Süßer der Punsch nie tötet
Blick auf die Südfassade des ehemaligen Benediktinerklosters, in dem ein Seniorenheim untergebracht war. In alten Zeiten war das Kloster autark gewesen. Die Mönche besaßen große Ländereien, bauten Wein und Gemüse an, züchteten Vieh und brauten, wie sollte es anderes sein, ihr eigenes Bier. Doch diese Zeiten waren unwiderruflich vorbei, und außer Bewohnern, Bediensteten und Besuchern des Seniorenheims unternahmen vor allem Touristen den nicht ganz unbeschwerlichen Weg den Berg hinauf zum Kloster, um von der weitläufigen Anlage den fantastischen Blick über die Stadt zu genießen.
Sabine wandte sich geduldig Dante zu. »Die Zeugin meinte, jemand würde sich hier unberechtigt aufhalten, und rief dieser vermeintlichen Person etwas zu …«
Katinka ging ein paar Schritte. Wenn das Bürokratendeutsch mit Sabine durchging, konnte sie sich ein Grinsen nicht verkneifen. Sie stapfte zum Zaun zurück, der den Weinberg zum Spazierweg in die Stadt hinunter seit Neuestem absicherte.
»Frau Palfy, hier hat jemand die Knipszange angesetzt!« Ein Polizist wies mit rotgefrorenen Fingern auf das Loch im Zaun. »Schnipp schnapp, und schon hatte auch ein großer Mensch Platz genug, um mitsamt Maria durchzuschlüpfen.«
Katinka nickte nachdenklich. »Ich melde mich!«, rief sie Sabine zu und machte sich auf den Weg in die Innenstadt.
Maria im Weinberg – das klingt nachgerade biblisch.
17. DEZEMBE R
»Die Sache ist nichts weiter als ein dämlicher Scherz«, sagte Hardo. »Maria klauen und im Weinberg abstellen. Dumm, aber nicht niederträchtig. Das einzig Unangenehme ist, dass uns die Presse verkackeiert. Wir sind die Witzfigur des Advents. Wir, die Kripo.«
»Ooooh, eine Runde Mitleid«, machte Katinka. »Ich habe mit Elmar Kraut vom Stamm der Franken gesprochen.«
»Den Claudius Gefell nicht angezeigt hat.«
»Vielleicht will er den Goldenen Kochlöffel nächstes Jahr verliehen haben. Da sollte er besser vorsichtig sein. Kraut ist anscheinend der Einzige in diesem seltsamen Verein, der von Gefell was hält.«
»Vereine waren mir schon immer ein Gräuel«, sagte Hardo.
»Mir auch. Und wer hat die Gondel nach Haßfurt gebracht? Vom Stil her genauso dasselbe wie der Madonnentransport zum Michelsberg. Verdächtige? Alibis?«
»Kraut haben wir natürlich unter die Lupe genommen.« Hardo sah aus seinem Bürofenster hi naus in den sonnenglänzenden Tag. Feine Schneeflöckchen schwebten am Fenster vorbei. Unten auf der Straße hörte man jemanden mit einer Schneeschaufel über den Asphalt kratzen. »Für gestern hat er kein Alibi. Aber mitten in der Nacht haben die meisten Menschen keines. Der letzte Spaziergänger, der den Weinberg noch ohne Maria gesehen hat, kam um 0.30 dort vorbei. Dann zwischen halb sechs und sechs die Altenpflegerin, die uns anrief.«
»Ehrlich gesagt: Ich hätte nicht die Polizei gerufen, wenn ich eine Marienfigur zwischen den Rebstöcken gesehen hätte.«
»Wen hättest du denn verständigt?«, fragte Hardo ironisch. »Dante Wischnewski?«
Katinka lachte. »Mag sein, ja. Ich glaube, ich richte jetzt auch ein Blog ein. ›Sonderbares Bamberg‹ oder so ähnlich.«
»Die Morde und der Mordversuch in Königsberg«, erklärte Hardo, während er von einem Notizblockwürfel ein Blatt abriss, »stehen auf der einen Seite.« Er legte das Blatt auf seinen ausnahmsweise völlig leeren Schreibtisch. »Dann haben wir«, er rupfte einen weiteren Zettel ab, »die gestohlene Gondel, 2.12.«, er kritzelte das Datum auf den Zettel, »die Demonstranten für die Reinheit der fränkischen Küche am 4.12.«
»Die Lackreste im Glühweingewürz, das der Coburger Punschfan von Gefell bezieht«, ergänzte Katinka. »Der Anarchistentwitter, auf den dich ein Irrer im Spezial aufmerksam gemacht hat.«
»Krauts Angriff auf Gefell am 7.12. Die gegen die Muttergottes ausgetauschte Sexpuppe am 8.12. ›Achtet auf die Würze des Lebens‹. Verdammt, das muss doch eine Anspielung sein.«
»Worauf, auf die Lackreste?«
»Siehst du – das meine ich. Die Vorkommnisse sind für sich genommen so platt, so minimal …«
»Die Gondel taucht in Haßfurt wieder auf, Gondoliere ist eine Babypuppe mit Aufschrift: ›Die Landesgartenschau – ein Millionengrab‹.« Wenn Katinka es recht bedachte, war der Scherz ziemlich makaber. »Ausgerechnet eine Babypuppe als Zeichen für ein Grab!«
»Extrem provokant. Eine Sexpuppe im Nikolaus-Bunny in einer katholischen Stadt …«
»In einer erzkatholischen«, berichtigte Ka tinka.
»Du
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