Süßer der Punsch nie tötet
stieg ihr der Geruch nach Rauch und Holz in die Nase. Auch ein paar andere Gäste rückten mit ihren Getränken in die Nähe. Feuer fasziniert einfach, dachte Katinka. Dem kann man sich nicht entziehen. Hat vielleicht was mit unseren Genen zu tun, die noch auf Steinzeit eingestellt sind.
»Ihr Problem, wenn Sie mit Lifestyle nichts am Hut haben.« Dante schob mit einer Hand seine Ohrenklappenmütze zurecht. »Dabei entgeht Ihnen nämlich einiges. Ich für mein Teil rezipiere eine Menge Journale und Magazine aus diesem Bereich, weil ich herausfinden will, was an ihnen gut gemacht ist.«
»Und? Vorlesung Teil zwei?«
»Gut gemacht ist, dass sie unterhaltsam und flott geschrieben sind. Die Themen sind meist banal und langweilig, aber die Texte sind gut aufgemacht. Das macht die öden Inhalte wett. Genau dafür interessiere ich mich: Wie kann man eine Sache, die an und für sich niemanden vom Hocker reißt, so bringen, dass jemand das Heft kauft?«
»Lassen Sie mich überlegen. Es geht darum, dass Sie Ihre Karriere im Wissenschaftsjournalismus planen.«
»Exakt. Da geht es um dieselbe Problematik. Andere Themen, aber die gleiche drängende Frage: Wie beschreibe ich einen letztlich langweiligen Vorgang so, dass die Leser dranbleiben?«
»Und? Wie machen Sie das?«
Dante nippte an seinem Prosecco. An der Wand vor ihnen leuchtete ein Dia auf. »He, eine PowerPoint-Präsentation!« Musik begann aus einem Lautsprecher zu dröhnen. Begeistert hopste Dante auf und ab, als wolle er einen Hip-Hop-Preis gewinnen. »Das ist jetzt nicht die Frage«, rief er durch den Lärm. »Ich habe mich mit Stars & Kitchen befasst. Eine ehemalige Kommilitonin angerufen, die dort gerade ein Volontariat macht. Und es stellte sich heraus«, er trank den Prosecco aus und stellte sein Glas ab, »dass Stars & Kitchen rote Zahlen schreibt. Kann sogar sein, dass die Dezemberausgabe die letzte war.«
Katinka zog den Schal enger um ihren Hals. »Das heißt, Kira Müller bemüht sich vergebens.«
»Kira Müller? Die Tussi, die für die halben Promiportionen zuständig ist?« Dante lachte.
»Was wissen Sie über sie?«
»Kira darf nicht die großen Fernsehköche interviewen oder nach Mexiko fliegen, um eine Reportage über lebendige Insekten in Sandwiches zu machen. Sie kriegt den Kleinkram. Solche Leute wie Caro Terento.«
»Was ist denn daran schlecht?«
»Ich bitte Sie: Caro Terento ist vielleicht lokal ein Thema. Aber ansonsten lebt das Lifestylegeschäft von Emotionen, und die kriegt man mit einer italienischen Köchin in Franken nicht aufs Papier.«
Katinka nickte. Ihr Prosecco war eisig. Sie stellte das volle Glas weg und sagte: »Sie meinen, dass Kira Müller richtig Glück hatte, einem Kochkurs beizuwohnen, wo sie eine Menge Emotionen gratis mitgeliefert bekam?«
»Mordversuch im Kochkurs: Mensch, Frau Palfy. Da fliegt mir schon der Stift weg vor lauter Ideen! Interviews mit den anderen Teilnehmern. Motto: Was haben Sie gefühlt? Ja, das will der Leser wissen, das kann sogar den Weg auf den Titel schaffen!«
»Welche Dimensionen!«
»Nun frage ich Sie, Frau Palfy: Halten Sie es für möglich, dass Kira Müller ein bisschen nachgewürzt hat?«
»Für eine gute Story?«
Dante bleckte die Zähne. »Was glauben Sie, was ich für eine gute Story täte.«
Es gibt Menschen, die Gefahr laufen, an ihrem eigene n Geltungsbedürfnis zugrunde zu gehen .
20. DEZEMBE R
»Sie hat sich finanziell völlig übernommen!« Hardo stemmte die Hände in die Jackentaschen. »Landhaus in Apulien und solche Scherze. Wollte dort Kochkurse geben, Bed & Breakfast anbieten. Alles Essig!«
Katinka stand neben Hardo auf der Oberen Rathausbrücke. Sie blickten auf Klein Venedig hinunter.
»Was sagt Ruth Stein?«, fragte Katinka.
»Sie brauchte einige Zeit, bis die Papiere, die die italienische Polizei gefaxt hat, übersetzt waren. Caro Terento hat einen Kredit von 250.000 Euro zu tilgen. Da siehst du schnell alt aus.«
»Uns würde die Bank keinen Kredit über 250.000 geben!«
»Kann ich der Bank nicht verdenken.«
»Du meinst, die Bank ist selbst schuld?«
Hardo grinste. »So würde ich es nicht sagen wollen.«
»Aber was ich heraushöre, ist doch: Hat Caro Terento diese Morde begangen, um Publicity zu bekommen? Um berühmt zu werden? Um Kohle zu machen, damit sie aus ihrem finanziellen Loch herauskommt?«
»Wir werden jetzt intensiv in ihrem Umfeld ermitteln.«
»Ihr Lebensgefährte stammt aus Franken«, erinnerte sich Katinka. »Das scheint der
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