenn er es für nötig hielt – und dasselbe galt für mich.
»Eines wollen wir doch mal klarstellen, Declan.« Ich ballte
meine Hände zu Fäusten. »Mag ja sein, dass wir eine Abmachung haben, aber mehr auch nicht. Das gibt Ihnen noch lange keine Rechte über mich. Ich gehöre mir selbst und mir ganz allein, kapiert?«
Er lächelte böse und verdrehte abermals Fionas Halskette. Sie wimmerte im Schlaf und ruderte hilflos mit der Hand.
Ich erhob mich. »Danke für den Drink, Declan.«
»Sláinte, Genevieve. Sobald Sie was rausgefunden haben, geben Sie mir Bescheid.«
Als ich ging, spielte die Band »Danny Boy«.
13. K apitel
F ünf Stockwerke, die Nachwirkungen des G-Zav und der Besuch im »Blutigen Kleeblatt«, ganz zu schweigen von Fionas reizenden Zukunftsvisionen, bilden nicht gerade einen angenehmen Abschluss für einen verkorksten Abend. Ich hielt keuchend inne, bevor ich mich an die letzte Treppe machte. Den Hausschlüssel einsatzbereit in
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