Süßer der Punsch nie tötet
mit Strass und Glimmer. »Nicht unbedingt geeignet für einen verschneiten Dezembertag«, sagte Katinka zu sich selbst. Sie erschrak, als ein Mann neben ihr stehen blieb und ins Schaufenster starrte. Er hatte Kopfhörer in den Ohren, aus denen ›Marmorstein und Eisen bricht‹ plärrte. Verzweifelt musterte er die Klamotten jenseits der Scheibe. Katinka ging achselzuckend weiter.
Neben der Crêpebude stand Kira Müller und versuchte, eine vor Schokoladensoße strotzende Crêpe in ihren Mund zu befördern, ohne die weißen Fingerhandschuhe schmutzig zu machen.
»Berichten Sie in Ihrem Magazin darüber?«
Kira fuhr zusammen. Die Crêpe rutschte ihr aus dem Pappdeckel. Katinka hielt die Hand drunter und fing das Teigteil auf. »Sorry.«
»Ach, Sie sind das!« Es klang, als habe sie jemand anderen erwartet. »Nein. Ich berichte nicht. Ich hatte Hunger.« Resigniert nahm sie Katinka die Crêpe aus der Hand, biss noch einmal ab, warf den Rest in den Papierkorb und zog mit einem Fluchen die schmutzigen Handschuhe aus.
»Nichts für ungut.« Katinka kam sich ziemlich dumm vor. War es ihre Schuld, wenn Kiras Nerven schlecht waren und sie sofort fallen ließ, was sie in den Händen hielt, sobald man sie ansprach? Sie wandte sich zum Gehen.
»Warten Sie.« Kira packte Katinka am Arm. »Weiß man schon was Neues? Wann kann ich Caro sehen? Sie liegt im Krankenhaus in Haßfurt. Wird total abgeschottet. Verstehen Sie, warum?«
»Schon, ja.« Katinka machte keine Anstalten, Kira die Hintergedanken der Mordkommission zu erläutern.
»Ich brauche ein Interview mit ihr. Mein Chefredakteur mault. Wenn ich bis morgen nichts bringe, wird Caro Terento von der Liste gestrichen. Wahrscheinlich für immer.«
Hoppla, das klingt aber endgültig, dachte Katinka. »Dann machen Sie einfach mit den Crêpe-Ständen weiter. Oder warten Sie: Kennen Sie Claudius Gefell?«
»Wen?«
»Ein talentierter Koch, in Franken eine große Nummer. Ist spezialisiert auf eigens auf seine Gerichte abgestimmte Gewürzmischungen. Seine Bude steht dort oben«, Katinka wies durch die Fußgängerzone, »an der Oberen Rathausbrücke. Gehen Sie Richtung Dom, und Sie können ihn nicht verfehlen.«
Kira nickte Katinka zu und stapfte davon. Aufgeblasene Pute, dachte Katinka. Im Augenblick jedoch war sie gedanklich mit anderem beschäftigt. Sie hatte immer noch kein Geschenk für Hardo. Wahrscheinlich war ein Buch das Mittel der Wahl. Hardo hatte Germanistik studiert, bevor er Polizist geworden war, und er las mit Leidenschaft, sofern er Zeit dazu hatte. Katinka wollte gerade in die Buchhandlung, als ihr Handy klingelte.
»Sie werden lachen, was ich rausbekommen habe.«
Katinka verdrehte die Augen.
»Herr Wischnewski! Sie erschrecken mich. Noch mehr Recherchearbeit, so kurz vor Weihnachten?«
»Der Globus dreht sich bekanntlich nach den Feiertagen auch noch. Das stellt man jedes Jahr aufs Neue fest.«
»Da ist was dran.«
»Haben Sie Lust, mich im Sternla zu treffen? Die haben eine Eisbar im Innenhof.«
»Sie lassen ja doch nicht locker.« Seltsam, dachte sie, als sie die Buchhandlung betrat. Alle recherchieren und forschen, bloß ich taumele durch die Weltgeschichte, als wenn wirklich nur noch Weihnachten bevorstünde und ansonsten nichts.
Sie kaufte für Hardo ein Buch über einen Philosophen, der mehrere Jahre mit einem Wolf zusammengelebt hatte, und machte sich auf den Weg zu Bambergs ältestem Gasthaus.
›Eisbar ab 19 Uhr‹, stand auf einem Schild. Katinka ging durch die Schwemme, trat in den Hof hinaus und stand vor einem kleinen Wunder: Dicke Eisblöcke waren zu einer Bar aufgetürmt worden. Dahinter hüpfte eine junge Frau mit Pudelmütze auf und ab. Eine clevere Lichttechnik sorgte dafür, dass das Eis alle paar Sekunden in einer anderen Farbe leuchtete. Türkis, grün, lila.
»Super, was?« Dante kämpfte sich durch den Pulk früher Gäste.
»Abgesehen von der Temperatur.«
Dante grinste. Er hielt ein Proseccoglas in der Faust. »Möchten Sie auch einen?«
»Warum nicht.« Katinka klemmte ihr Buch unter den Arm und nahm ein Glas entgegen, das ihr das Mädchen hinter der Bar hervorreichte. Morgen haben die alle Schnupfen, dachte sie.
»Kommen Sie mit, dahinten brennt ein Feuerchen zum Aufwärmen.«
»Weit genug von der Eisbar?«
»Lästern Sie nicht. Warum lehnen Sie Trends so rundweg ab? Sie sollen hier ja nicht übernachten. Ein Prosecco und gut ist’s.«
»Also, was haben Sie ausgebuddelt?« Katinka stellte sich nah ans Feuer. Sofort
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